Ladendiebstahl - Drei Fragen zur Fangprämie

26. Februar 2010 Thema abonnieren
 Von 
jth
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 5x hilfreich)
Ladendiebstahl - Drei Fragen zur Fangprämie

Hallo,

Folgender Vorfall:

Drei offensichtlich miteinander bekannte Personen sind in einem Laden. Eine Person steckt etwas in die Hosentasche und wird von einem Zeugen dabei beobachtet. Nach der Kasse werden die Personen vom Marktleiter gestoppt und die gestohlene Ware wird entdeckt. Der Zeuge sagt aus, dass er gesehen hat, wie die zwei anderen Personen dem eigentlichen Dieb absichtich gedeckt haben und somit Mittäter geworden sind. Die zwei Personen streiten das ab und sagen sie wüssten nicht das die eine Person etwas gestohlen hat. Polizei wird gerufen und nimmt alles auf. Die zwei anderen Personen werden auch als Beschuldigte der Staatsanwaltschaft gemeldet. Fall ist noch offen. Von jeder Person wurden 50,-- Euro Fangprämie gefordert.

Frage 1: Sind 50,-- Euro Fangprämie pro Person rechtens? Oder gilt das pro Delikt? Der Markt oder der Zeuge würden dann für jede Person, die angeblich "Sichtschutz" gegeben hat, einen zusätzlich Betrag bekommen; ungeachtet der Rechtmäßigkeit (siehe Frage 2)
Frage 2: Ist eine Fangprämie bei den Mitbeschludigten auch rechtens, wenn die die Staatsanwaltschaft keine Anklage erhebt? Die Möglichkeit der Erhebung einer Fangprämie, die unabhängig von einer späteren tatsächlichen Verurteilung eingeklagt werden kann, eröffnet meines Erachtens Tür und Tor für leichtfertige Beschuldigungen.
Frage 3: Wann muss die Fangprämie gezahlt werden (bei dem Täter bei den Mitbeschuldigten).?

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10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1492x hilfreich)

Die Fangprämie hat mit dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nichts zu tun. Demzufolge ist der Ausgang des Ermittlungsverfahrens dafür auch nicht maßgeblich.
Üblicherweise wird die Fangprämie pro Person fällig. Wem das in seiner Eigenschaft als Ladendieb zu unverschämt ist, der soll am besten nicht klauen.

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#2
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1492x hilfreich)

Ergänzend:

eröffnet meines Erachtens Tür und Tor für leichtfertige Beschuldigungen.
Nein, weil eine falsche Verdächtigung auch für Ladendetektive strafbar ist.

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
jth
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 5x hilfreich)

"Die Fangprämie hat mit dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nichts zu tun. Demzufolge ist der Ausgang des Ermittlungsverfahrens dafür auch nicht maßgeblich" Das ist genau das was ich nicht verstehe. Was ist denn dann die Rechtsgrundlage für eine gerechtfertigte Fangprämie, bei dem obigen Sachverhalt?
.
"Üblicherweise wird die Fangprämie pro Person fällig." Ich glaube gelesen zu haben, dass die Fangprämie pro Delikt anfällt.

"Wem das in seiner Eigenschaft als Ladendieb zu unverschämt ist, der soll am besten nicht klauen." Mit geht es nicht um persönliche Wertung. Ich möchte weder jemanden in Schutz nehmen, noch Ladendiebstahl für gut befinden. Bezogen auf Eingangs beschriebenen Fall, finde ich es nur "merkwürdig", dass aufgrund der Aussage eines Zeugens eine Fangprämie unabhängig von der tatsächlichen Schuld fällig wird.


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#4
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1492x hilfreich)

Sie meinen, drei Leute gehen klauen und teilen sich dann die 50 €?

Was ist daran merkwürdig, wenn ein Zeuge etwas anderes sagt als die Beschuldigten? Das ist eigentlich der Regelfall. Würden alle Verfahren eingestellt, in denen ein Beschuldigter bestreitet, bliebe nicht mehr viel übrig für die Strafgerichte. Und oft ist es ja so, dass halt nur 1 Zeuge etwas anderes sagt.

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#5
 Von 
jth
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 5x hilfreich)

Sie meinen, drei Leute gehen klauen und teilen sich dann die 50 €?
Warum diese Polemik? Ich meinte es gelesen zu haben, dass die Fangprämie pro Delikt fällig. Da ich es nicht genau weiß, habe ich in diesem Forum gefragt.

"Was ist daran merkwürdig, wenn ein Zeuge etwas anderes sagt als die Beschuldigten?"
Daran ist nichts merkwürdig. Aber in einem Gerichtsverfahren werden alle Sachverhalte bewertet und dann wird ein Urteil gespochen. Dass kann zugunsten oder gegen die Angeklagten ausfallen. Mich wundert, dass die Fangprämie weiterhin fällig ist, auch wenn das Urteil zugunsten des Angeklagten ausfällt.

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1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
justice005
Status:
Unparteiischer
(9557 Beiträge, 2352x hilfreich)

Zitat:
Das ist genau das was ich nicht verstehe. Was ist denn dann die Rechtsgrundlage für eine gerechtfertigte Fangprämie


Dann erkläre ich es:

"Strafen" tut nur der Staat. Der Staat (Staatsanwalt bzw. Gericht) kümmern sich darum, die Straftat zu bearbeiten, nämlich den Diebstahl. Das Geschäft kann keine Strafen verhängen, denn das darf nur der Staat.

ABER:

Wenn man jedoch jemand anderem einen Schaden zufügt, dann muss man diesen Schaden ersetzen (Schadensersatz). Dieser Schadensersatz ist keine Strafe, sondern der Ausgleich für den verursachten Schaden. Dieser Schaden muss von dem Opfer der Straftat selbst gefordert und notfalls gerichtlich durchgesetzt werden (das nennt man Zivilrecht). Der Staat (Staatsanwaltschaft, Polizei etc.) interessieren sich nicht dafür, wie die Bürger untereinander sich um Ihre Schäden kümmern.

Beispiel: Du schlägst eine Scheibe ein. Der Staat bestraft dich nach dem Strafgesetzbuch wegen Sachbeschädigung. Aber trotzdem musst du natürlich die Scheibe bezahlen und leistest somit dem Eigentümer der Scheibe Schadensersatz (Zivilrecht)


Was heißt das jetzt für die Fangprämie?:

Das Geschäft behauptet, es hat einen Schaden erlitten, zum Beispiel dadurch, dass der Diebstahl intern bearbeitet werden muss. Aber auch dadurch, dass wegen der Ladendiebe überhaupt viel Geld für Sicherungsmaßnahmen ausgegeben werden muss (Videokameras, Detektive usw.)

Daher hat die Rechtsprechung entschieden, dass eine Fangprämie als pauschaler Schadensersatz zulässig ist, und zwar in Höhe von maximal 50,- Euro. Die Rechtsgrundlage hierfür ist § 823 BGB .

Ich selbst finde diese Rechtsprechung juristisch falsch und an den Haaren herbei gezogen, aber das tut nichts zur Sache. Auf jeden Fall ist es so.

Das heißt: Wenn du nichts gestohlen hast, dann muss auch keine Fangprämie bezahlt werden, weil du keinen Schaden verursacht hast.

Ob hier 3mal Fangprämie kassiert werden darf, halte ich im Gegensatz zu meinem Vorredner für äußerst zweifelhaft, aber ich bin mir nicht sicher. Bei diesem Thema bin ich aber auch nicht wirklich objektiv.



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"justice"





-- Editiert am 26.02.2010 19:28

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#7
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1492x hilfreich)

Sagen wir mal so, es kann ja sogar sein, dass die Prämie nicht pro Täter sondern pro Tat fällig wird. Es würde mich nur wundern. Allerdings hat sie definitiv nichts mit dem Ermittlungsverfahren zu tun. Sie würde auch anfallen, wenn der Laden keine Anzeige erstattet.

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#8
 Von 
jth
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 5x hilfreich)

Danke "justice" für diese Antwort.
Heißt das jetzt (bezogen auf mein oben beschriebenes Fallbeispiel, dass die beiden zunächst Mitbeschuldigten keine Fangprämie zahlen müssen, falls die Staatsanwaltschaft beide nicht als schuldig betrachtet?

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2x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
jth
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 5x hilfreich)

Hallo "wastl": Für den Fall, dass es sich eindeutig um einen "Diebstahl" handelt (wenn die gestohlene Ware bei Täter gefunden wird) kann ich Deinen Ausführungen folgen. Im Eingangs beschriebenen Fall ist die Sachlage ein klein bisschen anders. Die mitbeschuldigten hatten keine gestohlene Ware bei sich. Sie wurden aufgrund einer Zeugenaussage beschuldigt, dem Täter Sichtschutz gegeben zu haben; streiten dass aber ab.

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1x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
justice005
Status:
Unparteiischer
(9557 Beiträge, 2352x hilfreich)

Zitat:
Heißt das jetzt (bezogen auf mein oben beschriebenes Fallbeispiel, dass die beiden zunächst Mitbeschuldigten keine Fangprämie zahlen müssen, falls die Staatsanwaltschaft beide nicht als schuldig betrachtet?



Das Geschäft muss beweisen können, dass der "Schaden" auch von demjenigen verursacht wurde, von dem man Geld haben will.

Wenn ich also behaupte: Du hast mir einen Schaden zugefügt und deshalb will ich Geld haben... dann muss ich auch beweisen können, dass du mir tatsächlich einen Schaden zugefügt hast.

Bei Straftaten ist das praktisch: Man lässt die Polizei und die Staatsanwaltschaft arbeiten und nimmt dann hinterher deren Ermittlungsergebnis als Beweis für seine eigenen Behauptungen.

Wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellt, ohne dass eine Schuld festgestellt wird, dann fehlt dem Geschäft das Beweismittel, dass ihr tatsächlich gestohlen und dadurch einen Schaden verursacht hat.

Daher wird wohl kein Geschäft den Betrag einklagen, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen mangelndem Tatverdacht einstellt.

Aber Achtung: Ein Zivilgericht ist nicht an Entscheidungen der Strafjustiz gebunden. Wenn das Geschäft glaubwürdige Zeugen hat (z.B. dem Detektiv, dann kann ggf. trotz einer Verfahrenseinstellung ein Zivilrichter das ganz anders sehen).


Mein Tip: Bezahlt einmal (!) 50,- Euro. Schreibt in dem Brief dazu, dass erstens nur ein einziger Täter den Diebstahl begangen hat und zweitens ohnehin nur einmal pro Delikt eine Fangprämie zulässig ist.

Ich gehe jede Wette ein, dass das Geschäft es auf sich beruhen lässt und nicht das Risiko eines Prozesses eingeht. Denn dieser Ausgang wäre völlig offen und das weiß auch das Geschäft. Das Geschäft wird aber absolut überzeugend klingende Drohschreiben verschicken und mit Anzeige, Inkasso, Schufa und ähnlichem drohen. Das sollte einen aber nicht beeindrucken. Wenn das Geschäft auf das (zusätzliche) Geld besteht, müsste es Klage vor Gericht einreichen. Dazu müsste es erstmal selbst Geld auf den Tisch legen und das bei einem völlig offenen Ausgang. Das macht das Geschäft sicher nicht, sondern lässt vermutlich die Sache im Sande verlaufen.



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"justice"

-- Editiert am 26.02.2010 19:35

1x Hilfreiche Antwort

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