Kunden können Versicherungsbeiträge bei Lebens- und Rentenversicherern zurückfordern

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Belehrung über Widerrufs- bzw. Rücktrittsrecht oft fehlerhaft

Der BGH hat nun seine im vergangenen Jahr aufgrund einer Entscheidung des EuGH in Gang gesetzte Rechtsprechung zum Widerspruch bei Versicherungsverträgen im Wege des Policenmodells auch auf den Widerruf und Rücktritt bei Lebens- und Rentenversicherungsverträgen gemäß § 8 Abs. 4 und Abs. 5 VVG a.F. übertragen.

Somit können Versicherungskunden nun nicht nur bei Lebensversicherungsverträgen, die im Policenmodell (Überlassung der Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen bei Annahme des Vertragsangebots durch die Versicherungsgesellschaft), sondern auch bei Lebens- und Rentenversicherungsverträgen, die im Antragsmodell – hier werden die Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen bereits bei Antragstellung übergeben - vertrieben worden sind, von den Versäumnissen der Versicherungsgesellschaften profitieren, die in der Vergangenheit ihre Kunden sehr häufig fehlerhaft oder nicht hinreichend deutlich über ihr Widerrufs- bzw. Rücktrittsrecht belehrt haben.

Nicht selten haben sich Renten- oder Lebensversicherungsverträge nicht in der Form entwickelt, wie dies Versicherungsvermittler oder Versicherungsmakler bei Vertragsschluss prophezeit haben. Teilweise haben sich Versicherungskunden in der Enttäuschung über die schlechte Entwicklung zur Kündigung des Vertrages entschieden. Andere Kunden zahlen weiterhin in der Hoffnung auf Besserung auf ihre Verträge ein.

Versicherungskunden haben jedoch auch heute noch trotz Ablauf von Widerrufs- bzw. Rücktrittsfristen die Möglichkeit, ihre damalige Anlageentscheidung rückgängig zu machen. Wie die Erfahrung zeigt haben Versicherungsunternehmen in der Vergangenheit sehr häufig die gesetzlichen Vorschriften zur Belehrung ihrer Kunden über Rücktritts- und Widerrufsrechte nicht angemessen beachtet. Teilweise stellen sich die Belehrungen als inhaltlich fehlerhaft dar. Teilweise sind sie in den Unterlagen kaum auffindbar oder nicht hinreichend deutlich gestaltet, so dass der Versicherungsnehmer nicht selten überhaupt keine Kenntnis von seinen Rechten hatte. In diesem Falle gelten die Widerrufs- und Rücktrittsfristen nicht.

Durch die Vornahme des wirksamen Widerrufs bzw. Rücktritts kann der Kunde vor allem seine geleisteten Beiträge zurückverlangen. Er muss sich lediglich den über den bisherigen Versicherungszeitraum hinweg gewährten Versicherungsschutz anrechnen lassen. Hieran ist er auch nicht aufgrund einer früher schon erfolgten Kündigung gehindert. Insbesondere kommt keine Verwirkung des Widerrufs- bzw. Rücktrittsrechts in Betracht.

Versicherungskunden, die von der Entwicklung ihres Vertrages enttäuscht sind, sollten sich von einem auf dem Gebiet des Lebens- und Rentenversicherungsrechts spezialisierten Rechtsanwalts beraten und prüfen lassen, ob für sie ein Widerruf bzw. Rücktritt auch heute noch in Betracht kommt.

Urteil vom 17.12.2014 – IV ZR 260/11

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