Kündigung wegen Steuerhinterziehung des Arbeitnehmers wirksam

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Mitarbeiterin übte drei Minijobs in einem Betrieb aus

Ausgangslage: In dem vom Arbeitsgericht Kiel entschiedenen Fall hatte eine als Objektleiterin beschäftigte Reinigungskraft versucht, ihr Gehalt dadurch aufzubessern, dass ihre Arbeit teilweise über zwei weitere, auf geringfügiger Basis beschäftigte Mitarbeiterinnen abgerechnet wurde.

Die Mitarbeiterinnen arbeiteten offensichtlich nicht selbst und zahlten der Objektleiterin später das erhaltene Arbeitsentgelt aus. Als der Geschäftsführer hiervon erfuhr, kündigte er die Arbeitgeberin fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Arbeitnehmerin verteidigte sich damit, dass der örtliche Betriebsleiter diese Praxis bereits vor Jahren vorgeschlagen und dann gemeinsam mit ihr über Jahre hinweg umgesetzt hatte.

Das Arbeitsgericht Kiel hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen

Die fristlose Kündigung wurde zwar als formunwirksam, die hilfsweise ordentliche Kündigung aber als wirksam angesehen. Das Arbeitsgericht hat ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die Behauptung der Klägerin zutreffend war, dass der örtliche Betriebsleiter dieses Vorgehen sogar vorgeschlagen hatte. Selbst wenn dies so gewesen sei, habe die Klägerin nicht damit rechnen können, dass eine solche Praxis auch vom (überörtlichen) Geschäftsführer gebilligt werden würde. Die Klägerin hat mit ihrer Vorgehensweise ihre Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 BGB schwerwiegend verletzt. Sie wusste, dass Gesetze umgangen werden. Die Schwere der Verfehlung und die Vorbildfunktion der Klägerin überwogen trotz langjähriger Betriebszugehörigkeit, Schwerbehinderung und im Übrigen beanstandungsfreier Tätigkeit.

Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es in diesem Fall nicht. Die Klägerin hat mit ihrem Verhalten in erster Linie sich selbst begünstigt und konnte nicht ernsthaft glauben, dass die vom Betriebsleiter gut geheißene Praxis von der auswärtigen Geschäftsführung gebilligt werden würde (Urteil des Arbeitsgerichts Kiel, Urteil vom 7. Januar 2014 – 2 Ca 1793 a/13).

Bewertung:

Von der Entscheidung liegt lediglich eine Pressemitteilung vor. Die Annahme, die Klägerin habe mit dem Verhalten in erster Linie sich selbst begünstigt, scheint mir zumindest etwas zweifelhaft. Je nach Höhe des der Arbeitnehmerin gezahlten Entgeltes hat sicher auch der Arbeitgeber von dieser Verfahrensweise profitiert. Andernfalls hätte er nämlich dieser Arbeitnehmerin (oder einer anderen) ein höheres Arbeitsentgelt zahlen müssen. Gerade wenn der Betriebsleiter vor Ort dieses Verhalten wirklich vorgeschlagen hätte, ist auch davon auszugehen, dass auch der Arbeitgeber davon profitiert hat. Richtig ist aber in jedem Fall, dass eine Abmahnung nicht erforderlich war. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Beide Seiten können Berufung einlegen. Die Akte wird der Staatsanwaltschaft übersandt. Die Staatsanwaltschaft wird mit Sicherheit aufklären, wer welche Kenntnis von welchen Vorgängen hatte. Sollte sich herausstellen, dass der Arbeitgeber (vertreten durch die Betriebsleiter) dieses Verfahren tatsächlich selbst vorgeschlagen hatte, wäre aus meiner Sicht auch eine andere Beurteilung des Falles durch das Landesarbeitsgericht denkbar.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber:

Derartige Tricksereien sind gerade im Niedriglohnsektor weit verbreitet. Die Kontrollen werden allerdings immer schärfer und die Fälle landen nicht nur auf dem Weg übers Arbeitsgericht bei der Staatsanwaltschaft. Kollegen zeigen einander an, Betriebsprüfungen decken solches Verhalten auf. Arbeitgebern ist daher dringend davon abzuraten. Arbeitgeber, die ein derartiges Verfahren in ihrem Unternehmen entdecken, sollten dem zügig nachgehen und Abhilfe schaffen. Beratung ist in jedem Falle sinnvoll. Die Methode "Augen zu und durch" funktioniert häufig nicht mehr.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:

Wer solche Angebote von seinem Arbeitgeber bekommt, sollte sich nicht darauf einlassen. Wie man an diesem Beispiel gut sehen kann: die Zeiten ändern sich, Geschäftsführungen ändern sich und der Staat wehrt sich zunehmend hartnäckiger gegen Steuer- und Sozialbetrug. Wenn Sie in ihrem Unternehmen von Straftaten Kenntnis erlangen, ist eine umgehende Strafanzeige in der Regel nicht der richtige Weg. Das mutet in einem Rechtsstaat zwar etwas seltsam an, ist aber die derzeitige Folge der unhaltbaren Gesetzeslage (und Rechtsprechung) im Arbeitsrecht. Arbeitnehmer, die ohne weiteres Strafanzeige stellen und damit eigentlich ihren staatsbürgerlichen Pflichten nachkommen, riskieren ihrerseits eine (fristlose) Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Derzeit muss zunächst der innerbetriebliche Weg (Anzeige bei dem Vorgesetzten, Information des Betriebsrats) gegangen werden. Dass man sich damit wiederum häufig auch ins betriebliche Off manövriert, nimmt der Gesetzgeber derzeit hin.

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