Kündigung von Bausparverträgen: OLG Stuttgart entscheidet zugunsten der Bausparer

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Kündigungsrecht gilt nur für Darlehen mit einer regulären kapitalmarktbezogenen Verzinsung

Die Kündigungswelle von Bausparverträgen durch die Bausparkassen reißt nicht ab. Zuletzt hatte die größte private Bausparkasse, die Schwäbisch Hall, angekündigt, ältere und gut verzinste Bausparverträge zu kündigen. Bausparkassen wie die BHW, Wüstenrot, Schwäbisch Hall, BSQ usw. sind der Auffassung, die Kündigungen seien rechtswirksam. Der folgende Artikel soll betroffenen Bausparern einen ersten Überblick über die derzeitige Rechtslage verschaffen.

Kündigung auf Grundlage von § 489 Abs.1 Nr.2 BGB

In einer Vielzahl der Fälle berufen sich die Bausparkassen als Begründung für die Kündigung des Bausparvertrags auf § 489 Abs.1 Nr.2 BGB.

Die Vorschrift lautet:

"(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen, (...)

Nr.2 in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs."

Die Bausparkassen argumentieren, dass ein Bausparkunde, der sein Bauspardarlehen nach Erreichen der Zuteilungsreife nicht annimmt, nicht mehr daran interessiert sei, das Darlehen in Anspruch zu nehmen. Eine Kündigung sei daher 10 Jahre nach Erreichen der Zuteilungsreife angemessen.

Einige Oberlandesgerichte wie das OLG Hamm oder das OLG Celle vertreten die Auffassung, dass das Erreichen der Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang des Darlehens gleichzusetzen sei und erachten die Kündigungen der Bausparkassen als wirksam.

In zwei wegweisenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30.03.2016 (Az: 9 U 171/15) und vom 04.05.2016 (Az: 9 U 230/15) wurde dagegen ein Kündigungsrecht der Bausparkassen auf Grundlage des § 489 Abs.1 Nr.2 BGB verneint. Der Senat hielt die Kündigungen der Bausparkasse in beiden Fällen für unwirksam. Die Bausparkasse könne sich nicht auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, wonach ein Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang kündigen könne.

Die Vorschrift sei auf Bausparverträge in der so genannten Ansparphase, bei denen der Bausparer der Bausparkasse ein Darlehen gewähre, nicht anwendbar. Das Gesetz bezwecke den Schutz von Darlehensnehmern, die dem Zinsbestimmungsrecht der Darlehensgeber ausgesetzt seien. Dieser Schutzzweck treffe auf das so genannte Passivgeschäft der Bausparkassen nicht zu. Diese seien als Darlehensnehmer in der Ansparphase nicht schutzbedürftig, weil sie als gewerbliche Kreditinstitute die Zinssätze und die maximale Laufzeit der Verträge in ihren AGB selbst bestimmten. Sie hätten es bei der Zinsfestlegung versäumt, durch geeignete Bedingungen eine unerwünscht lange Laufzeit auszuschließen. Das daher freiwillig übernommene Zinsrisiko könne nicht unter Berufung auf gesetzliche Kündigungsvorschriften auf die Bausparer abgewälzt werden.

Dem OLG Stuttgart ist zuzustimmen. Das Kündigungsrecht ist lediglich für Darlehen mit einer regulären kapitalmarktbezogenen Verzinsung einschlägig. Bausparverträge als eine Kombination aus Bausparguthaben und Bauspardarlehen fallen nicht hierunter. In Bausparverträgen werden Bausparguthaben nach gesonderten Tarifen verzinst, die sich lediglich mittelbar an Kapitalmarktzinsen orientieren.

Keine höchstrichterliche Entscheidung durch den BGH

Derzeit herrscht unter den Oberlandesgerichten Uneinigkeit, ob § 489 Abs.1 Nr. 2 BGB auf Bausparkassen anwendbar ist und, falls ja, das Erreichen der Zuteilungsreife mit dem "vollständigen Empfang des Darlehens" in § 489 Abs.1 Nr.2 BGB gleichzusetzen ist. Der Bundesgerichtshof, bei dem derzeit mehrere Revisionsverfahren anhängig sind, wird über diese Frage voraussichtlich erst 2017 entscheiden.

Was Betroffene im Falle einer Kündigung tun können

Betroffene sollten gegen eine Kündigung ihres Bausparvertrages, der noch nicht die vereinbarte Bausparsumme erreicht hat, zunächst schriftlich Widerspruch einlegen und auf Fortsetzung des Vertrages bestehen. Sollte die Bausparkasse dies ablehnen, sollte ein im Bankenrecht spezialisierter Rechtsanwalt konsultiert werden. Die Rechtsschutzversicherungen übernehmen in der Regel die Kosten für ein Gerichtsverfahren.

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Die Kanzlei Föhr, Adam & Mehlig vertritt Bausparer bundesweit in einer Vielzahl von Verfahren gegen Kündigungen vom Bausparverträgen, bei denen die Bausparsumme noch nicht erreicht ist. Gerne prüfen wir auch Ihren Fall im Rahmen einer kostenlosen Ersteinschätzung.