Kündigung erhalten – Abfindung nur mit Kündigungsschutzklage

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Ein Interview von Maximilian Renger, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin und Essen.

Maximilian Renger: Immer wieder fragen Arbeitnehmer bei uns nach, warum sie eigentlich im Fall einer Kündigung des Arbeitgebers Kündigungsschutzklage erheben müssen, um an eine Abfindung zu kommen. Können wir das vielleicht nochmal grundsätzlich erklären?

Fachanwalt Bredereck: Dass die Frage immer wieder auftaucht, ist verständlich. Denn mit einer Kündigungsschutzklage begehrt man ja, gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Kündigung unwirksam ist. Wenn die Klage Erfolg hat, hat man dadurch seinen Job zurück, aber keine Abfindung erhalten.

Maximilian Renger: Warum dann immer der Rat, mit einer Kündigungsschutzklage vorzugehen, wenn man als Arbeitnehmer den Job doch gar nicht zurückhaben will?

Fachanwalt Bredereck: Man muss Folgendes bedenken: Wehrt man sich als Arbeitnehmer nicht auf diesem Weg gegen die Kündigung und erhebt man nicht innerhalb von drei Wochen die Kündigungsschutzklage, wird die Kündigung wirksam und es gibt auch keine Abfindung. Deshalb bleibt nur dieser Weg, um das zu vermeiden. Eine Klagemöglichkeit direkt auf Erzielung einer Abfindung gibt es nämlich in der Regel nicht. In der Praxis ist es dann aber so, dass 90 – 95 % aller Kündigungsschutzprozesse mit einer Abfindungszahlung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses enden.

Maximilian Renger: Wie kommt es denn dazu?

Fachanwalt Bredereck: Hintergrund ist folgender: Arbeitgeber müssen bei einer Kündigung eine ganze Reihe von Formalien beachten. So gut sie das auch machen und so gut auch die Kündigungsgründe sein mögen, es können dabei immer Fehler passieren. Ein Kündigungsschutzprozess, der sich dann möglicherweise über mehrere Jahre hinzieht, stellt damit für den Arbeitgeber immer ein enormes Risiko dar. Wenn er dann am Ende verlieren sollte, muss er dem Arbeitnehmer über Jahre das Gehalt nachzahlen, ohne dass dieser gearbeitet hätte, und ihn am Ende sogar zurücknehmen. Dieses Risiko führt dann in der Praxis dazu, dass der Arbeitgeber in der Regel eine Abfindung gegen Beendigung der ganzen Sache anbietet.

Maximilian Renger: Das leuchtet doch ein. Wonach bemisst sich denn dann die Höhe der Abfindung?

Fachanwalt Bredereck: Das ist im jeweiligen Einzelfall oftmals eine Frage des Verhandlungsgeschicks und natürlich der Angreifbarkeit der Kündigung. Ist der Kündigungsgrund des Arbeitgebers zweifelhaft, steigen natürlich die Chancen, an eine höhere Abfindung zu kommen. Darüber hinaus ist die Sache durchaus vergleichbar mit einem Pokerspiel. Man sollte sich als Arbeitnehmer also nicht zu früh ins Blatt schauen lassen. Wenn man den Arbeitgeber etwa darüber informiert, dass man bereits einen neuen Arbeitsplatz sicher hat, wird sich dessen Bereitschaft, eine Abfindung zu zahlen, natürlich in Grenzen halten.

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