Kratzer durch Einkaufswagen als Verkehrsunfall

Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, Verkehrsunfall, Einkaufswagen, Parkplatz, Kratzer, Unfallflucht
5 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
1

Wer einfach wegfährt, macht sich wegen "Fahrerflucht" strafbar

Auf den engen Parkplätzen vieler Supermarkte ist es schnell passiert: Der Einkaufswagen macht sich plötzlich selbständig, streift einen anderen Pkw und verursacht Lackkratzer. Nach einem aktuellen Urteil des OLG Düsseldorf stellt dies einen Verkehrsunfall dar. Wer nach alledem einfach wegfährt, macht sich strafbar.

Im vorliegenden Urteil begab sich der Angeklagte nach einem Einkauf mit dem Einkaufswagen zu seinem auf dem Parkplatz des Supermarktes abgestellten Lkw. Während des Ausladevorgangs rollte der vom Angeklagten geführte Einkaufswagen gegen einen gegenüber geparkten Pkw und beschädigte diesen, wobei ein Sachschaden in Höhe von 1.500,00 EUR entstand. Obwohl der Angeklagte den Schaden bemerkte, verließ er den Parkplatz des Supermarktes, ohne sich weiter um den Schaden zu kümmern (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2011, Az. III-1 RVs 62/11).

Nach Auffassung des OLG Düsseldorf – und der überwiegenden Ansicht der Strafgerichtsbarkeit – ist eine Kollision eines Einkaufswagens mit einem parkenden Pkw auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz als Unfall im Straßenverkehr gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB anzusehen (so auch u. a. OLG Stuttgart, VRS 47, 15).

Dabei stellen sich sowohl das Parken des Pkw als auch das Betreten der Verkehrsfläche als Fußgänger zum Zwecke des Be- und Entladens als gewöhnliche Verkehrsvorgänge dar (OLG Koblenz, NStZ 2007, 100), die unter den Schutz des § 142 StGB fallen.

Das nach der Rechtsprechung geforderte verkehrstypische Risiko sei insoweit verwirklicht, da Fahrzeuge auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen erhöhten Gefahren durch wegrollende Einkaufswagen ausgesetzt seien. Daher handele es sich um eine typische Situation des Straßenverkehrs, dem auch parkende Fahrzeuge zuzurechnen seien. Insoweit sei zu beachten, dass auch Fußgänger sich nach § 142 StGB strafbar machen können, sofern ihr Einkaufswagen ein Fahrzeug beschädigt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2011, Az. III-1 RVs 62/11).

Im Falle der Beschädigung eines Pkw durch einen Einkaufswagen ist den Benutzern daher dringend anzuraten, die Polizei herbeizurufen und den Unfall aufnehmen zu lassen, um nicht ein Ermittlungsverfahren wegen „Unfallflucht“ nach § 142 StGB zu riskieren. Insoweit ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass das Hinterlassen von Namen und Anschrift auf einem Zettel hinter der Windschutzscheibe regelmäßig nicht den einem Unfallbeteiligten obliegenden Feststellungs- und Wartepflichten genügt (so Fischer, StGB, § 142 Rn 37).

Zum Zwecke der zivilrechtlichen Schadensregulierung tritt regelmäßig die Kfz-Haftpflichtversicherung ein; jedoch nur dann, wenn das zu be- oder entladende Fahrzeug an der schadenstiftenden Verrichtung schon oder noch beteiligt war (so BGH DAR 1977, 218), so beispielsweise beim Einladen der Einkäufe auf dem Parkplatz.

Vor dem Öffnen des Pkw wird daher regelmäßig nur die Privat-Haftpflichtversicherung als eintrittspflichtig angesehen, da ein noch abgeschlossenes Fahrzeug grundsätzlich noch nicht am schadensstiftenden Ereignis beteiligt ist (LG Limburg, NJW-RR 1994, 486).