Krankenschwester in Australien – Das Registrierungsverfahren bei den nurses boards

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I. Einführung

Viele Krankenschwestern und Krankenpfleger hegen den Wunsch, ihren Beruf in Australien auszuüben. Sei es, um für eine begrenzte Zeit Berufserfahrung in Australien zu sammeln oder langfristig eine neue berufliche und persönliche Zukunftsperspektive zu schaffen.

Neben einem Visum, das Arbeitsrechte beinhaltet, ist ein unabdingbares Erfordernis für die Berufsausübung in Australien die Registrierung als Registered Nurse. Im Zusammenhang mit diesem Registrierungsverfahren entstehen häufig Fragen und Probleme, für die „öffentlich“ oftmals nur unvollständige und gar falsche Informationen verfügbar sind. Konkrete Hilfestellungen und Informationen sind schwerlich zu erhalten. Diese sind aber gerade erforderlich, um einen erfolgsfähigen Registrierungsantrag zu verschicken. Dieser Artikel soll eine Orientierungshilfe bieten, die sich an den allgemeinen rechtlichen Anforderungen des Registrierungsverfahren bei den jeweiligen Nurses Boards der Bundesstaaten und Territorien ausrichtet und die Bedeutung des Mutual Recognition Act 1992 (Cth) für deutsche Antragsteller erläutert.  

II. Allgemeine Voraussetzungen

Die Registrierungsverfahren der einzelnen Bundesstaaten und Territorien sind (zumindest bis zum Sommer 2010) nicht einheitlich geregelt, sondern es bestehen mit unter Besonderheiten für die verschiedenen Nurses Boards. Jedoch sind einige Voraussetzungen in der Regel bei allen Nurses Boards  anzutreffen. Diese sind:

  1. Documents of Identity
  2. Evidence of Change of Name (bei Verheirateten)
  3. Educational Documents/ Copy of nursing and/or midwifery graduation certificate, diploma or degree/ Transcript/s of nursing and/or midwifery education (hier kommt die Besonderheit zum Tragen, dass die Krankenpflegeausbildung in Australien eine universitäre Ausbildung ist und es hier entsprechende Probleme mit Anerkennung der deutsche Krankenpflegeausbildung geben kann, s. hierzu noch unten)
  4. Professional references/ Evidence of nursing or midwifery experience
  5. Verification of current registration or enrolment/ Certification of Good Professional Standing (hier kommt die Besonderheit zum Tragen, dass es in Deutschland keine Registrierung im australischen Sinne gibt)
  6. Evidence of English language competence

Zu diesen Punkten finden Sie bei den verschiedenen Nurses Boards Informationen zu den inhaltlichen Anforderungen. Diese unterscheiden sich oftmals und können daher hier nicht in ihrer Gesamtheit dargestellt werden. Einzelne Erläuterungen sind hier allerdings angezeigt.

Unter 3. besteht für Registrierungsbewerber aus Deutschland, wie oben bereits angedeutet, die Schwierigkeit, dass im Grunde ein universitäres Study Transcript dem Antragsformular beizufügen ist. Dies ist schwerlich zu bekommen, da Sie in Deutschland nicht universitär ausgebildet wurden. Die theoretischen Ausbildungsinhalte, die an der Krankenpflegeschule unterrichtet wurden, müssen daher im Wesentlichen den Studieninhalten und dem Studienumfang der Nursing- Studiengänge an den Universitäten des jeweiligen Bundesstaates oder Territoriums entsprechen.

Unter 4. werden Sie Ihre übersetzen Arbeitszeugnisse und zusätzliche ggf. mehrere persönliche Referenzen einzureichen haben. Diese persönlichen Referenzen können bzw. müssen von bestimmten Personen aus bestimmten, besonders anerkannten Berufgruppen ausgestellt werden (Ärzte, Anwälte, Kollegen aus der Krankenpflege (Krankenschwestern, Krankenpflegern)). Diese Referenzen können bzw. müssen ggf. aber auch vom aktuellen und/ oder ehemaligen Arbeitgeber oder direkten Vorgesetzten ausgestellt werden. Dies ist bei den verschiedenen Nurses Boards unterschiedlich geregelt. Sie sind aber nicht oder nur bedingt identisch mit dem klassischen, deutschen Arbeitszeugnis. Auf die Unterschiede muss geachtet werden.

Unter 5. wird von einigen Nurses Boards ein Dokument verlangt, das es in dieser Form in Deutschland eigentlich nicht gibt. Nach Bestehen der Krankenpflegeprüfung haben Sie von der zuständigen Landesbehörde die Erlaubnis erhalten, die geschützte Berufsbezeichnung zu führen. Es gibt aber kein Berufsregister, in das die Eintragung beantragt werden müsste, um den Beruf ausüben zu dürfen. Dies ist nun gerade in Australien anders. Die zuständigen Landesbehörden sind hier die Ansprechpartner, um ein Schriftstück zu erhalten, welches dem Certificate of Good Professional Standing am ehesten entspricht.

Unter 6. ist das Ergebnis eines international anerkannten Englischtests an das Nurses Board zu senden. Dies hat i.d.R. durch die prüfende Einrichtung direkt zu erfolgen. Als die klassischen Tests in diesem Bereich haben Sie meist die Wahl zwischen dem IELTS (International English Language Testing System) und dem OET (Occupational English Test). Die erforderlichen Testergebnisse variieren, doch erwarten die Nurses Boards ein Gesamtergebnis von 7,0 (IELTS: Höchstpunktzahl 9,0) bzw. B (OET) als Mindestergebnis, wobei auch Mindestergebnisse bei Teilleistungen erwartet werden.

III. Beglaubigungen, Übersetzungen

Die einzureichenden Kopien der Originaldokumente, wie z.B. Arbeitszeugnisse, Kopie des Passes, etc., sind zu beglaubigen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Beglaubigungen nach australischem Recht durch einen Solicitor oder einen Justice of the Peace durchgeführt werden müssen. In Deutschland entspricht dies am ehesten dem örtlichen Schiedsamt. Sofern die Dokumente ausschließlich auf deutsch verfasst sind, sind Übersetzungen anzufertigen, die von einem zugelassenen Übersetzer angefertigt werden und die ebenfalls als solche beglaubigt sein müssen.

IV. Mutual Recognition Act 1992 (Cth)

Der Mutual Recognition Act 1992 (Cth) ist ein Bundesgesetz, das die gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen und Berufszulassung unter den australischen Bundesstaaten und Territorien regelt. Sinn des Gesetzes ist es, Arbeitnehmer, z.B. einer bereits in einem oder mehreren Staaten registrierten Registered Nurse, ohne nochmalige inhaltliche Überprüfung der beruflichen Qualifikation auch die problemlose Registrierung in einem anderen Bundesstaat oder Territorium zu bekommen.

Der Nutzen, der sich für deutsche Pflegekräfte aus diesem Gesetz ergeben kann, ist folgender: Die zur Beantragung der Registrierung einzureichenden Dokumente und Unterlagen können auf ihre voraussichtlichen Erfolgsaussichten für die Bewerbung bei bestimmten Nurses Boards geprüft werden. Bei dem Nurses Board, das die höchste Regierungswahrscheinlichkeit für den Bewerber verspricht, wird die Registrierung beantragt. Ist der Bewerber in dem jeweiligen Bundesstaat oder Territorium registriert, kann er da über den Mutual Recognition Act 1992 (Cth) die Registrierung in anderen, ggf. seinem „Wunschstaat“, erreichen. Er muss dann lediglich die formalen Anforderungen für die Registrierung nach dem   Mutual Recognition Act 1992 (Cth) erfüllen, die nicht sehr hoch sind.

V. Unterschiedliche Nurses Boards - Unterschiedliche Erfolgsaussichten

Die Erfolgsaussichten einer Registrierungsbewerbung richten sich nicht nur nach den von den Nurses Boards festgelegten, strikten Qualitätskriterien. Es besteht in der Beurteilung, ob ein Registrierungsbewerber die entsprechende berufliche und persönliche Qualifikation hat, ein weiter Ermessensspielraum.

Auch arbeitspolitische Aspekte können eine Rolle spielen. Z.B. gilt der Großraum Sydney als sehr beliebtes „Einfallstor“ für Einwanderer und ausländische Arbeitssuchende. Obwohl landesweit eigentlich ein Mangel an qualifizierten Pflegekräften besteht, führt dies u.a. zu Registrierungsverweigerungen für ausländische Pflegekräfte in New South Wales, um den Ballungsraum Sydney zu entlasten und den Arbeitsmarkt vor ausländischen Fachkräften zu schützen. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Arbeitsmarktpolitik mag fragwürdig sein, doch müssen sich Registrierungsbewerber u.a. für New South Wales auf entsprechende Schwierigkeiten einstellen. Für deutsche Pflegefachkräfte ist zwar eine strikte Ablehnung unwahrscheinlich, doch sollen die Bewerber nicht selten erst vor Ort durchaus kostspielige Collegekurse im Bereich Nursing absolvieren. Eine Registrierungsgarantie gibt es aber auch dann nicht, so dass ein hohes finanzielles Risiko besteht.

Um solche Risiken zu umgehen und doch zu einer Registrierung zu gelangen, bedarf es fachkundiger Informationen und Beratung, um entsprechende Wege und Möglichkeiten realistisch beurteilen und umsetzen zu können.

VI. Zum Abschluss ……

….. ein Auszug aus dem aktuellen Newsletter des Nurses and Midwives Board NSW (Jan. 2010):

„Applicant H has completed a nursing course in Germany and has gained professional experience in Germany. ……This standard is no longer adequate for registration in New South Wales. Although Germany is a highly developed industrial country, its systems of health, education and professional regulation are considered to be below those in Australia ,….. Applicant H is advised that the Board does not intend to grant registration and that he is able to make a submission to the Board or request a hearing with Board members prior to the Board making its final determination. ……. Applicant H is able to apply for recognition as an enrolled nurse ( Pflegehilfskraft, Anm. Verfasser) if he wishes.

Sofern Sie planen, als Pflegekraft in Australien tätig zu werden, stehe ich Ihnen gerne im Rahmen meiner anwaltlichen Tätigkeit beratend für Ihr Registrierungsvorhaben in Australien zur Verfügung.