Krank während der Arbeitszeit = Minusstunden ??

24. Juni 2010 Thema abonnieren
 Von 
bjgbjg
Status:
Frischling
(1 Beiträge, 0x hilfreich)
Krank während der Arbeitszeit = Minusstunden ??

Guten Tag!

Ich bin während der Arbeitszeit krank geworden. Mein AG sagt mir, dass ich für die restliche Zeit des Tages Minusstunden aufbaue, wenn ich nicht direkt zum Arzt gehen würde. Da es Mittwoch Nachmittag ist haben die Ärzte geschlossen und somit konnte ich erst am nächsten Tag zum Arzt. Ein Rückwirkende AU kann der mir nicht ausstellen.

Nach einiger Recherche habe ich folgendes gefunden:
Eintreten der Arbeitsunfähigkeit während des Dienstes
Für eine Erkrankung, die nach der Aufnahme des Dienstes eintritt, wird dieser Tag als gearbeitet gezählt und der erste Krankheitstag ist der Tag danach. Eine Krankmeldung braucht also erst ab dem Tag zu gelten, an dem die Arbeit nicht mehr aufgenommen wurde. Die Fristberechnung erfolgt nach § 187 Abs. 1 BGB . Tritt die Arbeitsunfähigkeit während der Arbeitszeit ein, beginnt die Sechs-Wochenfrist am nächsten Tag zu laufen. (BAG vom 04.05.1971, BAG vom 22.2.1973 — 5 AZR 461/72 , AP Lohn FG § 1 Nr. 28, zu 1 der Gründe)

--> Folgendes Problem: Lohn FG gibt es nicht mehr. Gilt dieses Urteil auch heute noch?

Mein Arbeitsvertrag sagt folgendes über den Krankenprozess aus:

Punkt 1:
Der AN hat jede Arbeitsverhinderung am 1. Abwesenheitstag vor Dienstbeginn anzuzeigen. Die ärztliche AU sowie eventuelle Folgebescheinigungen sind für den 1. Abwesenheitstag und spätestens am 3. Abwesenheitstag vorzulegen. Die Firma behält sich das Recht vor, die Vorlage der AU schon am 1. Abesenheitstag zu verlangen

Punkt 2:
Der AN hat bei krankheitsbedingter AU Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen.

Punkt 3:
§616 BGB wird ausgeschlossen.

Ich kann leider nicht eindeutig etwas finden, wo geregelt wird, wie es ist, wenn man sich während der Arbeitszeit krank meldelt.

Vielleicht kann mir ja jemand helfen.

Vielen Dank.

-- Editiert am 24.06.2010 19:09

-- Editiert am 24.06.2010 19:32

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11 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Cosmichaos
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 2x hilfreich)

Augenscheinlich würde ich als Laie deinem AG recht geben.

Der TAG wird als gearbeitet gezählt, dazu reicht eine Arbeitsaufnahme... sofern mir unmittelbar als Reflex darauf brechübel werden sollte kann ich mich abmelden.

Dein Vorteil ist das du das jeden Tag so zelebrieren kannst und nicht ein einziges mal wirklich zum Arzt müsstest, weil du vor dem Gesetz keinen Krankheits-TAG hast.

Natürlich bist du nunmal nicht anwesend, arbeitest nicht und verdienst ohne eine echt Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nunmal auch keine Lohnfortzahlung.

Rückwirkend ist definiert von dem Zeitpunkt wo du dich bei deinem Arzt krank meldest. Wenn du dich beim Arzt vor Praxisschluss telefonisch meldest, gilt es keinesfalls rückwirkend, sondern wirkt. Wenn du dich Mittwochnachts um 23:00 Uhr beim Arbeitgeber für die letzte Stunde abmeldest und gleichzeitig bei deiner Praxis anrufst, dann meldet sich ein Anrufbeantworter, damit kann man zeitlich wirksam Dinge melden. Eine sehr tolle Erfindung, wenn man die nutzt kommt man garnicht in die Zwangslage zu erklären warum man es erst Donnerstag um 11 in die Praxis geschafft hat. Nie hat mir je ein Arzt Probleme damit gemacht oder ein AG die AU angefochten.

Machs dir nicht zu schwer. Sei doch dankbar dass es dieses Gesetz gibt, sonst gäbe es garkeine Möglichkeit während der Arbeit gesetzeskonform krank zu werden ohne sich eine ABmahnung einzuhandeln.





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2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17338 Beiträge, 6462x hilfreich)

Ich sehe es wie du selbst.
Allerdings halte ich dein Argument, dass du nicht zum Arzt gehen konntest, weil Mittwochnachmittag geschlossen ist, für fadenscheinig - es es gibt (jedenfalls hier) den ärztlichen Bereitschaftsdienst.

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3x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
guest-12330.08.2015 11:38:25
Status:
Lehrling
(1436 Beiträge, 561x hilfreich)

Es würde rechtlich keinen Unterschied machen, ob bereits für den anteiligen Krank-Tag eine AU vorliegen würde oder nicht. Anteilige Tage fallen nicht unter die Lohnfortzahlung gemäß EntgFG, somit ist der AG auch nicht zur Zahlung verpflichtet und die Minusstunden gehen ok.
Sollte der AG bei Vorliegen einer AU einen anteiligen Krank-Tag voll bezahlen, ist dies eine freiwillige Leistung.

Außerdem dürfen die Ärzte sehr wohl rückwirkende AU für bis zu 2 Tagen ausstellen - das Gedöns mit Anrufbeantwortern zur Wahrung irgendwelcher nicht vorhandenen Fristen kann man sich also getrost sparen.

Gleiche Auskünfte erhält man auch bei seiner Krankenkasse (deren Mitarbeiter übrigens auch keine Lohnfortzahlung in solchen Fällen bekommen).

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"Viele Leute glauben, daß sie denken, wenn sie lediglich ihre Vorurteile neu ordnen. (W. James)"

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#4
 Von 
amako
Status:
Student
(2566 Beiträge, 1412x hilfreich)

Hallo,
dein Arzt schreibt dir am Donnerstag auch eine AU für Mittwoch, AU festgestellt am Donnerstag und fertig. Du mußt ihm nur sagen, dass du am Mittwoch während der Arbeit erkrankt bist und eine AU für diesen Tag benötigst.
Gruß
Andreas

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"Wer schlau ist, kann sich dumm stellen, anders rum geht es nicht!"

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#5
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

@Schnuckelchen

quote:
Anteilige Tage fallen nicht unter die Lohnfortzahlung gemäß EntgFG, somit ist der AG auch nicht zur Zahlung verpflichtet und die Minusstunden gehen ok.
Sollte der AG bei Vorliegen einer AU einen anteiligen Krank-Tag voll bezahlen, ist dies eine freiwillige Leistung.


Warum sollte der Gesetzgeber diese Ungleichbehandlung von auf der Arbeit erkrankten AN ermöglichen? Ich kann das nicht so recht glauben. Der TE hat doch m.E. das passende BAG-Urteil zum Sachverhalt bereits gefunden.

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#6
 Von 
guest-12330.08.2015 11:38:25
Status:
Lehrling
(1436 Beiträge, 561x hilfreich)

@1000kleineSachen

Ein Urteil von 1971 zum nicht mehr existenten LohnFG.

Mir fehlt gerade leider die Zeit für langes Suchen ...

Es gab zwischenzeitlich bereits mehrere Urteile, in denen klargestellt wurde, dass die 6-Wochen-Frist im EntgFG erst am ersten vollen Tag der AU beginnt. Danach wurden auch ratzfatz von den Spitzenverbänden der Krankenkassen zum 1.7.2010 die U1-Erstattungen für Teiltage gestrichen mit der Begründung, dass die Entgeltfortzahlung schließlich erst ab dem ersten vollen Krankheitstag gezahlt werden müsse, keine Zahlungspflicht für den AG bestünde (und somit auch kein Erstattungsanspruch an die KK).
Ich weiß von zwei großen KK, dass diese das auch so bei ihren eigenen MA praktizieren. Ich selbst übrigens nicht - solche Teiltage voll zu bezahlen macht weit weniger im Budget aus als der Stress, der entstünde, wenn die AN deswegen meutern. ;o)


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"Viele Leute glauben, daß sie denken, wenn sie lediglich ihre Vorurteile neu ordnen. (W. James)"



-- Editiert Schnuckelchen am 28.03.2012 15:29

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#7
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

quote:
Ein Urteil von 1971 zum nicht mehr existenten LohnFG.


Es entzieht sich meiner Kenntnis, inwiefern das LohnFG in diesem Punkt vom EntgFG abweicht. Und wenn die Rechtslage klar ist, dann besteht keine Notwendigkeit den selben Sachverhalt wieder und wieder bis in die 3. Instanz zu klären. Es ist also nicht irgendein Urteil, sondern ein BAG-Urteil.

quote:
Es gab zwischenzeitlich bereits mehrere Urteile, in denen klargestellt wurde, dass die 6-Wochen-Frist im EntgFG erst am ersten vollen Tag der AU beginnt.


Richtig. Die 6-Wochen-Frist beginnt erst ab dem darauffolgenden Tag zu laufen. Das ist aber eine andere Problemstellung aus der sich nicht ableiten lässt, ein erst während des Arbeitstages erkrankter AN hätte keinen Anspruch.

quote:
Danach wurden auch ratzfatz von den Spitzenverbänden der Krankenkassen zum 1.7.2010 die U1-Erstattungen für Teiltage gestrichen mit der Begründung, dass die Entgeltfortzahlung schließlich erst ab dem ersten vollen Krankheitstag gezahlt werden müsse, keine Zahlungspflicht für den AG bestünde (und somit auch kein Erstattungsanspruch an die KK).


Das ist natürlich ein interessanter Hinweis. Vielen Dank.
Diese Spitzenverbände scheinen gelegentlich kuriose Ansichten zu vertreten. Erinnert sei an die kurzzeitige Praxis bei gekündigten und freigestellten AN.

http://www.hensche.de/Arbeitsrecht_aktuell_Freistellung_05_07_2005.html

Erst 2008 hat das BSG geurteilt - so lange dauert dann der Kampf durch die Instanzen, diese Ansicht sei völlig abwegig.

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

@Schnuckelchen

Der Link gibt Deiner Ansicht recht.

http://www.arbeitsrecht.org/arbeitnehmer/krankheit/blog-news/entgeltfortzahlung-im-krankheitsfall-nur-volle-tage-zaehlen/

"Es wird sich zeigen, ob diese Rechtsprechung auch künftig aufrecht erhalten bleibt. Merken Sie also, dass es Ihnen schlecht geht, sollten Sie sofort zu Hause bleiben. Dann bekommen Sie auch für den ersten Tag bereits Ihr Geld."

Mal wieder ein neuer Trend, der wohl noch nicht bei allen AG angekommen ist. Da muss dann wieder abgewartet werden, bis ein AN sich findet, der wegen 3h seinen AG bis vor das BAG verklagt. Na toll!

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
guest-12330.08.2015 11:38:25
Status:
Lehrling
(1436 Beiträge, 561x hilfreich)

Das LohnFG wurde komplett abgeschafft, weil es verfassungs- und europarechtlich bedenkliche Inhalte enthielt, z.B. die Unterscheidung Arbeiter/Angestellte oder die der Lohnfortzahlung nach vereinbarten Wochenstunden. Von der 6-Wochen-Frist durfte damals auch tarifvertraglich abgewichen werden. Also schon ein deutlicher Unterschied zum EntgFG, gerade zum Punkt der 6-Wochen-Frist, die damals eben nicht für alle galt.

Jo, diese Spitzenverbände haben auch noch mehr Böcke geschossen. Und selbst andere BAG-Urteile werden bei den KK ignoriert - ich denke da an die unerlaubte Anrechnung von Urlaubsansprüchen auf Krankengeld und solche Schandtaten, die da nach wie vor versucht werden.

Ich bin aber sicher, dass die Info 2010 bei vielen AG angekommen ist. Schließlich hatten das sämtliche KK den Unternehmen schriftlich verkündet, wie sie das sehen (und praktizieren das selbst auch so - sooo wenige Mitarbeiter in D werden das nicht sein, die bei den Soztialversicherungsträgern angestellt sind). Aber vielleicht habens ja viele überlesen, die mangels U1-Umlagepflicht nicht von sinkenden Erstattungen betroffen waren - nach dem Motto "betrifft mich nicht".

Es gab aber noch aktuellere Urteile als das von 1988 aus dem von Dir gefundenen link - ansonsten wären die Sozialversicherungsträger wohl nicht erst 2010 auf diesen Zug aufgesprungen? Ich such mir nen Wolf nach dem Urteil, das ich 2010 rausgesucht hatte - war meines Wissens irgendeins aus 2009 ... aber ich finds nicht mehr. :o(

Gibt es nicht auch Betragsmindestgrenzen betreffs der Streitwerte für die höheren Instanzen? Alleine das würde wohl ein höchstrichterliches Urteil zu solchen Teilarbeitstagen verhindern.

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"Viele Leute glauben, daß sie denken, wenn sie lediglich ihre Vorurteile neu ordnen. (W. James)"

-- Editiert Schnuckelchen am 30.03.2012 10:44

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
Khryztynna
Status:
Lehrling
(1052 Beiträge, 494x hilfreich)

quote:
Außerdem dürfen die Ärzte sehr wohl rückwirkende AU für bis zu 2 Tagen ausstellen


Gibt es dazu eine verweisbare Quelle? Mein Arzt meinte letztlich nämlich auch, er dürfe nicht rückwirkend krankschreiben.

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0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
guest-12330.08.2015 11:38:25
Status:
Lehrling
(1436 Beiträge, 561x hilfreich)
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