Krank im Urlaub - und jetzt?

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Tipps für Arbeitnehmer: Richtiges Verhalten bei Krankheit im Urlaub

Endlich Urlaub! Leider heißt das noch lange nicht, dass auch Krankheiten und Verletzungen Ferien machen. Auch während der arbeitsfreien Zeit kann es einen treffen. Verfällt der Urlaubstag dann, oder verlängert sich der Urlaub? Was muss man dazu als Arbeitnehmer wissen, wie muss man sich verhalten? 123recht.de im Interview mit Rechtsanwalt Willy Burgmer.

Arbeitsunfähigkeit sollte unverzüglich angezeigt werden

123recht.de: Was muss ich tun, wenn ich im Urlaub krank werde oder einen Unfall erleide? Muss ich das meinem Arbeitgeber melden? Ich habe doch Urlaub?

Willy Burgmer
Partner
seit 2012
Rechtsanwalt
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: http://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
Strafrecht, Arbeitsrecht, Zivilrecht, Kaufrecht, Vertragsrecht, allgemein, Verwaltungsrecht, Straßen- und Verkehrsrecht, Baurecht, Datenschutzrecht
Preis: 190 €
Antwortet: ∅ 6 Std. Stunden

Rechtsanwalt Burgmer: Also zunächst einmal wünsche ich Ihnen und allen Lesern einen erholsamen Urlaub. Und das ist arbeitsrechtlich auch Sinn und Zweck des Urlaubs. Unfall oder Krankheit müssen Sie schon von daher Ihrem Arbeitgeber anzeigen, damit Ihnen der Urlaubsanspruch entsprechend verlängert wird. Denn Rekonvaleszenz und erst recht Krankheit sind ja nicht Erholung von den Mühen der Arbeit.

Aber Vorsicht: Nicht einfach den Urlaub „selbst verlängern“, also hinten dran hängen, denn der Urlaub verlängert sich nicht etwa automatisch! Er muss vom AG „nachgewährt“ werden.

Was den Unfall angeht, wäre das für Ihren Arbeitgeber durchaus mit Stress verbunden. Er muss ja wegen Ihrer verspäteten Rückkehr neu planen, Ersatz beschaffen, ad-hoc-Meldungen an (Sozial)-Versicherungen machen etc. Der AG hat deshalb auch hier einen Anspruch auf unverzügliche Meldung.

Krankmeldung sollte immer doppelt erfolgen - per Mail und per Einschreiben

123recht.de: Wie hat eine Meldung zu erfolgen, Postweg, Mail, Anruf?

Rechtsanwalt Burgmer: So wie auch ein sorgfältiger Anwalt so genannte Notfristen – das sind z.B. Klagefristen, die unbedingt eingehalten werden müssen – erledigt: Nämlich am besten doppelt: Also – sofern nicht arbeitsvertraglich ausgeschlossen oder im Unternehmen gängige Kommunikationsform:

Durchaus per E-Mail, ggf. mit PDF-Anhang der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Und das Ganze dann per Einschreiben hinterher. Und je nach „Betriebsklima“ das Kuvertieren und Einwerfen bei der Post noch unter Zeugen.

123recht.de: Macht es einen Unterschied, ob ich im Ausland krank werde oder in Deutschland?

Rechtsanwalt Burgmer: Bei einem Auslandsaufenthalt müssen Sie die Arbeitsunfähigkeit als solche, die voraussichtliche Dauer und (wichtig!) die genaue Adresse am Urlaubsort anzeigen. Einfach „Malediven“ reicht nicht. Und das unverzüglich telefonisch oder per Fax oder E-Mail.

In Extremfällen – z.B. an exotischen Orten oder z.B. auf Schiffen würde ich auch ein Telegramm empfehlen.

Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass man einem ärztlichen Zeugnis aus einem EU-Mitgliedstaat zur Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers vertrauen kann. Bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus Ländern, mit denen Sozialversicherungsabkommen bestehen, gelten allgemeine Beweiswertregeln. Der Arzt sollte aber auf jeden Fall zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit differenziert haben und das auch dokumentieren.

Ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung drohen Abmahnung und Kündigung

123recht.de: Bin ich verpflichtet, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen? Wenn ja, gibt es da Fristen? Kann ich das Attest nach meinem Urlaub nachreichen?

Rechtsanwalt Burgmer: „Unverzüglich“ ist das Zauberwort und das bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“. Im Extremfall – Sie sind etwa in eine Eisspalte am Südpol gerutscht oder „Mast und Schotbruch“ vor Kap Horn – kann es auch ausreichen, wenn die Meldung erst nachträglich erfolgt. Denn gesetzliche zwingende Fristen gibt es im klassischen Sinne nicht. Aber Vorsicht: lieber zu früh als zu spät. Denn Sie haben die Beweislast für unverschuldete Verzögerung.

123recht.de: Was kann mir drohen, wenn ich keinen Attest vorlege?

Rechtsanwalt Burgmer: Das wäre ein Verstoß gegen Ihren Arbeitsvertrag. Denn nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz sind Sie verpflichtet, ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mit Attest ihrem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Folge kann eine Abmahnung sein und im Wiederholungsfall sogar zur fristlosen Kündigung führen. Man darf das auf keinen Fall auf die leichte Urlaubs-(Schulter) nehmen.

Urlaubstage verfallen nicht, wenn Krankheit angezeigt wird

123recht.de: Verfallen meine Urlaubstage, wenn ich während des Urlaubs krank werde?

Rechtsanwalt Burgmer: Nein, aber – wie oben schon gesagt: auf keinen Fall die Tage einfach selbst an den Urlaub dranhängen.

123recht.de: Was passiert, wenn ich vor Antritt des Urlaubs krank werde, macht das einen Unterschied?

Rechtsanwalt Burgmer: Dann können Sie den Urlaub nicht antreten. Etwas anderes ist es, wenn Ihr Arbeitgeber etwa - weil er Ihnen misstraut - zwecks besserer Kontrolle Ihren Urlaub widerruft. Das kann er „einseitig“ nicht, sofern er den Urlaub bereits genehmigt hatte.

Arbeitnehmer sollten für gute medizinische Versorgung sorgen

123recht.de: Gibt es Verhaltensweisen, die ich als Arbeitnehmer beachten muss, wenn ich krank im Urlaub bin, um die Genesung nicht zu erschweren?

Rechtsanwalt Burgmer: Hier gilt grundsätzlich dasselbe, wie auch am Arbeitsplatz. In Ihrem eigenen Interesse – und das entspricht dann auch dem Anspruch des Arbeitgebers – sollten Sie sich gerade auch im Ausland einer approbierten ärztlichen Versorgung anvertrauen. Aber auch Ihre Transportfähigkeit kann eine Rolle spielen. Das sollte ggf. in der ärztlichen Bescheinigung mit dokumentiert werden.

123recht.de: Ich habe einen schweren Unfall gehabt und ein Rücktransport nach Deutschland ist notwendig, aber so schnell nicht zu organisieren. Drohen mir dann arbeitsrechtliche Konsequenzen?

Rechtsanwalt Burgmer: Hypothetische Fragen bergen immer die Gefahr, dass Sie hinsichtlich sog. Tatfragen in einem arbeitsrechtlichen Streit in Beweisnot geraten könnten. Also: Was heißt, „nicht so schnell zu organisieren" und zu welchen Konditionen? Grundsätzlich aber gilt auch hier: Es muss Ihr ernsthaftes Bemühen erkennbar sein, „unverzüglich“ zurückzukommen, wobei die Gerichte überspannte Anforderungen nicht akzeptieren.

Gestatten Sie mir nun auch die Erholung vom Anwaltsstress, der ja in diesem Forum auch ein Eustress sein kann und deshalb gerne gewährt wird.

123recht.de: Aber gerne :-)! Wir bedanken uns ganz herzlich für das Interview!

Man wird ja noch fragen dürfen!
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