Kokon-Verfahren zur Streitbeilegung im Familien- und Erbrecht

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Neues Streitbeilegungsverfahren ähnlich einer Mediation ohne Mediator ermöglicht konstruktives Streiten mit dem Ziel des Konsens

In den USA setzt sich seit etwa 20 Jahren ein neues Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung immer mehr durch: das Kokon-Verfahren. Es eignet sich besonders zur Lösung von Konflikten im Familien- und Erbrecht.

Was ist ein Kokon-Verfahren?

Man kann sich das Verfahren vorstellen wie eine Mediation ohne Mediator: Die Parteien verhandeln unter Anleitung ihrer Anwälte mit dem Ziel einer Einigung im beiderseitigen Interesse. Die Anwälte nehmen eine Doppelrolle ein: Einerseits helfen sie dem jeweils eigenen Mandanten bei der Wahrung seiner Interessen, andererseits sorgen sie gemeinsam als Verfahrensleiter für einen geordneten Ablauf der Verhandlungen.

Mandat ist niederzulegen, wenn Streit vor Gericht geht

Besondere Bedeutung für das Kokon-Verfahren hat die Begrenzung des anwaltlichen Mandats: Die Rechtsanwälte verpflichten sich, ihr Mandat niederzulegen, wenn der Streit vor Gericht geht. Die Erfahrungen aus den USA zeigen, dass dieser Kniff die Verhandlungsdynamik fundamental ändert, denn auf einmal steht die Alternative einer Klage kaum mehr im Raum. Die Beteiligten binden sich gleichsam an das außergerichtliche Verfahren und damit an eine einvernehmliche Lösung, auch wenn die Verhandlungen zwischenzeitlich bisweilen emotional werden sollten.

Hohe Bedeutsamkeit für Streit im Familien- und Erbrecht

Warum ist eine einvernehmliche Beendigung des Streits gerade im Familien- und Erbrecht so bedeutsam? Hier bestehen familiäre Bindungen, die sich anders als eine geschäftliche Beziehung nicht einfach auflösen lassen. Mit Geschwistern, Eltern und Ehegatten kann man sich sehr streiten, aber die Beziehung lässt sich kaum vollends abschneiden. Das Kokon-Verfahren setzt durch die Ausblendung eines Gerichtsprozesses einen starken Anreiz für die Parteien, sich zusammenzuraufen und konstruktiv zu streiten.

Wer sich mitten in einem eskalierten Konflikt befindet, dem mag konstruktives Streiten als Fremdwort erscheinen, aber die Erfolge des Kokon-Verfahrens sprechen für sich. In den USA hat das Verfahren an vielen Orten bereits die Mediation als erstes Mittel der konsensualen Konfliktbewältigung abgelöst. Im deutschsprachigen Raum wird das Verfahren bisweilen auch als "Cooperative Praxis" bezeichnet (engl. collaborative law). Dieser Begriff erscheint aber für Konfliktparteien schwer verständlich und nicht unbedingt vorzugswürdig. Weitere Informationen für den US-amerikanischen Rechtsraum sind abrufbar unter www.collaborativepractice.com; ein deutschsprachiges Informationsportal findet sich unter www.kokon-verfahren.de.