Kindesunterhalt - Zahlungsverpflichtung des rechtlichen Vaters

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Wenn ein rechtlicher Vater die Vaterschaft nicht wirksam angefochten hat, muss er auch dann Kindesunterhalt zahlen, wenn völlig unstreitig ist, dass er nicht der biologische Vater des Kindes ist.

Keine Berufung auf Treuwidrigkeit

Der durch eine Jugendamtsurkunde zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtete rechtliche Vater kann sich in einem auf Abänderung der Jugendamtsurkunde gerichteten Verfahren nicht darauf berufen, er sei nach Treu und Glauben nicht mehr zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, weil er nicht der leibliche Vater des Antragsgegners sei.

Dies hat das OLG Hamm mit Beschluss vom 19.11.2013 entschieden.

Susanne Tanja Schwinn
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In dem zugrunde liegenden Fall ist der Antragsteller der geschiedene Ehegatte der Kindesmutter und zugleich der rechtliche Vater des 1996 geborenen Antragsgegners. Leiblicher Vater des Antragsgegners ist der Ehemann der Kindesmutter.

Der Antragsteller hatte in der Vergangenheit versucht, die Vaterschaft anzufechten. Wegen Fristablaufs blieb die Vaterschaftsanfechtungsklage jedoch erfolglos. Mit Jugendamtsurkunde vom 23.09.2003 hat sich der Antragsteller verpflichtet, Kindesunterhalt an den Antragsgegner zu zahlen.

Unter anderem mit der Begründung, seine Inanspruchnahme aus der Urkunde sei treuwidrig, da der Antragsgegner nur den biologischen Vater als Vater akzeptiere und die Existenz des Antragstellers ignoriere, hat er Verfahrenskostenhilfe für die Abänderung der urkundlich begründeten Unterhaltsverpflichtung begehrt.

Mit seiner Begründung konnte der Antragsteller das Gericht nicht überzeugen.

Das OLG Hamm führte aus, dass nach den einschlägigen familienrechtlichen Vorschriften des BGB die Vaterschaftstatbestände mit Wirkung für und gegen alle wirken.

Berufung auf Vaterschaft eines anderen bei bestehender rechtlicher Vaterschaft nur nach gerichtlicher Vaterschaftsanfechtung

Der rechtliche Vater kann sich folglich nur und erst dann auf die Vaterschaft eines anderen Mannes berufen, wenn die gesetzliche Vermutung seiner Vaterschaft aufgrund einer gerichtlichen Vaterschaftsanfechtung beseitigt wurde. Diese gerichtliche Klärung ist laut OLG unverzichtbar, selbst wenn unter den Beteiligten kein Streit darüber besteht, wer der leibliche Vater ist.

OLG Hamm, Beschluss vom 19.11.2013, erlassen am 20.11.2013 - 2 WF 190/13

Hat also ein rechtlicher Vater Zweifel daran, dass er auch der biologische Vater ist, sollte er im Hinblick auf die Anfechtungsfristen des § 1600 b BGB in jedem Falle die Vaterschaft anfechten. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte von den Umständen, die gegen seine Vaterschaft sprechen, erfährt.

Gemäß § 1592 Nr. 1 BGB gilt als Vater, wer zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist.

Hintergrundinformation - Gesetzestext:

§ 1600 b BGB: Anfechtungsfristen

(1) Die Vaterschaft kann binnen zwei Jahren gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen; das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 2 erste Alternative hindert den Lauf der Frist nicht.

(1a) Im Fall des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 kann die Vaterschaft binnen eines Jahres gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt, wenn die anfechtungsberechtigte Behörde von den Tatsachen Kenntnis erlangt, die die Annahme rechtfertigen, dass die Voraussetzungen für ihr Anfechtungsrecht vorliegen. Die Anfechtung ist spätestens nach Ablauf von fünf Jahren seit der Wirksamkeit der Anerkennung der Vaterschaft für ein im Bundesgebiet geborenes Kind ausgeschlossen; ansonsten spätestens fünf Jahre nach der Einreise des Kindes.

(2) Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes und nicht, bevor die Anerkennung wirksam geworden ist. In den Fällen des § 1593 Satz 4 beginnt die Frist nicht vor der Rechtskraft der Entscheidung, durch die festgestellt wird, dass der neue Ehemann der Mutter nicht der Vater des Kindes ist.

(3) Hat der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Kindes die Vaterschaft nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind nach dem Eintritt der Volljährigkeit selbst anfechten. In diesem Falle beginnt die Frist nicht vor Eintritt der Volljährigkeit und nicht vor dem Zeitpunkt, in dem das Kind von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen.

(4) Hat der gesetzliche Vertreter eines Geschäftsunfähigen die Vaterschaft nicht rechtzeitig angefochten, so kann der Anfechtungsberechtigte nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit selbst anfechten. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Die Frist wird durch die Einleitung eines Verfahrens nach § 1598a Abs. 2 gehemmt; § 204 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Frist ist auch gehemmt, solange der Anfechtungsberechtigte widerrechtlich durch Drohung an der Anfechtung gehindert wird. Im Übrigen sind § 204 Absatz 1 Nummer 4, 8, 13, 14 und Absatz 2 sowie die §§ 206 und 210 entsprechend anzuwenden.

(6) Erlangt das Kind Kenntnis von Umständen, auf Grund derer die Folgen der Vaterschaft für es unzumutbar werden, so beginnt für das Kind mit diesem Zeitpunkt die Frist des Absatzes 1 Satz 1 erneut.

§ 1592 BGB: Vaterschaft

Vater eines Kindes ist der Mann,

  1. der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
  2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder
  3. dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

Susanne Tanja Schwinn
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