Kinderlärm im Mietshaus - was muss man dulden

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Viele Menschen beklagen, dass wir eine kinderfeindliche Gesellschaft seien. Oft kommt es daher gerade in Mehrfamilienhäusern zu Konflikten, etwa weil die Kinder angeblich zu laut sind, auf dem Rasen vor dem Haus spielen oder die Eltern zum Leidwesen der Mitbewohner den Kinderwagen im Hausflur abgestellt haben. Kinder haben einen ausgeprägten Spiel- und Bewegungsdrang. Dabei geht es nicht immer leise zu.

In Berlin sollen künftig juristische Klagen gegen Kinderlärm zum Scheitern verurteilt sein. Im Landesimmissionsschutzgesetzes soll es demnächst heißen: „Lärm von spielenden Kindern ist als sozial adäquate Lebensäußerung von Kindern und zur Erhaltung kindgerechter Entwicklungsmöglichkeiten grundsätzlich zu tolerieren." Die Gesetzesänderung soll im Herbst im Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet werden.

Wie sieht es im Mietrecht aus?

Wer eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus anmietet, muss damit rechnen, dass die darüberliegende Wohnung auch von einer Familie mit kleinen Kindern angemietet werden kann. Dies gehört zum normalen Mietgebrauch (AG Wedding, MM 2002,429). Von den Nachbarn sind Äußerungen des kindlichen Spiel- und Bewegungsdranges hinzunehmen (LG Lübeck, WuM 1989,627). Selbst wenn die Nachbarn gegenüber dem Vermieter zur Mietminderung berechtigt sind, stellt das Kinderspielen grundsätzlich einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache dar. Dies gilt nach Auffassung des Amtsgerichtes Kiel jedenfalls dann, wenn das Spielen „natürlich und wohnungsgeeignet" ist (AG Kiel, WuM 1986, 240).

Zu der vertragsgemäßen Benutzung einer Wohnung gehört es eben auch, dass Kinder entsprechend ihrem Spiel- und Bewegungstrieb in der Wohnung spielen und lärmen. Dabei sind die Geräusche von Rufen und Weinen der Kinder und das laute Ermahnen der Eltern hinzunehmen (AG Oberhausen, WuM 2001,465). Auch die Betreuung fremder Kinder ist vom Vertragszweck gedeckt (AG Stuttgart, WuM 1988,52 bezüglich der Betreuung eines Pflegekindes). Dies gilt selbst für die Betreuung von bis zu 4 fremden Kindern, jedenfalls in den Vormittagstunden (AG Hamburg, WuM 1989). Selbst die pubertätsbedingte Aufsässigkeit des Kindes der Mieter begründen für den Vermieter grundsätzlich kein Kündigungsrecht (AG Beckum, WuM 1989,626).

Natürlich bedeutet all dies keinen Freibrief für die Eltern: Die Eltern müssen alles in ihrer Kraft stehende tun, die von ihnen und ihren Kindern ausgehenden Geräusche möglichst gering zu halten und auch in diesem Sinne auf ihre Kinder immer wieder erzieherisch auf ein Verständnis für die Hausgemeinschaft einzuwirken (LG Lübeck, WuM 1989,627). Auch zeitlich gibt es Grenzen: So müssen die mit dem Spielen eines fünfjährigen Kindes verbundenen Lauf- und Trampelgeräusche in den Abendstunden ab 20.00 Uhr nicht mehr hingenommen werden (AG Neuss, DWW 1988,355).

Hat der Vermieter für eine Wohnanlage einen Kinderspielplatz angelegt, gilt dieser auch ohne eine ausdrückliche Vereinbarung als mitvermietet (LG Berlin, NZM 1998,860). Dabei gehört das Toben und Spielen der Kinder auf dem Spielplatz zum vertragsgemäßen Gebrauch und zwar auch noch nach 19 Uhr (AG Hamburg, ZMR 2002,673). Allerdings kann der Vermieter die Spielzeiten in der Hausordnung reglementieren (AG Hamburg, aaO.). Häufig ist ein zum Mietobjekt gehörender Spielplatz allerdings nicht vorhanden. Wenn ein öffentlicher Spielplatz nicht gefahrlos erreicht werden kann, gehört auch die Benutzung eines geteerten Innenhofes eines innerstädtischen Mietshauses zum Spielen durch Kinder durchaus noch zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache (LG Berlin, WuM 1987,212). Die Mitmieter haben gegenüber dem Vermieter auch keinen Anspruch darauf, dass den Kindern generell das Betreten einer vorhandenen Rasenfläche verboten wird (AG Hamburg, ZMR 2002,673).

Auch im Hausflur abgestellte Kinderwagen führen manchmal zu Auseinandersetzungen. Solange der Durchgang frei bleibt, ist der Mieter aber grundsätzlich berechtigt, einen Kinderwagen im Hausflur abzustellen (AG Charlottenburg, WuM 1984,80). Die Berechtigung des Mieters, es gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch, wenn der Mieter einen Kinderwagen für die eigenen Kinder an geeigneter Stelle im Treppenflur abstellt, wenn es ihm nicht zugemutet werden kann, den Kinderwagen jeweils in die Wohnung zu transportieren. Dies gilt nach Auffassung des Amtsgerichts Hannover (AG Hannover, WuM 1987, 118) z.B. dann, wenn die Mieter im II OG wohnen und auch der Keller nur über eine Treppe erreichbar ist.

Andere Mitbewohner dürfen dabei nur nicht behindert werden (LG Hamburg, WuM 1992,188). Aber Achtung: Kinderwagen fremder Kinder, die der Mieter etwa als Tagesmuter betreut, dürfen dagegen nicht ohne besondere Gestattung abgestellt werden (LG Hamburg, aaO.). Der Vermieter hat das Abstellen eines Kinderwagens in der im Erdgeschoss befindlichen Nische unter der Treppe grundsätzlich zu dulden (AG Friedberg, WuM 1980,237). Auch das Abstellen desKinderwagens vor der Briefkastenanlage im Hausflur ist erlaubt, sofern die Erreichbarkeit der Briefkästen objektiv gewährleistet ist (AG Köln, WuM 1995,652). In vielen Hausordnungen finden sich jedoch Regelungen, die das Abstellen der Kinderwagen einschränken. Allerdings ist nach Auffassung des Amtsgerichts Hagen (AG Hagen, WuM 1984,80) der Mieter grundsätzlich auch entgegen der Hausordnung berechtigt, den Kinderwagen im Hausflur abzustellen.

Eine Bestimmung der Hausordnung, dass das Abstellen eines Kinderwagens im Hausflur nur vorübergehend zulässig sei, gilt nur, wenn für den Mieter eine zumutbare anderweitige Abstellmöglichkeit besteht (LG Bielefeld, WuM 1993,37). Der Vermieter kann sich nicht auf das mietvertragliche Verbot des Abstellens von Kinderwagen im Hausflur berufen, wenn er nicht anderweitig einen geeigneten Platz schafft, an dem ein Kinderwagen abgestellt werden kann (LG Bielefeld, aaO.).

Leserkommentare
von Himmelchen am 03.01.2013 20:41:52# 1
Ich wohne in einer kleinen 2 Zimmerwohnung und neben mir eine junge Familie mit einem dreijährigen Kind. Ich habe noch nie in meinem Leben eine Lautstärke zuvor von einem Kind gehört, wie von diesem! Meine Eltern hätten mir den Hintern versohlt, hätte ich in diesem Alter etwas derartlges geleistet! Am späten Abend knallen schwere Gegenstände zu Boden, grundsätzlich zu meinem Feierabend. Dieses Mädchen läuft so laut durch die Wohnung, wie es in meinem ganzen Leben noch nie gehört habe. Sie wirft sich mit vollem Körpergewicht auf den Boden und sehr oft führt diese Laustärke bis weit nach 22 Uhr, ohne dass die Eltern etwas sagen. Ich bin berufttätig und muss am nächsten Morgen sehr früh aufstehen. Unzählige male hatte ich bereits ein Gespräch mit dieser Familie, aber es hieß nur, es sei ein Kind. Mittlerweile habe ich kein Verständniss mehr, dass diese Familie keine Rücksicht kennt, da ich am nächsten Morgen müde und unausgeschlafen bin! Ich habe keinen Abend mehr Ruhe, keinen Feiertag, keinen Sonntag, nicht mal an Weihnachten, die Zeit der Besinnlichkeit! Ich denke daran zu kündigen, obwohl ich in diese Wohnung Unsummen gesteckt habe. Der Vermieter selber kümmert sich nicht besonders um das Wohl der Nachbarn. Ich möchte Abends nur mal wieder, oder endlich wieder Ruhe haben. Diese Lautstärke ist unfassbar! Was soll ich tun?
    
von fb391383-94 am 09.06.2014 21:41:44# 2
Also ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen das Fußball spielen inder Wohnung geduldet werden muß und das es zum Kindgerechten Aufwachsen beitragen soll.Wer fragt mich denn wenn ich nicht ausgeschlafen auf der Arbeit erscheine,Fehler mache und Differenzen in der Kasse habe weil ich durch den Schlafentzug einfach keine Konzentration habe.
Welch ein Gericht auch immer dann pro Familie entscheidet darf sich dann auch nciht wundern das Deutschland angeblich Kinderfeindlich ist und oder wird.Ich bin es nicht sondern eher Elternfeindlich,weil sie in der Pflich sind ihren Kindern Sozialverhalten bei zubringen.
    
von Frostie am 10.06.2014 10:30:17# 3
Wenn Gerichte anfangen gegen Kinder zu entscheiden, DANN - und auch nur DANN - können wir von Kinderfeindlichkeit sprechen und nicht, wie oben beschrieben, wenn die PRO Familie entscheiden.
Ich bin überaus dankbar, dass es so ist, wie es ist. Zweifellos gibt es auf beiden Seiten schwarze Schafe: Intolerante Nachbarn und ignorante Eltern. Nicht umsonst heißt es im Text "Natürlich bedeutet all dies keinen Freibrief für die Eltern". Es ist also von Fall zu Fall abzuwägen und nicht alle in einen Topf zu schmeißen
    
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