Keine Überwachungspflicht für den Anschlussinhaber bei der Benutzung des Internetanschlusses durch Familienangehörige

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In einem Beschluss vom 20.12.2007 hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt die Rechtsansicht bekräftigt, dass der Inhaber eines Internetanschlusses nicht ohne weiteres verpflichtet ist, nahe Familienangehörige bei der Nutzung des Anschlusses zu überwachen. Eine solche Pflicht bestehe nur dann, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte dafür habe, dass der Anschluss zu Rechtsverletzungen missbraucht werden könnte (Aktenzeichen: 11 W 58/07 ). Kinder und Jugendliche müssen allerdings angehalten werden, keine Urheberrechtsverletzungen durch illegale Downloads vorzunehmen.

Der Fall:

Thilo Wagner
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Familienrecht, Erbrecht, Urheberrecht, Zivilrecht

Der klagende Musikverlag hatte behauptet, dass über den Internetanschluss des Beklagten fast 300 Audiodateien (Musikdateien im mp3-Format) illegal im Internet verfügbar gemacht worden seien (sog. Filesharing). An einigen dieser Musikdateien halte der Musikverlag die ausschließlichen Verwertungsrechte, weshalb er den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen hat. Den Anschluss des Beklagten hatte der Musikverlag durch Ermittlung der IP-Adresse identifiziert, die im Rahmen eines gleichzeitig eingeleiteten Strafverfahrens vom Provider bekannt gegeben worden war. Der Beklagte hatte sich damit verteidigt, weder er noch seine Ehefrau oder seine vier Kinder im Alter von 17 bis 31 Jahren, die Zugang zu seinem Computer haben, hätten den Verstoß begangen.

Der Senat hat die Auffassung vertreten, dass sich nicht feststellen lasse, ob der Beklagte das verbotene Filesharing selbst vorgenommen habe. Aufgrund der vorliegenden Indizien sei es zwar nahe liegend, dass die Urheberrechtsverletzung durch eines seiner Familienmitglieder begangen worden sei. Hierfür habe der Beklagte aber nicht einzustehen.

Den Inhaber eines Internetanschlusses, der diesen dritten Personen zur Nutzung überlasse, treffe nur dann die Pflicht, die Nutzer zu instruieren und zu überwachen, wenn er konkrete Anhaltspunkte dafür habe, dass die Nutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen könnten. Solche Anhaltspunkte bestünden grundsätzlich nicht, solange keine früheren Verletzungen dieser Art oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt seien. Der Anschlussinhaber habe auch nicht bereits deshalb Anlass zur Überwachung, weil Urheberrechtsverletzungen im Internet häufig vorkommen und darüber in den Medien umfangreich berichtet werde.

Da der klagende Musikverlag somit nicht nachweisen konnte, dass der Beklagte die Urheberrechtsverletzung selbst begangen hatte, musste der Verlag und nicht wie geplant der Abgemahnte, die gesamten Kosten des Verfahrens tragen.

Das Fazit:

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt bietet eine weitere gute Möglichkeit, sich gegen unberechtigte Abmahnungen der Musikindustrie und ihrer meist übereifrigen Abmahnanwälte zu verteidigen.

Insbesondere in Fällen, in denen mehrere Personen einen Anschluss nutzen, wurde die Inanspruchnahme des Anschlussinhabers als mutmaßlicher Störer wesentlich erschwert. Sofern auch Kinder und Jugendliche den Zugang zum Internet nutzen, können sich die verdächtigten Eltern entlasten, indem sie den Nachweis erbringen, dass sie die minderjährigen Kinder „eindringlich darauf hingewiesen haben, keine Urheberrechtsverletzungen oder ähnliche Verstöße im Internet vorzunehmen."

Sofern Sie Empfänger einer Abmahnung der Musikindustrie geworden sind oder gar ein Strafverfahren gegen Sie geführt wird, sollten Sie aufgrund des hohen Prozess- und Kostenrisikos stets anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ihr Anwalt im Medienrecht wird Ihnen die bestmögliche Lösungsmöglichkeit aufzeigen und Sie vor einer unberechtigten Inanspruchnahme und hohen Kostenansprüchen der Gegenseite schützen.

Der Autor ist Sozius der Rechtsanwaltskanzlei Wagner Halbe Rechtsanwälte in Köln und berät private Mandanten und Gewerbetreibende in allen Fällen des Internet- und Computerrechts oder Strafrechts. Bei Fragen zu diesem Themenkomplex können Sie eine unverbindliche E-Mail an die Adresse info@wagnerhalbe.de senden. Weiter Informationen erhalten Sie auf diesem Portal oder unter www.wagnerhalbe.de.

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