Kehrtwende bei Streitwerten in Filesharing-Fällen?

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Die Tendenz geht zur Begrenzung des Streitwerts

Nachdem das Amtsgericht Hamburg sich bereits Ende Juli für eine Deckelung des Filesharing Streitwerts auf 1.000,00 € ausgesprochen hat, zieht das Amtsgericht München jetzt nach.

Das ältere Ehepaar, das sich eines Tages in meiner Kanzlei einfand, staunte nicht schlecht, als ihm binnen weniger Wochen gleich sechs Abmahnungen verschiedener Musikfirmen ins Haus geflattert waren. Weder war ihnen der Name "Kool Savas" ein Begriff, noch hatten sie eine Vorstellung davon, was eine Filesharing Tauschbörse ist. Warum sie nun mehrere tausend Euro für etwas bezahlen sollten, obwohl sie "nichts" gemacht hatten, war für das Paar ebenfalls unverständlich.

Christian Mauritz
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Anschlussinhaber müssen für gesicherten Internetanschluss sorgen

Das ist jedoch genau, was arglosen Internetnutzern vom Gesetzgeber und Rechtsprechung vorgehalten wird. Sie haben nichts unternommen. Anschlussinhaber müssen aber dafür Sorge tragen, dass dritte Personen den eigenen Internetanschluss nicht für illegales Filesharing von Musik, Filmen u.ä. missbrauchen.

Es mag sicherlich juristisch und auch moralisch vertretbar sein, dass Tauschbörsen-Nutzer, die in großem Stil hunderte Musikalben horten, hierfür im Wege einer Abmahnug zur Kasse gebeten werden.

Aber gilt dies auch für Nutzer, die nur ein einzelnes Lied öffentlich zugänglich gemacht haben, oder es eben lediglich aus Unkenntnis versäumt haben, ihren Internetanschluss ordnungsgemäß zu sichern?

Auch in solchen Fällen sahen sich die Abgemahnten in der Vergangenheit mit Forderungen konfrontiert, die bar jeder Verhältnismäßigkeit schienen. Streitwerte von 10.000,00 € pro einzelnem Musiktitel und daraus resultierenden Rechtsanwalts- und Gerichtskosten konnten tatsächlich existenzbedrohende Ausmaße annehmen.

§ 97a Absatz 2 Urheberrechtsgesetz zur Reduzierung der Anwaltskosten finden in Praxis kaum Anwendung

Der Gesetzgeber hatte bereits in der Vergangenheit durch Einführung des § 97a Absatz 2 Urheberrechtsgesetz Abhilfe schaffen wollen.

Durch § 97a Absatz 2 Urheberrechtsgesetz sollte der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen bei der erstmaligen Abmahnung in einfach gelagerten Fällen und nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro beschränkt werden.

In der gerichtlichen Praxis fand diese Regelung jedoch kaum Anwendung. Nach Ansicht so ziemlich aller Gerichte stellt ein öffentliches Zugänglichmachen von Musik, Filmen etc. in sog. Tauschbörsen immer eine erhebliche Rechtsverletzung dar.

Amtsgerichte Hamburg und München begrenzten Streitwerte aktuell massiv

Nun könnte durch zwei Gerichtsentscheidungen aus jüngster Zeit eine erfreuliche Trendwende ins Haus stehen.

Zunächst hat das AG Hamburg in einem Beschluss vom 24.07.2013, (Az. 31a C 109/13) die Auffassung vertreten, bei privaten Filesharing-Fällen sei nur ein Streitwert in Höhe von 1.000 € sachgerecht.

Nunmehr hat sich auch das AG München in die gleiche Richtung bewegt. In einem Beschluss vom 27.08.2013 (Az. 224 C 19992/13) hatte das Gericht entschieden, für die Berechnung der Rechtsanwaltskosten kommt ein deutlich unter 10.000,00 € liegender Gegenstandswert in Betracht. Dabei hat das AG München ausdrücklich auf die vorerwähnte Entscheidung des AG Hamburg Bezug genommen.

Reform soll Streitwerte in einfachen Fällen auf 1.000,00 € begrenzen

Beide Gerichte haben dabei den Gesetzesentwurf zum Gesetz gegen unlautere Geschäftspraktiken im Blick gehabt. Dieser ist mittlerweile vom Bundestag verabschiedet worden und wird wahrscheinlich in Kürze in Kraft treten. Im Rahmen dieses Gesetzes soll u.a. das Urheberrecht dahingehend geändert werden, dass in Fällen, wie den hier erörterten, der Streitwert auf 1.000,00 € begrenzt ist. Eine Aufweichung erfährt diese Begrenzung allerdings durch die geplante Formulierung "es sei denn, dieser Wert ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig".

Es bleibt abzuwarten, ob die geplante Gesetzesänderung in dieser Form in Kraft treten und wie insbesondere die vorgenannte Formulierung in der Rechtsprechungspraxis ausgelegt wird.

Dank der begrüßenswerten Beschlüsse des AG Hamburg und des AG München besteht die begründete Hoffnung, dass die Abmahnungen in einfach gelagerten Urheberrechtsverletzungen deutlich zurückgehen werden. Zumindest bleiben Betroffenen derart finanziell belastende Folgen zukünftig eher erspart.

Rechtsanwalt Christian Mauritz, LL.M.
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