Kanzler: Rette die Bundesliga!

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Die Geldsorgen des Medienmoguls Kirch haben weitreichende Auswirkungen

In Deutschland droht der nächste Wirtschaftskapitän zu sinken. Die mögliche Insolvenz des Medienmoguls Leo Kirch vergleichen einige bereits jetzt mit der des Bauunternehmers Jürgen Schneider. Die Insolvenz Kirchs würde nicht nur ihn, sondern einen ganzen Wirtschaftszweig treffen. Ähnlich wie die Bauunternehmen bei der "Schneiderpleite" hängen einige Fußball-Bundesliga-Clubs am Tropf des Medienunternehmers.

Leo Kirch, Chef der Kirch-Mediengruppe, zu der unter anderem Sat.1, Pro 7 und Premiere gehören, hat laut Presseberichten Schulden in Höhe von fünf bis sechs Milliarden Euro. Darüber hinaus stehen Kirch in diesem Jahr möglicherweise nochmals Zahlungsverpflichtungen in Milliardenhöhe ins Haus.

Zum einen wäre da der Springer-Verlag. Er will seine "Put-Option" aus der Beteiligung an der Free-TV-Sparte Kirchs wahrnehmen. Diese Zahlungsverpflichtung könnte Kirch noch durch geschickte Prozesstaktik abwenden und stattdessen einen Vergleich erzielen. Die Streithähne könnten so vereinbaren, ihre gegenseitigen Beteiligungen auszutauschen. Kirch ist am Springer-Verlag mit 42% Prozent beteiligt.
Weiteres Ungemach droht dem Münchner aus dem Ausland. Rupert Murdoch, der australische Medienzar, könnte im Oktober 2002 eine Verkaufsoption auf 22 % der Kirch-Tochter Premiere wahrnehmen, wenn der Sender bis dahin nicht genügend Kunden hat. Damit wären weitere 1,75 Milliarden fällig. Nachdem die Banken Kirch schon jetzt seine Kreditunwürdigkeit attestierten, dürfte er dieses Geld nicht von ihnen bekommen.

Sollte Kirch das Geld nicht beschaffen können, reiht er sich damit in die illustrere Runde hoffnungslos überschätzter Wirtschaftsbosse ein. Bezeichnete man den Kohlfreund noch bis vor kurzem als Paten der Medienbranche, so tritt er in letzter Zeit immer wieder mit Geldproblemen in Erscheinung. Bisher schaffte es der Medienhändler allerdings immer wieder, das notwendige Geld von großzügigen Banken zu beschaffen. Nach der "offiziellen" Erklärung der Kreditunwürdigkeit durch die ehemaligen Retter dürfte dies jedoch die ernsthafteste Krise des Medienunternehmers sein.

Die mögliche Insolvenz betrifft aber nicht nur Kirch, sondern auch die Fußballer in Deutschland. Die Kirch-Gruppe zahlt insgesamt 1,53 Milliarden Euro für die Übertragungsrechte der Bundesliga an die Deutsche Fußball-Liga (DFL). Dieses Geld wird dann von der DFL auf die einzelnen Vereine verteilt. Fallen die Zahlungen aus, so sind einzelne Bundesligisten nicht mehr überlebensfähig, so der Manager des VFL-Wolfsburg.
Sicher, Bayern, Dortmund und Leverkusen sind finanzstarke Vereine, die auch auf andere Einnahmequellen zurückgreifen können. Aber die lässt die derzeitige Situation auch nicht kalt. Uli Hoeneß und Rudi Assauer forderten in dieser Woche die Erhöhung der Rundfunkgebühren, damit die öffentlich-rechtlichen Sender sich wieder mehr Bundesligaberichterstattung erlauben können. Was wird bei einer Pleite Kirchs aber aus den kleinen Vereinen wie Cottbus, Köln oder Gladbach ?

Die Antwort ist denkbar einfach. Der Kanzler wird, nein er muss, Fußball-Deutschland retten. Hieran besteht kein Zweifel. War er doch schon erfolgreicher Retter bei Holzmann. Und dass, obwohl er keinerlei Beziehung zu den Bauarbeitern aus Frankfurt hatte.

Hingegen weiß man, dass der Kanzler begeisterter Fußballer und auch Fan ist. Außerdem wird er es sich nicht nehmen lassen wollen, in seiner alten und neuen Heimat - Hannover -Erstligafußball zu sehen. Sportlich sind die 96er nicht mehr aufzuhalten. Nur noch Kirch und die Pleite der Bundesliga könnten die Rückkehr der Roten in das Oberhaus verhindern. Aber was ist die Rettung der eigentlich finanziell gesunden Bundesliga im Vergleich zur Rettung eines maroden Baukonzerns - Ein Klacks. Und hinsichtlich der bevorstehenden Wahlen macht es darüber hinaus einen guten Eindruck.

Also Kanzler, rette die Bundesliga.

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