Hürden im Verfassungsbeschwerdeverfahren

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„ Misserfolg ist programmiert, wenn die - auch Anwälten oft nicht bekannten - Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde, wie sie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelt hat, nicht beachtet werden" meint die Verfassungsrichter Lübbe Wolf.

Eine der vielen Entscheidungen sei aus der aktuellen NVwZ zitiert:
BVerfG Beschluss vom 15. 10. 2008 - 2 BvR 236, 237/08 NvwZ 2009.103:

  • „Die Ausschlussfrist des § 93 III BVerfGG zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde wird nicht neu eröffnet, wenn eine unverändert gebliebene oder nur redaktionell veränderte Norm lediglich vom Gesetzgeber neu in seinen Willen aufgenommen wird und keinen neuen oder erweiterten Inhalt erlangt.
  • Die von den Ast. angegriffene Norm des § 100f StPO n.F. entfaltet somit - auch nach ihrem eigenen Vortrag - keine für sie neue Beschwer. Gegen die mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung eingefügte Erweiterung der Vorschrift im Hinblick auf die Teilnehmer einer Straftat und deren Versuch wenden sich die Verfassungsbeschwerden hingegen nicht.
  • Setzt die Durchführung der angegriffenen Vorschrift rechtsnotwendig oder auch nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis einen besonderen Vollzugsakt voraus, muss der Beschwerdeführer grundsätzlich zunächst diesen Akt angreifen und den gegen ihn eröffneten Rechtsweg erschöpfen, bevor er die Verfassungsbeschwerde erhebt... Die Norm selbst entfaltet noch keine Rechtswirkungen für die Ast. Sie sind daher durch die Regelung nicht unmittelbar betroffen.
  • Der von einer Maßnahme nach § 110 III StPO n.F. betroffene Dritte hat damit zeitnah die Möglichkeit, fachgerichtlichen Rechtsschutz in der Sache zu erlangen. In derartigen Fällen entspricht es dem Grundsatz der Subsidiarität, dass zunächst die zuständigen Fachgerichte eine Klärung darüber herbeiführen, ob und in welchem Umfang der Beschwerdeführer durch die beanstandete Regelung konkret in seinen Rechten betroffen und ob sie mit der Verfassung vereinbar ist."

Immerhin wird für heimlichen Maßnahmen der Rechtsschutz der einstweiligen Anordnung in Betracht gezogen:

  • „Erfolgt die konkrete Beeinträchtigung - wie hier - zwar erst durch die Vollziehung des angegriffenen Gesetzes, ist jedoch nicht gewährleistet, dass der Betroffene hiervon - mindestens nachträglich innerhalb eines absehbaren Zeitraums - Kenntnis erhält, reicht es für die Möglichkeit der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit aus, wenn der Beschwerdeführer darlegt, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Rechtsnormen beruhenden Maßnahmen in seinen Grundrechten berührt wird:"

aber dann doch nicht gewährt:

  • „Die vorzunehmende Folgenabwägung führt nicht zum Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das erforderliche deutliche Überwiegen der Gründe, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, kann hier nicht festgestellt werden. .. .sondern nur auf der Grundlage eingehender Prüfung der Art und des Ausmaßes ihrer jeweiligen Betroffenheit gegeneinander abgewogen werden. In einem solchen Fall gebietet es die gegenüber der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers notwendige Zurückhaltung des BVerfG, die Anwendung der angegriffenen Vorschrift nicht zu hindern, bevor im Rahmen einer umfassenden Prüfung im Hauptsacheverfahren geklärt ist, ob sie vor der Verfassung Bestand hat."

Wie endet Frau Lübbe Wolf in ihrer Handreichung? „Darüber, dass es erst recht keine Supertatsacheninstanz ist, scheint noch Aufklärungsbedarf zu bestehen."

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