Hat Witwe eines Nießbrauchers Bleiberecht im vormals nießbrauchbelasteneden Haus?

14. Januar 2018 Thema abonnieren
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guest-12328.06.2022 18:42:04
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Praktikant
(770 Beiträge, 247x hilfreich)
Hat Witwe eines Nießbrauchers Bleiberecht im vormals nießbrauchbelasteneden Haus?

Hallo Forumsgemeinde,

folgender Sachverhalt:

Ein seit 15 Jahren verwitweter ehemaliger Berufssoldat heiratete vor etwa einem Jahr mit 83 Jahren nochmals. Die neue Ehefrau ist gut 25 Jahre jünger als er selbst. Der frischgebackene Ehemann hat ein lebenslanges Nießbrauchrecht an einem Hausgrundstück und lebt auch dort. Seine neue Ehefrau ist nicht-europäische Ausländerin und zog nun in dieses Haus mit ein.

Der neuen Ehefrau wurde bereits, daß ihr Ehemann gar nicht Grundstückeigentümer ist, sondern nur ein lebenslanges Nießbrauchrecht hat.

Der Nießbrauch erlischt mit dem Tod, ist nicht vererblich und auch sonst nicht übertragbar. Nach dem Ableben des Nießbrauchers wird die Grundstückseigentümerin ihr Grundstück sofort wieder in Besitz nehmen. Die Grundstückseigentümerin wird nach dem Ableben des Nießbrauchers nicht dessen Erbe.

Und auch das, was augenscheinlich als Versorgungsehe angelegt war, entpuppt sich plötzlich womöglich als ein Schuß in den Ofen. Man hat nämlich gemerkt, daß die Hinterbliebenenregelung für Soldaten im Ruhestand auf das
Beamtenversorgungsgesetz verweist.

Nach § 19 BeamtVG erhält die Witwe eines Beamten kein Witwengeld, weil die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.

Nun die Fragen:

1.
Ist es richtig, daß die Ehefrau nach dem Ableben des Ehemannes kein "Witwengeld" erhält aufgrund der entsprechenden Regelungen im Beamtenversorgungsgesetz?

2.
Was sollte die Grundstückeigentümerin bereits heute, also noch zu Lebzeiten des Nießbrauchers, der neuen Ehefrau mitteilen, damit die Dame am Tag X nicht aus allen Wolken fällt?

a)
daß sie nach dem Tod ihres Ehemanns unverzüglich, also noch am Todestage das Hausgrundstück zu verlassen hat und ihr mit Ablauf des Sterbetages jeglichen Aufenthalt oder Nutzung verbieten

b)
Auffordern, das Hausgrundstück zu räumen und ankündigen, daß im Falle der Nicht-Räumung Schadenersatz gefordert werden wird.

c)
ankündigen, daß noch am Todestag die Schlösser ausgetauscht und Strom und Wasser abgestellt werden

d)
die Dame möge sich ab Todestag an die Erben (so es dann welche gibt) wenden. Diese müssen ihr für dreißig Tage Unterhalt gewähren, sofern der Erblasser durch Testament nichts anderes verfügt hat.

e)
Die Grundstückseigentümerin übt ab Todestag das Hausrecht aus. Das Ausüben des Hausrechtes ist ein notwehrfähiges Rechtsgut. Wie weit geht das Notwehrrecht wenn sich die Dame weigert, das Haus zu verlassen?

budwiser

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6 Antworten
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#1
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38481 Beiträge, 14013x hilfreich)

Schön, Dich wieder mal zu lesen.

Ganz klar, wenn pensionierte Beamte heiraten, gibt es auf Bundesebene keinen Anspruch auf Witwenpension. Aus dem Landesrecht kann sich etwas anderes ergeben, aber hier geht es ja um Bundesrecht. Deshalb bekommt ja auch die Kohl-Witwe keine Witwenpension, bei der Brandt-Witwe war es dasselbe.

Jetzt zum Haus, bzw. dem Nießbrauchsrecht. Das erlischt mit dem Tod des alten Herrn. Er kann natürlich noch gut 15 Jahre unter uns weilen, keine Ahnung. Deshalb würde ich im Augenblick gar nichts tun, warum auch dem alten Herrn seine Freude vermiesen. Nach dem Ableben haben wir dann eine neue Lage. Dann nutzt die Ehefrau das Haus, auch wenn kein Mietvertrag besteht. Ich würde dann, aber erst dann als Eigentümer aktiv werden. Das heisst, Nutzungsentschädigung verlangen, zu den gesetzlich vorgeschriebenen Fristen kündigen.

So Schüsse ins Blaue (falls mal irgendwas passiert binnen der nächsten 15 Jahre), das bringt nichts, verhärtet nur die Fronten.

wirdwerden

4x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
guest-12328.06.2022 18:42:04
Status:
Praktikant
(770 Beiträge, 247x hilfreich)

Zitat (von wirdwerden):
Schön, Dich wieder mal zu lesen
Geb ich gerne zurück!.

Zitat (von wirdwerden):

Jetzt zum Haus, bzw. dem Nießbrauchsrecht. Das erlischt mit dem Tod des alten Herrn. Er kann natürlich noch gut 15 Jahre unter uns weilen, keine Ahnung.


Und was, wenn er übermorgen verstirbt? Die Thematik ist vielschichtiger. Als die Dame dort Ende 2016 einzog, war sie lediglich seine Pflegeperson. Wer weiß, unter welchen Versprechungen der "alte Herr" die Dame dazu brachte, dort einzuziehen. Die Eigentümerin klärte die Dame dann darüber auf, daß der "alte Herr" lediglich ein Nießbrauchrecht hat und sie dort ausziehen muß, wenn ihre Dienste aus biologischen Gründen nicht mehr erforderlich sind. Dann bekam die Eigentümerin Post von einem Rechtsanwalt, der um Nachweis bat darüber, daß der "alte Herr" nicht Eigentümer ist. Wenige Wochen später war dann die Heirat. Der "alte Herr" hatte auch schon anderen Pflegerinnen Heiratsangebote gemacht.

Zitat (von wirdwerden):

Deshalb würde ich im Augenblick gar nichts tun, warum auch dem alten Herrn seine Freude vermiesen.


Naja, es geht nicht darum, dem "alten Herrn" die Freude zu vermiesen. Es geht eher darum, daß diese Versorgungsehe augenscheinlich ein Lockmittel zur Heirat war weil das Haus ja außen vor ist. Ändert aber nichts daran, daß die Dame dort auszieht sobald der "alte Herr" nicht mehr ist.

Nur guckt die Dame ja in jeder Hinsicht in die Röhre. Sie hat schlimmstenfalls noch für viele Jahre einen Pflegebedürftigen an den Hacken und bekommt noch nicht einmal Ansprüche auf ein Haus oder ein "Witwengeld". Ob die das weiß? Vermutlich nicht.

Zitat (von wirdwerden):
Nach dem Ableben haben wir dann eine neue Lage. Dann nutzt die Ehefrau das Haus, auch wenn kein Mietvertrag besteht. Ich würde dann, aber erst dann als Eigentümer aktiv werden.


Nein, nach dem Ableben nutzt die Eigentümerin das Haus und die Dame hält sich dort widerrechtlich auf. Das wollte die Eigentümerin eigentlich nur rechtzeitig klarstellen - der alte Herr kann doch noch zu Lebzeiten Vorsorge treffen für seine Witwe.

Die Eigentümerin ist nicht das Sozialamt.

Es gibt angeblich noch drei Söhne des alten Herrn - sollen die sich später um ihre neue Stiefmutter kümmern.
Zitat (von wirdwerden):

Das heisst, Nutzungsentschädigung verlangen, zu den gesetzlich vorgeschriebenen Fristen kündigen.


Kündigen kann man Verträge - es gibt aber keinen Vertrag zwischen der Eigentümerin und der Dame, insofern kann man auch nichts kündigen. Nutzungsentschädigung - der Begriff ist gut.

Zitat (von wirdwerden):

So Schüsse ins Blaue (falls mal irgendwas passiert binnen der nächsten 15 Jahre), das bringt nichts, verhärtet nur die Fronten.


Naja, das soll kein Schuß ins Blaue werden, eher ein Schuß vor den Bug. Die Dame soll später nicht sagen können, sie hätte von nichts gewußt.

Vielleicht war es ja auch eine reine Liebesheirat. So wie Wehner seine Stieftochter heiratete oder Prof. Grizmek seine Schwiertochter, nachdem sein Sohn in jungen Jahren über Afrika durch einen Flugzeugabsturz ums Leben kam.

3x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47654 Beiträge, 16842x hilfreich)

Allerdings irrt sich die Eigentümerin ganz erheblich über ihre Rechtsposition.

2 a) Kann man machen. Eine Ziehfrist von 14 Tagen ist aber mindestens zu gewähren.

b) Es kann eine Nutzungsentschädigung gefordert werden. Wenn bei der Witwe nichts zu holen ist, hilft das jedoch nicht.

c) Das wäre verbotene Eigenmacht. Die Witwe könnte sich dann mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung wieder Zutritt verschaffen. Die Eigentümerin müsste ggf. Schadenersatz an die Witwe zahlen.

d) richtig. Außerdem ist die Witwe natürlich erbberechtigt.

e) falsch. Das Hausrecht liegt bei der Witwe. Wenn die Witwe nicht freiwillig auszieht, dann ist die Räumungsklage der einzig rechtlich zulässige Weg, um den Auszug zu erzwingen

4x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
guest-12328.06.2022 18:42:04
Status:
Praktikant
(770 Beiträge, 247x hilfreich)

Zitat (von hh):
Allerdings irrt sich die Eigentümerin ganz erheblich über ihre Rechtsposition.


Hilfreiche Antworten. Danke dafür. Genau das war der Grund, dieses Thema mal ins Forum zu stellen.

Also sollte man lediglich eine Nutzungsuntersagung aussprechen und ankündigen, Schadenersatz dem Grunde nach geltend zu machen..

Weiterhin ankündigen, daß eine Ziehfrist (das Wort kannte ich noch gar nicht) von max. 14 Tagen gewährt wird. Nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist würde unmittelbar Räumungsklage erhoben werden.

Strom interessiert die Eigentümerin nicht, da sie keinen Vertrag mit dem Stromversorger hat. Wasser allerdings schon, da Grundstückseigentümer Kostenschuldner gegenüber der Gemeinde ist.

Was spricht dagegen, Schlösser auszutauschen und der Witwe übergangsweise einen neuen Schlüssel zu überlassen?

Schon klar, daß bei einem Schuldner oftmals nichts zu holen ist. Frage wäre, ob dann der von den Erben geschuldete Unterhalt nach § 1669 (Dreißigster) pfändbar wäre (Erben als Drittschuldner).

budwiser

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47654 Beiträge, 16842x hilfreich)

Den Begriff "Ziehfrist" findet man hauptsächlich im Zusammenhang mit fristlosen Kündigungen. Hier dürfte aber das Gleiche gelten. Tendenziell würde ich sogar erwarten, dass ein Gericht in so einem Fall eine längere Ziehfrist gewähren könnte.

Zitat:
Wasser allerdings schon, da Grundstückseigentümer Kostenschuldner gegenüber der Gemeinde ist.


Das ist zwar prinzipiell denkbar, muss aber verhältnismäßig sein. Nur weil die Ziehfrist abgelaufen ist, kann noch nicht das Wasser abgestellt werden.

Zitat:
Was spricht dagegen, Schlösser auszutauschen und der Witwe übergangsweise einen neuen Schlüssel zu überlassen?


Wozu soll das gut sein? Die Witwe hat Anspruch auf alle Schlüssel.

Zitat:
Schon klar, daß bei einem Schuldner oftmals nichts zu holen ist.


Je nach Vermögensverhältnissen des Mannes kann ja durchaus ein Erbanspruch vorliegen. Schon mit ein paar tausend Euro kommt man ja schon eine Weile über die Runden.

3x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
guest-12328.06.2022 18:42:04
Status:
Praktikant
(770 Beiträge, 247x hilfreich)

Danke für die Kommentare.

Hier wird wohl ein versierter Anwalt mit einzubeziehen sein. Und beizeiten eine Rechtsschutzversicherung abschließen und dem Haus-und Grundeigentümerverband beitreten.

Trotzdem, vielen Dank für die Kommentare, denn eines ist nun klar geworden: mal eben so in Heimarbeit ein paar Schriftsätze aufsetzen wird nicht funktionieren.

Danke auch an meine Lieblingsstaatsanwältin für ihre PM :)

3x Hilfreiche Antwort

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