Handy als Wärmeakku = Verbotene Nutzung des Handy im Straßenverkehr?

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1.Die Entscheidung

Besprechung von OLG Hamm vom 13.09.2007, 2 Ss Owi 606/07

Seit dem 1.2.2001 ist das Telefonieren mit einem Handy beim Fahrzeugführen verboten. Dies wurde auch ausdrücklich in § 23 Abs. 1a StVO so geregelt, was offenbar vielen nicht bekannt ist. In der zugrunde liegenden Entscheidung, die sich mit einem solchen Fall beschäftigte, hatte der Betroffene in einem Bußgeldverfahren behauptet, nicht ein Handy sondern einen Wärmeakku zur Linderung von Schmerzen an das Ohr gehalten zu haben. Dies wurde vom Amtsgericht aber widerlegt. Zugleich führte es aber hilfsweise aus, dass das bloße Halten des Handys an das Ohr (als Wärmeakku) für die Annahme eines Verstoßes auch genüge, da dann eine Hand (entsprechend des Schutzzwecks des Handyverbots) nicht frei sei und es nicht darauf ankomme, ob der Betroffene telefoniere oder sich nur das Ohr gewärmt habe.

Auf die Rechtsbeschwerde hin wurde die Entscheidung aufrecht erhalten. Begründet wurde dies zutreffend damit, dass der Betroffene nachweislich telefoniert hatte. Dies wurde durch eine glaubhafte Zeugenaussage der ermittelnden Polizistin erhärtet. Auf Fragen der Ernsthaftigkeit des Vortrages des Beschwerdeführers musste daher nicht mehr eingegangen werden.

Allerdings führte das Beschwerdegericht aus, dass das Ohrwärmen keine bußgeldbewehrte Handlung sei. Ansonsten würde eine verfassungswidrige Überdehnung des Bußgeldtatbestandes durchgeführt. Zwar genüge es, wenn der Betroffene das Mobiltelefon aufnimmt oder hält, nicht erforderlich sei dabei aber etwa, dass tatsächlich eine Telefonverbindung hergestellt werde. Entscheidend sei, dass der bußgeldbewehrte Nutzungsvorgang im weitesten Sinn mit der Kommunikation zu tun haben müsse. Daran habe es vorliegend gefehlt.

2.Fazit

Die vorliegende Entscheidung regt natürlich zum Schmunzeln an. Es soll dahin gestellt bleiben, inwieweit ein Handy als Wärmeakku gegen Wundschmerzen tauglich ist. Tatsächlich hatte der Betroffene zunächst selbst vorgetragen, einen Wärmeakku verwendet zu haben. Erst als nachgewiesen war, dass der Betroffene ein Handy in der Hand gehalten hatte, wurde neu vorgetragen. Mehr muss dazu wohl nicht gesagt werden.

Interessant ist, dass es der 2. Senat des OLG Hamm bisher (2 SS Owi 227/07) bereits genügen ließ, dass das Handy an das Ohr gehalten wurde. Denn anders als beim bloßen Ablegen oder Umlegen des Handys, das weder eine bestimmungsgemäße Verwendung oder Vorbereitung einer solchen Verwendung darstelle, sei dann eine Nutzung als Telefon nicht zu bezweifeln. Es lägen nämlich keine verständigen anderen Gründe vor. Dies sieht es nunmehr offenbar anders.

Die neue Entscheidung ist außerdem von Bedeutung, weil derselbe Senat früher für einen Verstoß bereits das bloße Ablesen der Handy-Uhrzeit genügen lies. Dies dürfte nach der neueren Entscheidung mangels kommunikativem Nutzungsvorgang (gegeben z. B. bei Versenden einer SMS, grenzwertig aber wohl zutreffend bei Nutzung der Organizer-Funktion, Auslesen eingegangener Anrufe) zu verneinen sein. Ebenso ist das Verbot übrigens nicht einschlägig, wenn etwa andere Geräte ans Gesicht gehalten werden (Rasierapparate etc.). Die Auslegung des Verbots bleibt im Detail spannend.

Wichtig ist, und insoweit Spielraum für eine Verteidigungsstrategie, dass das OLG zutreffend darauf hinweist, dass eine genaue Aufklärung, ob eine bzw. welche Handyfunktion genutzt wurde, unerlässlich sei. Hier ist es daher ratsam, wenn der Betroffene bis zur anwaltlichen Prüfung und gegebenenfalls Vertretung von seinem Schweigerecht Gebrauch macht und insbesondere Äußerungen gegenüber der Polizei unterlässt.


© RA Hans-Christoph Hellmann

Burgwedel, den 28.11.2007
Hans-Christoph Hellmann
Rechtsanwalt
RA Hellmann ist u. A. Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Verkehrsrecht und Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein. Darüber hinaus hat er den Fachanwaltslehrgang Versicherungsrecht erfolgreich absolviert.

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