Haftung für "Untat" eines Kleinkind

12. Juli 2014 Thema abonnieren
 Von 
Schmittchen
Status:
Frischling
(47 Beiträge, 19x hilfreich)
Haftung für "Untat" eines Kleinkind

Liebe Foristen,
zu folgendem Sachverhalt würde ich gerne die Meinung der Community kennenlernen:

Anne lässt ihren 2 1/2 jährigen Sohn Anton in der Obhut einer anderen erwachsenen Person zurück und verlässt das Haus, um rasch etwas einzukaufen.
Anton hat die glänzende Idee, vom Balkon der Wohnung kleine Kieselsteine über die Brüstung zu werfen. Die "Aufsichtsperson" bemerkt das nicht.

Als Anne von ihrem Einkauf zurückkommt, trifft sie auf den aufgebrachten Besitzer eines teuren Autos, der direkt unter dem Balkon geparkt hatte und der nun Schäden an Windschutzscheibe und Motorhaube geltend macht.
Anne hat (unverantwortlicher Weise) keine Haftpoflichtversicherung und sieht sich entsetzt einer Forderung im vierstelligen Bereich gegenüber.

Nun ist es aber so: Das beschädigte Auto war im Halteverbot abgestellt.

Meine Frage an die Forumsexperten ist diese: Hat Anne eine Chance, sich der Forderung des Autobesitzers zu entziehen, weil der verbotener Weise im Halteverbot geparkt hatte?
Zwar ist mir klar, dass dies eigentlich zwei verschiedene und nicht miteinander verbundene Rechtssachen sind (Parkverstoß; Sachbeschädigung).
Aber andererseits bin ich einigermaßen fest davon überzeugt, dass z. B. eine (hier nur einmal angenommene) Versicherung sich ihrer Verpflichtung entziehen würde unter Verweis darauf, dass das Auto im Halteverbot stand.
Vielleicht kann Anna auch so etwas erreichen?
Neugierig auf die Kommentatre grüßt
Schmittchen

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-- Editiert von Moderator am 12.07.2014 16:08

-- Thema wurde verschoben am 12.07.2014 16:08

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26 Antworten
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#1
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:
Hat Anne eine Chance, sich der Forderung des Autobesitzers zu entziehen, weil der verbotener Weise im Halteverbot geparkt hatte?


Das ist jetzt ein Scherz. Dann könnte man ja folgenlos jedes falschgeparkte Auto beschädigen.

Haften könnte hier das Kind, Anna und die Aufsichtsperson wegen Verletzung der Aufsichtpflicht.

Unter 7 Jahren sind Kinder nicht deliktsfähig, haften nicht.

Anna haftet auch nicht, auch nicht wegen Verletzung der Aufsichtspflicht. Sie war nicht da, wenn die Aufsichtsperson nicht ungeeignet, unfähig war, kein Auswahlverschulden vorliegt, haftet sie nicht.

Bliebe also nur eine Aufsichtspflichtverletzung der "Aushilfe". Wie sich das so liest, liegt das nicht vor. Das Kind war wohl nicht stundenlang unbeufsichtigt auf dem Balkon (?).

Das führt dann zu dem Ergebnis, dass hier niemand haftet. Auch eine Privathaftpflicht würde nicht eintreten. Dem Auto-Eigner wird das kaum vermittelbar sein, da ist also mit Ärger zu rechnen.

Aber davon unabhängig sollte man unbedingt eine Familien-Haftpflicht abschliessen, das ist keine Schleichwerbung, das ist eine der wichtigsten Versicherungen überhaupt. Da kann man auch - freiwillig - die Schäden einschliessen, die Kinder unter 7 Jahren verursachen.

Rechtlich ist das zwar nicht nötig, ethisch moralisch aber schon sehr beruhigend.

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1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Schmittchen
Status:
Frischling
(47 Beiträge, 19x hilfreich)

Unsterblich,
Dankeschön für die erhellende Auskunft. Demnach hat Anne wohl Chancen, ungeschoren davozu kommen. Kann ich denn hoffen, dass ein gegnerische rAnwalt o/u ein Gericht zu einer ähnlichen Auffassung kommt?
Dass Anne dringend eine Familienhaftpflicht-Versicherung braucht, hat die bereits verstanden.

Nein, ein Scherz war das eigentlich nicht, sondern eher wurde nach dem einzigen hier ersichtlichen Strohhalm gegriffen :-).

Ansonsten sind die Verweigerüngsgründe mancher Versicherungen dermaßen abstrus, dass ich es schon für sinnvoll hielt, diesem Gedanken einmal nachzugehen.
Nochmals: Danke & schönes Wochenende

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1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Kann ich denn hoffen, dass ein gegnerische rAnwalt o/u ein Gericht zu einer ähnlichen Auffassung kommt? <hr size=1 noshade>



Bei Anwälten weiss ich das nicht, aber Gerichte sind Recht und Gesetz unterworfen.

Das reduziert sich auf die Frage: Liegt eine Aufsichtspflichtverletzung vor?

Da fällt mir noch ein: Hat denn die "Aushilfe" eine Privat-Haftpflicht? Bitte mal lesen:

[URL=http://dejure.org/gesetze/VVG/100.html]§ 100 VVG [/URL]

Dann könnte man der den Vorfall melden und den gefrustetetn Autofahrer an die Versicherung verweisen.

quote:<hr size=1 noshade>Dass Anne dringend eine Familienhaftpflicht-Versicherung braucht, hat die bereits verstanden. <hr size=1 noshade>


Ja, sehr gut. Das kann im Extremfall existenzvernichtend sein, wenn man keine hat, nicht schleifen lassen.

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1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
epoeri
Status:
Lehrling
(1709 Beiträge, 408x hilfreich)

quote:
Das führt dann zu dem Ergebnis, dass hier niemand haftet. Auch eine Privathaftpflicht würde nicht eintreten.


In den neueren Privathaftpflichtverträgen kann man das Risiko "deliktunfähige Kinder" mitversichern (oder es ist automatisch drin), dann zahlt die PH, wenn die Haftungsfrage geklärt ist.

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1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119582 Beiträge, 39744x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Kann ich denn hoffen, dass ein gegnerische rAnwalt o/u ein Gericht zu einer ähnlichen Auffassung kommt? <hr size=1 noshade>

Der gegnerische Anwalt sollte unweigerlich zu der Auffassung gelangen wenn er seine Lizenz nicht in Lotto gewonnen hat.
Jedoch sollte man damit rechnen, das der gegnerische Anwalt gegnüber Anne etwas in die Richtung "Eltern haften für ihre Kinder" formulieren wird um sie zur Zahlung zu bewegen.
Das ist sein Job, dafür wird er bezahlt, die Interessen seines Mandanten (= Annes Gegner) bestmöglich zu vertreten.

Deshalb obliegt die Entscheidung in solchen Fällen dann auch den Objektiven, Neutralen Gerichten.





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"Meine persönliche Meinung/Interpretation! Im übrigen verweise ich auf §675 Abs. 2 BGB ."

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Methadir
Status:
Praktikant
(794 Beiträge, 406x hilfreich)

quote:
Demnach hat Anne wohl Chancen, ungeschoren davozu kommen.


Es gibt eigentlich nur wenige Chancen, wie Anne NICHT ungeschoren davonkommen könnte, denn Anne hat praktisch gar nichts mit der Sache zu tun. Drei Möglichkeiten, wie Anne nicht ungeschoren davonkommen könnte, fallen mir ein:

1) Anne lässt sich entgegen der absolut eindeutigen Rechtslage einschüchtern. -> Hängt an Anne.
2) Anne hat einen Komapatienten mit der "Aufsicht" betraut und bekommt deswegen eine Aufsichtspflichtverletzung. -> Kann Anne sich jetzt direkt selbst beantwortet. Ist aber unwahrscheinlich.
3) Der Autofahrer zieht vor Gericht, Anne nimmt/braucht einen Anwalt um sich vertreten zu lassen und der Autofahrer kann die Prozesskosten nicht bezahlen, nachdem er mit Pauken und Trompeten verloren hat. Dann könnte Anne auf dem Honorar ihres Anwalts sitzen bleiben.

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Schmittchen
Status:
Frischling
(47 Beiträge, 19x hilfreich)

Liebe Foristen,
nochmals tausend & einen Mal Dank für die ausführlichen Kommentare.
Es ist beruhigend, aus diesem schönen Beispiel von Schwarmintelligenz schließen zu dürfen, dass Anne wohl aus dem Schneider ist. Das wird ihr eine ruhige Nacht bescheren und auf der Basis der Hinweise wird sie wissen, was sie tun soll und was besser nicht.

Damit: Casa finita - und nochmals vielen herzlichen Dank, sagt
Schmittchen

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1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16471 Beiträge, 9286x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Damit: Casa finita <hr size=1 noshade>

Für Anne schon, aber für die Aufsichtsperson wohl noch nicht. Denn die wird sich gegenüber dem Autobesitzer des Vorwurfs erwehren müssen, die Aufsichtspflicht verletzt zu haben.


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Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB ."

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
reckoner
Status:
Philosoph
(13706 Beiträge, 4356x hilfreich)

Hallo,

quote:
Für Anne schon, aber für die Aufsichtsperson wohl noch nicht. Denn die wird sich gegenüber dem Autobesitzer des Vorwurfs erwehren müssen, die Aufsichtspflicht verletzt zu haben.
Aber da könnte das Parken im Halteverbot doch noch eine Rolle spielen.
Denn wenn es beispielsweise eine Örtlichkeit ist, an der ein Kleinkind normalerweise keine größeren Schäden anrichten kann, dann darf die Aufsicht auch entsprechend reduziert werden. Wenn nun jemand sein Auto dorthin stellt wo sonst nie eins steht (stehen darf!), dann könnte das damit seine Schuld sein.

Ich muss zugeben, dass ich sonst auch immer gesagt habe, dass es in der Regel unerheblich ist ob ein Fahrzeug falsch geparkt ist, man darf es natürlich trotzdem nicht beschädigen (Beispiel: Restbreite war nur noch 2 Meter und man schrammt an - in dem Fall hätte man einfach nicht fahren dürfen, das Argument "der stand aber falsch" zieht nicht).
Aber hier haben wir ja eine mittelbare Schädigung (die Aufsichtsperson schädigt - quasi über das Kind - den Fahrzeugbesitzer), da könnte das Falschparken imho schon eine Auswirkung haben.
Musste er damit rechnen, also musste er nach falsch geparkten Autos ausschau halten?

Stefan

1x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
BigiBigiBigi
Status:
Junior-Partner
(5398 Beiträge, 1813x hilfreich)

quote:
Hat Anne eine Chance, sich der Forderung des Autobesitzers zu entziehen, weil der verbotener Weise im Halteverbot geparkt hatte?
[...] Musste er damit rechnen, also musste er nach falsch geparkten Autos ausschau halten?


Es fehlt an der Kausalität - hätte man dort parken dürfen, wäre der Schaden genau so eingetreten.

Es ist wohl eher unwahrscheinlich, daß die Aufsichtsperson sich vorab Kenntnis über die Parksituation verschafft hat in der Absicht, zu bewerten, ob das Kind Steine schmeißen darf. Das wäre wohl lebensfremd und daher unglaubwürdig.

Immerhin ist das Verhalten des Kindes auch dann gefährlich, wenn dort überhaupt keine Parkmöglichkeit gewesen wäre und das Auto durchgefahren wäre, oder es wäre ein Fußgänger gewesen etc.

Von daher wird man eine Kausalität speziell des Falschparkens oder ein Nichtvorliegen einer Aufsichtspflichtverletzung nur wegen des Falschparkens wohl kaum behaupten können.

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1x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:
Von daher wird man eine Kausalität speziell des Falschparkens oder ein Nichtvorliegen einer Aufsichtspflichtverletzung nur wegen des Falschparkens wohl kaum behaupten können.




Ja, aber die Kausalität iust ja da, das lässt sich nicht bestreiten.

Die Frage ist, welchen Schutztzweck hat das Parkverbot. Darf man da nicht parken, weil Anton da immer seine Steine runter wirft?

Wenn das Sinn und Zweck des Parkverbots wäre, träfe den Halter ein Mitverschulden.

Da der Sinn und Zweck der Verbotsnorm ein völlig anderer ist, muss sich der Halter aber hier keine Mitschuld zurechnen lassen.

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1x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
reckoner
Status:
Philosoph
(13706 Beiträge, 4356x hilfreich)

Hallo,

quote:
Es ist wohl eher unwahrscheinlich, daß die Aufsichtsperson sich vorab Kenntnis über die Parksituation verschafft hat in der Absicht, zu bewerten, ob das Kind Steine schmeißen darf. Das wäre wohl lebensfremd und daher unglaubwürdig.
Doch, genau darauf wollte ich hinaus, ich finde das nicht unglaubwürdig.
Natürlich nicht konkret, ob das Kind Steine auf Autos schmeißt, sondern ganz allgemein, wie hoch das Risiko ist, wenn man dort Kinder spielen lässt. Da gibt es halt gefährliche Orte (im Wohnzimmer direkt neben der Vitrine mit den teuren Swarovski-Figuren), und eher ungefährliche (etwa in einem gewöhnlichen Garten). Ganz ausschließen kann man natürlich nichts, keine Frage, aber das muss man im Rahmen der Aufsichtspflicht auch gerade nicht.

Folgendes Beispiel habe ich mal bewusst extrem gewählt, um erstmal eine ziemlich eindeutige Situation zu beschreiben:
Ich darf wohl ein kleines Kind nicht unbeaufsichtigt mit dem Tretroller auf einem Parkplatz umherfahren lassen - auf einem Kinderspielplatz darf ich das aber durchaus.
Wenn nun jemand widerrechtlich sein Auto auf diesem Spielplatz parkt (und zwar ohne das ich es weiß, und es ist dort auch nicht regelmäßig so), dann kann der Autofahrer auch keinen Schadenersatz von mir fordern, wenn das Kind das Auto zerkratzt.

Nun mal etwas weniger Extrem, dafür aus der Realität: In meiner direkten Nachbarschaft gibt es eine Grundschule mit Pausenhof. Der Hof besteht aus einer großen geteerten Fläche und mehreren Rasenflächen, darauf sind dann einige Spielgeräte aufgestellt (Schaukel, Klettergerüst, Torwand etc.). Dort wird nun alles mögliche gespielt, vom normalen Schaukeln über Fussball bis hin zu Fahrradfahren.
Außerdem kann man das Gelände mit Autos befahren (manche dürfen das, grundsätzlich ist es jedoch nicht erlaubt - aber man kann , es gibt keine Schranken o.ä.).
Und da bin ich mir nun überhaupt nicht sicher, ob man kleine Kinder dort unbeaufsichtigt lassen darf (so ab Schulalter bin ich mir aber sicher, man darf:-).

Ich bleibe dabei, dass man in Schmittchens Fall klären müsste, ob die Aufsichtsperson dort mit parkenden Autos rechnen musste oder nicht, ähnliches gilt für das Steineschmeissen (ist das Kind dafür bekannt, dass es alle möglichen Dinge durch die Gegend wirft, oder ist es ein eher ruhiges Kind?).
Und vor allem, mit welcher Wahrscheinlichkeit jeweils.

quote:
Da der Sinn und Zweck der Verbotsnorm ein völlig anderer ist, muss sich der Halter aber hier keine Mitschuld zurechnen lassen.
Normalerweise würde ich dem zustimmen. Nur, hier geht es ja nicht um eine Mitschuld des Autofahrers, sondern nur um Schuld oder Nichtschuld der Aufsichtsperson. Und falls letzteres zutrifft, ist halt niemand schuld (bzw. nur das deliktunfähige Kind), der Autobesitzer hat dann Pech gehabt (umgangssprachlich: selbst Schuld).

Stefan

1x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
Schmittchen
Status:
Frischling
(47 Beiträge, 19x hilfreich)

Unsterblicher Reckoner, liebe Foristen,

da habe ich mich wohl zu früh aus dieser Debatte ausgeklinkt, indem ich causa finita erklärte.

Es erfüllt mich mit ungläubigem Staunen, was für vielschichtige Erwägungen aus einem so simplen Sachverhalt (wie der Handvoll geworfener Steinchen) resultieren / resultieren können.

Nun, da ich diese Vielschichtigkeit staunend mitansehen darf, dämmert mir langsam, wie offenkundig problematisch es ist oder zumindest sein kann, auch in vermeintlich einfachen Streitangelegenheiten Recht zu finden / zu sprechen ....

Jedenfalls ist dieser Thread (meiner laienhaften Meinung nach) eine unschätzbare Unterstützung für Klein-Antons geplagte Mutter bzw. ggf. für ihren Rechtsbeistand.

Wenn ich dran denke und sofern dies noch technisch möglich ist, würde ich an dieser Stelle den Ausgang der Geschichte posten, weil ich mir vorstellen kann, dass die beteiligten Foristen neugierig darauf wären.

Nochmals vielen herzlichen Dank sagt
Schmittchen

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1x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Wenn ich dran denke und sofern dies noch technisch möglich ist, würde ich an dieser Stelle den Ausgang der Geschichte posten, weil ich mir vorstellen kann, dass die beteiligten Foristen neugierig darauf wären. <hr size=1 noshade>



Hat denn nun die Aushilfe eine private Haftpflicht? Die sollte man dann unbedingt einschalten. Bevor man sich dem Geschädigten gegenüber positioniert.

Das wäre schon wichtig, § 832 BGB sieht nämlich eine Beweislastumkehr vor, d.h. das Verschulden der Aufsichtsperson wird zunächst vermutet.

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1x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
asd1971
Status:
Student
(2594 Beiträge, 994x hilfreich)

Wir sollten mal konkret werden: Steine aus einem Balkon schmeißen ist dämlich. Dabei ist unerheblich, ob ein Auto stand. Was wäre gewesen, wenn dabei eine Person getroffen wäre?

Das wird der Richter wohl dann ähnlich sehen.

Die Frage ist vielmehr, ob die Aufsichtsperson nun Ihre Aufsichtspflicht verletzt hat.

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1x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
reckoner
Status:
Philosoph
(13706 Beiträge, 4356x hilfreich)

Hallo asd1971,

quote:
Das wird der Richter wohl dann ähnlich sehen.
Erstmal hat ein Richter nicht zu urteilen, ob etwas dämlich ist, sondern nur ob es strafbar ist (im Strafverfahren) und/oder wer für den Schaden haften muss (im Zivilverfahren).
Außerdem ist solch' kindliches Handeln nicht dämlich (der Begiff ist unpassend), sondern ganz natürlich. Das Festlegen und Kontrollieren von Grenzen ist dann Aufgabe der Erziehung, wobei man den Kindern auch Freiräume zur Entwicklung geben muss und sicher nicht alles verhindern muss und kann.

quote:
Die Frage ist vielmehr, ob die Aufsichtsperson nun Ihre Aufsichtspflicht verletzt hat.
Und genau darüber reden wir doch schon die ganze Zeit. Irgendwie verstehe ich daher deinen Beitrag nicht.

Stefan

1x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
Schmittchen
Status:
Frischling
(47 Beiträge, 19x hilfreich)

Sorry, ASAP,
es hat ein Weilchen gedauert, diese Information zu beschaffen, weil der Ort des Geschehens weit entfernt von mir liegt und die Kommunikation nicht immer glatt läuft.
Also: Es ist wirklich nicht zu fassen, aber auch die Aufsichtsperson hat keine Haftpflichtversicherung.

Und was nun? Ich meine, was ändert sich damit für Anna?

Anna ist allerdings in einem beträchtlichen Zwiespalt: Einerseits kann sie nichts für die "Untat", weil sie ja abwesend war und Anton in sicherer Obhut wähnte, andererseits mag sie die beauftragte Person nicht in die Haftungspfanne hauen und so den ihr erwiesenen Gefallen übel vergelten.

Die Frage: Aufsichtspflicht verletzt oder nicht? ist IMHO schwierig zu beantworten. Man denke sich eine sorgengeplagte & mit ihrem Haushalt befasste Mutter, die aus Gefälligkeit einen weiteren "Floh" zu hüten versprach, und dieser Floh Anton läuft in einem unbeobachteten Moment auf den Balkon ... der Rest ist bekannt.

Bei diesem sehr alltäglichen Szenario schwant mir nichts Gutes, wenn ich lese, dass die Beweislast umgekehrt wäre, d. h. die Aufsichtsperson die Erfüllung ihrer Aufsichtspflichten zu beweisen hätte.
Diese Umkehrung bedeutet m. E. schon die sichere juristische Niederlage (in einer gedachten Auseinandersetzung), denn wie schützt man sich denn vor dem Killerargument, dass die "Untat" für sich genommen schon ausreichender Beweis für eine Vernachlässigung der Aufsichtspflicht sei?

Wie also sollten sich die unglückliche Aufsichtsperson o/u Anna denn jetzt positionieren, damit der Kelch der Schadensersatzforderung an ihnen vorübergeht?

Fragt die Community etwas ernüchtert & deprimiert
Schmittchen

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1x Hilfreiche Antwort

#18
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Und genau darüber reden wir doch schon die ganze Zeit. Irgendwie verstehe ich daher deinen Beitrag nicht. <hr size=1 noshade>



Da hat er aber völlig Recht. zu prüfen ist hier nicht der Schutzzweck irgendwelcher Verkehrsschilder sondern der Tatbestand des § 832 BGB .

Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde .

Das ist eine Beweislastumkehr, das muss man sehen.

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1x Hilfreiche Antwort

#19
 Von 
Schmittchen
Status:
Frischling
(47 Beiträge, 19x hilfreich)

Unsterblicher ASAP,
Dankeschön für den Gesetzestext.
Aber man wähle unter folgenden Alltagsszenarien: die beauftragte Person geht eben mal auf die Toilette oder es klinget an ihrer Tür oder sie bekommt einen Anruf oder die Milch kochte soeben über oder eines ihrer eigenen kinder schreit ... welcher vernünftige Christenmensch wird einer solchen Frau eine Verletzung ihrer Aufsichtspflicht plus Schadensersatzforderung anhängen wollen, einzig weil sie kurz abgelenkt war und ergo Anton den Freiraum für seine Untat bekam?

Natürlich ist mir das Verursacherprinzip geläufig. Aber **** happens sometimes ...
deprimiert
Schmittchen

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1x Hilfreiche Antwort

#20
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Natürlich ist mir das Verursacherprinzip geläufig. Aber **** happens sometimes ...
deprimiert <hr size=1 noshade>


Deinen Beitrag oben hatte ich gar nicht gesehen, meiner war auf diese unsinnige Verkehrsschilddiskussion gemünzt.

Also Anna und klein Anton haften sicher nicht.

Ob, ich nenne sie mal Berta, eine Aufsichtspflichtverletzung vorzuwerfen ist, mit der Folge der Haftung, hängt davon ab. Es macht keinen Sinn, die Beteiligung zu verschweigen.

Das Poblem mit der Beweislastumkehr hast du erkannt.

Du kannst ja selber googeln, das ist Tatfrage. Balkon ist ja nicht zuletzt auch für das Kind nicht ungefährlich, je nachdem wie das konkret aussieht. Wenn das wie ein Laufstall aussieht, ohne Klettermöglichkeit, wäre es kein besonders gefährlicher Bereich.

Das Unmögliche wird zur Einhaltung der Aufsichtspflicht nicht verlangt, der BGH sieht das recht vernünftig:

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und vgl. Senatsurteil vom 24. März 2009 - VI ZR 199/08 , VersR 2009, 790 Rn. 8 mwN).


Damit kann man konkret zwar wenig anfangen, aber dass Berta nicht dabei war, als Anton die Steine geworfen hat, darf man ja zulässigerweise unterstellen.

Wenn sie aus nachvollziehbaren Gründen, sie trägt ja keine Windeln, Anton ist da im Vorteil, kurz um die Ecke war, wird man ihr das glauben müssen. Eine Aufsichtspflichtverletzung lässt sich daraus dann nicht ableiten. Das war eben Kleinkindverhalten, das ist bedauerlich, passiert eben und lässt sich manchmal nicht ändern.

Falls es der Auto-Eigner wissen will, wird das aber ein Gericht entscheiden, das sich dann auch mit dem "Tatort" beschäftigt. Auch deshalb wäre es nicht gut, Berta's Anwesenheit zu verschweigen.

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-- Editiert asap am 14.07.2014 15:06

1x Hilfreiche Antwort

#21
 Von 
Schmittchen
Status:
Frischling
(47 Beiträge, 19x hilfreich)

Liebe Foristen,
auf die bereits mehrfach aufgeworfene Frage nach der Position der Aufsichtsperson kann ich inzwischen besser antworten.

Diese Lady war auf dem erwähnten Balkon, um Wäsche aufzuhängen. Aus Aufsichtsgründen hatte sie Anton "bei Fuß". Jedoch: Beschäftigt mit den Wäschestücken und z. T. auch weil ihr von der Wäsche ein bisschen die Sicht genommen war, konnte Anton zur Tat schreiten.

mit den Kieseln hat es folgende Bewandtnis: Der Balkon ist mit Platten ausgelegt. Da diese mit der Brüstungswand nicht bündig sind, wurde der Spalt mit Kieseln (soweit auf einem Foto zu erkennen der Größe 0,5-2 cm Durchmesser) gefüllt - ein im Hausbau geläufiges Verfahren.
Ein Handgriff von Anton genügte da ... der Rest ist Geschichte.

Würde man bei diesem Ablauf von einer vernachlässigten Aufsichtspflicht sprechen müssen, oder war es einfach "bad luck"?
fragt neugierig
Schmittchen

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1x Hilfreiche Antwort

#22
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Würde man bei diesem Ablauf von einer vernachlässigten Aufsichtspflicht sprechen müssen, oder war es einfach "bad luck"? <hr size=1 noshade>



Dann ergibt sich das doch sogar direkt aus § 832 I 2 BGB :

Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde .

Diese Blitzaktionen von kleinen Kindern kennt man ja, da ist man manchmal machtlos. Man kann (und darf) die Kinder ja nicht in Handschellen legen.

Dann hat der Auto-Eigner dann leider Pech.

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1x Hilfreiche Antwort

#23
 Von 
reckoner
Status:
Philosoph
(13706 Beiträge, 4356x hilfreich)

Hallo,

also das sich die Aufsichtsperson auch auf dem Balkon befand ist imho nicht ganz so gut. Denn erstens hat sie dann vermutlich das parkende Fahrzeug gesehen und hätte eine entsprechende Gefahr berücksichtigen können, vielleicht müssen (wie ich schon weiter oben sagte: Kinder auf einem Parkplatz umherfahren lassen geht nicht, vergleichbar hier: Kinder in Wurfweite zu einem Auto spielen lassen). Da spielt es dann auch wirklich keine Rolle mehr, dass dort Parkverbot war (ich war bisher davon ausgegangen, dass das Auto dort für die Aufsichtsperson nicht sichtbar stand, und sie einfach davon ausging, dass dort kein Auto stehen kann/darf).

Außerdem wäre ein Kind allein auf dem Balkon auch besser für die Einschätzung, ob die Aufsichtsperson das ganze hätte bemerken müssen oder nicht. Beispiele:

- wenn sich eine Mutter neben ihrem Kind sonnt und dabei etwas einschläft, könnte das eine unzureichende Aufsicht sein (es reicht nämlich nicht, nur anwesend zu sein, sondern man muss auch schon wirklich aufpassen - können)
- wenn die Mutter mit auf dem Balkon ist, beispielsweise ein Buch liest, und dabei immer mal wieder einen Blick zu dem Kind wirft, dann reicht das - selbst wenn sie es im Fall der Fälle nicht schafft, schnell genug beim Kind zu sein (natürlich sollte sie merken und entsprechend reagieren, wenn das Kind anfangt, sich mit den Steinchen zu beschäftigen)
- wenn die Mutter hingegen für eine kurze Zeit den Balkon verläßt (etwa weil der Paketbote klingelt) und außerdem das Kind dort sonst immer ruhig und ordentlich spielt, dann dürfte das auch OK sein

Auf den aktuellen Fall bezogen müsste man auch fragen, ob sich die Aufsichtsperson durch die Hausarbeit zu sehr ablenken lies, auch im Punkto Sichtbereich.

Abschließend sehe ich aber noch alles im grünen Bereich, ich möchte wetten, dass der Autobesitzer den Schaden alleine tragen muss (bzw. seine Vollkaskoversicherung).

Stefan

1x Hilfreiche Antwort

#24
 Von 
Schmittchen
Status:
Frischling
(47 Beiträge, 19x hilfreich)

Liebe Foristen,
in einem meiner letzten Beiträge zum Thema "Untat Antons" hatte ich die Verpflichtung übernommen, das Forum zu informieren, sollte sich in dieser Angelegenheit etwas ergeben. Dieses Versprechen löse ich hiermit ein.

Die Sache hat sich iun der Tat in "Wohlgefallen" aufgelöst, allerdings in einer ebenso überraschenden wie unvorhersehbaren Weise:
Die Kostenerstattung für den geschädigten Autobesitzer hat nämlich die Haftpflicht der Angestellten des Frauenhauses übernommen.
Ich frage lieber nicht danach, wie gegenüber jener Versicherung argumentiert wurde - jedenfalls ist damit Anto in jeder Weise aus dem Schneider.
Wie sagt Singer so schon in einer seiner Erzählungen: "Diese Welt ist voller Wunder!"

Nochmals Danke an alle Foristen, die sich zu dieser Angelegenheit äußerten und der Anton-Partei damit unschätzbare Hilfe leisteten, sagt
Schmittchen

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1x Hilfreiche Antwort

#25
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119582 Beiträge, 39744x hilfreich)

Wirklich überraschende Wendung...


Danke für die Rückmeldung.





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"Meine persönliche Meinung/Interpretation! Im übrigen verweise ich auf §675 Abs. 2 BGB ."

1x Hilfreiche Antwort


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