Haftung des Reiseveranstalters für Bahnverspätungen beim Rail & Fly Ticket

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Der Bundesgerichtshof (BGH) stärkte jüngst die Rechte von Reisenden bei Angebot eines so genannten Rail & Fly-Tickets: In einem vom BGH entschiedenen Fall verlangte die Klägerin von der beklagten Reiseveranstalterin die Erstattung von Zusatzkosten und Aufwendungen, die ihr wegen eines verpassten Fluges entstanden sind.

Sie hatte bei der Beklagten eine All-Inclusive-Flugpauschalreise von Düsseldorf nach Samaná in der Dominikanischen Republik gebucht.

Der Hinflug sollte am 19.06.2007 um 11.15 Uhr starten. Für die Anreise zum Flughafen nahm die Klägerin das "MEIER`S WELTREISEN Rail & Fly Ticket" in Anspruch. Zu diesem Ticket wurde in der Katalogbeschreibung und in einem der Klägerin ausgehändigten Informationsblatt der Beklagten ausgeführt:

Daniel Hesterberg
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seit 2009
Rechtsanwalt
Marktstraße 17/19
70372 Stuttgart
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Preis: 60 €
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"Kein Stress und kein Stau mit dem ‚MEIER"S WELTREISEN Rail & Fly Ticket". Bei jeder Flugbuchung aus diesem Katalog ist das ‚MEIER"S WELTREISEN Rail & Fly Ticket" 2. Klasse der Deutschen Bahn AG zum Flughafen bereits im Preis enthalten! … Bitte wählen Sie Ihre Verbindung möglichst so, dass Sie den Abflughafen spätestens zwei Stunden vor Abflug erreichen.. .".

Die Klägerin wählte einen Zug aus, der planmäßig um 9:08 Uhr am Flughafen Düsseldorf ankommen sollte. Tatsächlich erreichte sie den Flughafen infolge einer Zugverspätung erst um 11.45 Uhr und verpasste den Hinflug der gebuchten Reise. Nach Rücksprache mit der Beklagten reiste sie mit der Bahn nach München und flog von dort aus am nächsten Tag in die Dominikanische Republik.

Die Vorinstanzen haben der Klage auf Rückerstattung der Zusatzkosten für die geänderte Anreise sowie Ersatz der hierdurch entstandenen Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung und Taxi stattgegeben.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten - der Reiseveranstalterin - gegen das Urteil der Vorinstanz zurückgewiesen.

Die Beklagte hat aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Reisenden mit ihrem Gesamtverhalten den Eindruck vermittelt, dass sie den Bahntransfer als eigene Leistung anbiete und für den Erfolg einstehen wolle. Das Berufungsgericht hat die Bezeichnung des Tickets, die Bewerbung als "bequemen Anreiseservice von MEIER`S WELTREISEN" und den Umstand, dass der Transfer im Gesamtreisepreis enthalten ist, zutreffend als Indizien für eine Eigenleistung gewertet. Dass die Auswahl der Bahnverbindung zum Flughafen dem Reisenden überlassen ist, führt jedenfalls dann nicht zu einer anderen Beurteilung, wenn der Reiseveranstalter - wie hier - den Transfer ausdrücklich als eigene Leistung bewirbt, die Vorzüge gegenüber anderen Anreisemöglichkeiten hervorhebt und detaillierte Hinweise zur Auswahl der Bahnverbindung gibt.

Da die Klägerin ihre Anreise mit dem Zug gemäß den Vorgaben der Beklagten hinreichend sorgfältig geplant hatte, muss die Beklagte für die Mehrkosten im Wege der Abhilfe nach § 651c BGB der wegen des verspäteten Bahntransfers geänderten Anreise zum Reiseziel aufkommen. Über Schadensersatz- und Minderungsansprüche war im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Oktober 2010 - Xa ZR 46/10

Zur Klarstellung:

Der Reisevertrag ist ein besonderer Werkvertrag, der im Gegensatz zum Dienstvertrag einen Erfolg verspricht, hier also die Erbringung einer Reise, einer Gesamtheit von Einzelleistungen, wie Hotel, Flug und letztlich auch Zubringerfahrten mit der Bahn.

Die Erklärung, nur Verträge mit den Personen zu vermitteln, welche die einzelnen Reiseleistungen ausführen sollen (Leistungsträger wie der Hotelbetreiber, die Fluggesellschaft etc.), bleibt unberücksichtigt, wenn nach den sonstigen Umständen der Anschein begründet wird, dass der Erklärende vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringt. So lag der Fall hier.

Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.

Ist die Reise nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der Reisende Abhilfe verlangen. Der Reiseveranstalter kann die Abhilfe verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.

Leistet der Reiseveranstalter nicht innerhalb einer vom Reisenden bestimmten angemessenen Frist Abhilfe, so kann der Reisende selbst Abhilfe schaffen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Abhilfe von dem Reiseveranstalter verweigert wird oder wenn die sofortige Abhilfe durch ein besonderes Interesse des Reisenden geboten wird.

Hier hatte man sich auf Seiten der Klägerin mit der Reiseveranstalter derart auf eine Abhilfe geeinigt, jedoch nicht auf einen Aufwendungsersatz. Da eine sofortige Abhilfe durch ein besonderes Interesse der Klägerin gerechtfertigt war, bedurfte es keiner Fristsetzung.

Wichtig ist im Reiserecht noch folgendes: Sie müssen nach vertragsgemäßem Ende der Reise Ihre Gewährleistungsansprüche (Minderung, Abhilfe und Ersatz der Aufwendungen, Kündigung und Schadensersatz) binnen einer Monatsfrist zwingend anmelden, sonst sind Sie damit rechtlich ausgeschlossen.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt


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