Gnadengesuch – Aussicht auf Strafmilderung?

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Die Voraussetzungen für einen Gnadengesuch im Strafvollzug

Ein rechtskräftig verhängtes Urteil kann in der Praxis bestimmte Härten und Missstände verkennen, da bestimmte Umstände des Verurteilten in rechtlicher Hinsicht nicht berücksichtigt werden können. Des Weiteren können gewisse Umstände, die eventuell nachträglich eingetreten sind, nicht beachtet werden. Jede Entscheidung umfasst nur Umstände, die bis zur Verkündung vorgetragen wurden. Als Kompensation hierzu besteht das Gnadenrecht, dass eine individuell gerechte Entscheidung gewährleisten soll.

“Grundsätzlich besteht für niemanden ein Recht auf Gnade"

Ein Gnadengesuch kann ausschließlich erfolgen, wenn das förmliche Recht nicht dazu geeignet ist, zur Gerechtigkeit zu Verhelfen. Die Gnadenstelle ist nicht wie Gericht und Staatsanwaltschaft an Recht und Gesetz gebunden, sondern an eine Gnadenordnung, die vom jeweiligen Bundesland bestimmt wird.

Grundsätzlich besteht für niemanden ein Recht auf Gnade. Die Entscheidung ist vom Wohlwollen der Gnadenstelle abhängig, woher auch das Sprichwort „Gnade vor Recht“ folgt. Allerdings haben sich in der Praxis Fälle entwickelt, in denen eine Begnadigung besonders häufig erfolgreich ist.

Erkrankungen, Therapie, Betreuung

Besonderen Umstände, die zu einem erfolgreichen Gnadengesuch führen können, sind z. B.:

  • schwerwiegende Erkrankungen
  • kranke Familienangehörige, deren Betreuung nicht anderweitig gewährleistet werden kann
  • z.T. auch der Verlust eines Arbeitsplatzes
  • unter bestimmten Voraussetzungen: Therapie statt Strafe gem. § 35 BtMG
  • Reue der Tat
  • das Verhalten im Vollzug

Rechtliche Möglichkeiten müssen voll ausgeschöpft sein

Diese Umstände müssen allerdings schwerwiegend sein und sind daher detailliert zu belegen. Es ist empfehlenswert, diese im Vorhinein von einer rechtlichen Beratung überprüfen zu lassen. Wichtig ist nämlich auch, dass das Ziel des Antrags nicht durch andere gesetzliche Bestimmungen bezweckt werden kann. Die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten müssen also vollkommen ausgeschöpft sein, um einen erfolgreichen Gnadenantrag stellen zu können.

Die Folge eines Gnadengesuchs ist häufig nicht der vollständige Erlass einer rechtskräftigen Strafe, sondern ein Haftaufschub/Strafaufschub. Auch wenn der Gnadenantrag abgelehnt werden sollte, erreicht man ohnehin allein durch den Antrag eine Hemmung der Vollstreckung gem. § 5 Abs. 2 GnO und hiermit auch einen Haftaufschub von ca. 2 – 6 Monaten.

Zu beachten ist auch, dass eine Gnadenentscheidung allerdings auch widerrufen werden kann, sofern erteilte Bewährungsauflagen und andere Weisungen nicht befolgt werden. In solchen Fällen wird den Verurteilten die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, um die Umstände ausführlich darzulegen. Aufgrund der drohenden Sanktionen ist es auch hier empfehlenswert, die komplexe Stellungnahme mittels eines Verteidigers verfassen zu lassen.