Glaubenskämpfe

Mehr zum Thema: Grundrechte, Verfassung
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Heute wird im Namen des Glaubens viel Unglück über die Welt gebracht. Ein weniger dramatischer Sektor ist der Meinungskampf zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften. Insbesondere Scientology, aber die Gemeinschaft „ universelles Leben“ klagen immer wieder vor Gericht.

Der VGH München hat sich abermals mit diesem Thema zu beschäftigen gehabt. VGH München NVwZ RR 2006.587

Neu ist an dieser Entscheidung, dass er von Religionsgemeinschaften gewisse Bindungen im Glaubenskampf fordert,obwohl diese nicht Adressat der Grundrechte, sondern selbst Grundrechtsträger sind.

Ein angemessener Grad an Sorgfalt,Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit wird den kirchlichen Sektenbeauftragten abverlangt, weil

  • Es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt, die zwar nicht unmittelbar an Grundrechte gebunden ist, aber als Körperschaft des öffentlichen Rechts Achtung vor fundamentalen Rechten der Rechtsgemeinschaft als Bestandteil der verfassungsmässigen Ordnung haben soll
  • Der Sektenbeauftragte einer Kirche gesteigertes Vertrauen in der Öffentlichkeit geniesst und deswegen erhöhter Veranwortung unterliegen soll

Deswegen sind unzulässig:

  • falsche Tatsachenbehauptungen
  • Angriffe auf die Menschenwürde
  • Formalbeleidigungen/li>
  • Behauptungen, die einen angemessenen Grad an Sorgfalt,Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit vermissen lassen.

Der letztere Punkt ist der wichtigste, denn die anderen werden im Glaubens-und Meinungskampf seltener realisiert werden. Der VGH erweckt den Eindruck, als wenn im einem hoch-emotionalen Bereich gewisse Grundsätze von Rationalität Einzug finden sollten, quasi als Bestandteil des inneren Friedens.
Als es aber an die Subsumtion geht, ist das alles mehr oder weniger vergessen. „Totalitäre Psychosekte“ wird als zulässige Glaubens-und Meinungsäusserung gewürdigt. In Übereinstimmung mit dem BVerfG – E 105.202- wird behauptet, derartige Äusserungen bewegten sich im Rahmen einer sachlich geführten Informationstätigkeit.
Die reale Nachteile aufgrund solcher Zuschreibungen werden von der Rechtsprechung eher ignoriert: Konten aufgelöst, Wohnungen oder Arbeitsverhältnisse gekündigt, Aufträge nicht vergeben, Säle nicht vermietet. Der Anti-Diskrimierungsstruktur des Grundgesetzes, Art. 3 Abs. 3, 33 Abs. 3, 140 i.V.m. Art. 136 WRV werden solche Subsumtionen nicht gerecht.

Rationaler Umgang wird postuliert, aber nicht unbedingt praktiziert. Letztlich könnte man dies nur beurteilen, wenn man die Erkenntnisse des Gerichts im Detail kennen würde, die es zu diesem Abwerturteil kommen lassen. Diese Behauptung, es handele sich um eine pejorative Bewertung jedenfalls ist abweggig.