Gesetzgeber regelt die Zwangsbehandlung psychisch Kranker neu

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Medizinische Zwangsbehandlung psychisch Kranker im Betreuungsrecht wieder möglich?

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 20.6.2012 eine Zwangsbehandlung für Psychisch Kranke im Betreuungsrecht zum wiederholten Male abgelehnt (BGH, Az.: XII ZB 99/12). Der Gesetzgeber hat darauf mit dem Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme reagiert und die Zwangsbehandlung in § 1906 BGB neu geregelt. Von dieser betreuungsrechtlichen Regelung zu unterscheiden sind ärztliche Eingriffe ohne Einwilligung des Patienten nach den Psychisch-Kranken-Gesetzen der Länder.

Einwilligungsfähige Patienten dürfen nicht zwangsbehandelt werden

Was müssen Sie als behandelnder Arzt, Betreuer oder Angehöriger eines psychisch Kranken wissen? Die Ablehnung einer sinnvollen ärztlichen Behandlung eines einwilligungsfähigen Kranken rechtfertigt keine Zwangsbehandlung. Neben einer Einwilligungsunfähigkeit des Kranken muss die ärztliche Behandlung notwendig sein, um einen erheblichen Gesundheitsschaden abzuwenden. Die Zwangsbehandlung ist nur zulässig nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten. Deshalb muss neben einer für den Kranken positiv ausgehenden Nutzen-Risiko-Abwägung auch versucht werden, den Kranken vorher von der Notwendigkeit der ärztlichen Behandlung zu überzeugen.

Thomas Stein
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Brauhofstraße 7
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Eine Zwangsbehandlung erfordert eine richterliche Genehmigung

Soll eine medizinische Zwangsbehandlung durchgeführt werden ist immer eine richterliche Genehmigung erforderlich, auch wenn es sich um eine eilbedürftige Behandlung handelt. Auf keinen Fall reicht eine Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbehandlung aus. Das Gericht wird nach Antragseingang und in dringlichen Fällen sofort ein ärztliches Zeugnis einholen und nach Anhörung des Betroffenen entscheiden. Die gerichtlich genehmigte Zwangsbehandlung ist im Eilverfahren auf zwei Wochen begrenzt. Der von einer medizinischen Zwangsmaßnahme Betroffene kann sich mit anwaltlicher Hilfe erfolgreich gegen die gerichtliche Entscheidung mit dem Rechtsmittel der Beschwerde wenden. Das ist möglich, wenn die Zwangsbehandlung nicht im Rahmen einer Unterbringung angeordnet wurde oder die Nutzen-Risiko-Abwägung zuungunsten des Kranken ausgeht.

Derzeit sind die Anforderungen an eine ärztliche Zwangsbehandlung nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz geringer als im Betreuungsrecht. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesländer die Regelungen im Psychisch-Kranken-Gesetz an die neuen Regelungen im Betreuungsrecht anpassen.