Geheimnisverrat – Dienstgeheimnis – Ende der Karriere?

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von den letzten Dingen ... im Strafprozess

Nein, hier geht es nicht um die verniedlichend „Schlapphüte" genannten Staatsschützer, Verfassungsschützer, Nachrichtendienste. Mehr als 30 solcher Dienststeller gibt es in der Bundesrepublik. Mehr oder weniger koordiniert. Eher aber weniger, wie die Öffentlichkeit in den letzten Jahren leidvoll zur Kenntnis nehmen musste.

Es geht um die Letzten in der verhängnisträchtigen Kette, die Beamten vor Ort. Die Polizisten, Zoll- und Finanzbeamten, Fahnder und Ermittler der Kripo und der Landeskriminalämter, des BKA. Meine speziellen Mandanten/innen eben. (Aber auch die auf der "anderen" Seite.)

Willy Burgmer
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seit 2012
Rechtsanwalt
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41812 Erkelenz
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Antwortet: ∅ 6 Std. Stunden

Die unterliegen einer beamtenrechtlichen Schweigepflicht, die sogar bis in den Gerichtssaal ausstrahlt und direkte Auswirkungen auf einen Strafprozess hat, für den sie als Zeuge geladen sind.

Ohne Aussagegenehmigung dürfen Beamte keine Aussage vor Gericht tätigen

Jedem Strafverteidiger ist es schon widerfahren, dass der Zeuge der Anklage (den es natürlich so gar nicht gibt) ein Polizeivollzugsbeamter ist. Und das erste, wonach die Richterin fragt, ist die so genannte Aussagegenehmigung. Damit sind wir schon beim Punkt.

Ohne diese Genehmigung des Dienstherrn, vertreten durch den Dienstvorgesetzten, geht nämlich gar nichts. Soweit so gut. Das ist Standard.

Interessant für Strafverteidiger, Staatsanwalt und Gericht wird es aber erst dann, wenn der Zeuge, nennen wir ihn Kriminalhauptkommissar Müller. Bei den o.g. Nachrichtendiensten heißen die fast alle so – aber das ist eine andere Geschichte. Honi soit qui mal y pense.

Wenn also KHK Müller gerade noch bereit ist, seinen Namen und ladungsfähige Anschrift seiner Dienststelle zu nennen, dann aber mitteilt, er habe keine Aussagegenehmigung: Punkt, Ende. Erstmal Schweigen im Gerichtssaal.

Aber er muss doch, denkt die Staatsanwältin und blättert im Gesetz. Oder doch nicht, fragt sich die Richterin? Der Protokollführer weiß Rat: Hatten wir schon mal, er kann sich auf § 54 Absatz 1 StPO in Verbindung zu § 37 Abs. 3 i.V.m. § 37 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz berufen.

Haben wir doch alles beachtet, so die Richterin: In der Vorladung lag zugleich der Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Aussage. Und im Übrigen: Die Aussagegenehmigung gilt doch grundsätzlich als erteilt in Strafsachen, in denen KHK Müller von Amts wegen mitgewirkt hat.

Keine Aussagegenehmigung bei Gefahr für das Wohl des Bundes oder Bundeslandes

Das ist dann die Stunde des Verteidigers: Diese grundsätzliche Genehmigung gilt nicht für die Fälle, in denen die Aussage der Beamtin oder des Beamten dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes erhebliche Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde.

Aber wo steht denn das und vor allem: Wann ist das Wohl von Bund und Land gefährdet?

Wo steht das? Nirgendwo „steht das"!

Allenfalls „fündig" wird der versierte Jurist in § 96 StPO, der aber so gar nicht vom Wortlaut auf unseren KHK Müller passt. Der aber im Ergebnis dazu führt, dass auf dem ganz großen Dienstweg, nichts anderes ist mit der „Erklärung der obersten Dienstbehörde" gemeint, das Innenministerium höchst selbst verlautbart, dass KHK Müller als Zeuge nicht gefordert werden darf, über das Zustandekommen dieser oder jener Erkenntnis auszusagen.

Machen wir es kurz: Ein erfahrener Verteidiger kann auch diese ministerielle Erklärung auf Belastbarkeit testen. Das „in-camera-Verfahren" nach § 99 Abs. 2 VwGO wäre ein Weg.

In der Praxis kann der Verteidiger jedenfalls erheblichen Einfluss zumindest auf die Strafzumessung mit Option gegen Null nehmen, wenn die Anklage überwiegend auf sog. V-Personen oder gar verdeckten Ermittlern oder noch geheimeren Vorgängen beruht. Vorausgesetzt eben, deren Offenlegung dem Wohl des Bundes oder eines Landes erhebliche Nachteile bereiten würde.

Das aber für die Verteidigung rechtsstaatlich auszureizen, ist „verdammte Pflicht und Schuldigkeit" des Verteidigers, bevor er dann gehen kann. (Schiller in Fiesko III 4 1783), leicht abgewandelt.

Man wird ja noch fragen dürfen!
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