In 6 Tagen habe ich eine Anhörung auf der sehr wahrscheinlich ein Gerichtsverfahren droht!
Anschuldigungen:
a) Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ( Polizisten)
b) Körperverletzung ( Mister X ???)
c) Hausfriedensbruch ( Lokalbesitzer)
Am 7.12. gingen ich und ein Freund. Beide gehörlos in eine bekannte Kneipe nähe Leopoldstr/ München.
Wir unterhielten uns in Gebärdensprache ( Zeichensprache) und tranken Bier. Es war ca. 19 Uhr.
Schon kurz darauf zeigte sich - für uns visuell stark bemerkbar-, dass über die Hälfte der anderen Gäste ringsum Stammgäste waren. Die Kellner/inen und der Geschäftsführer verkehrten mit diesen Gästen scheinbar gern. ( Erkennbar an: Lebhafte Begrüssungen, "Bussi-Bussi-Begrüssungen", Kunden durften hinter die Theke).
Wir, die zwei in Gebärdensprache Kommunizierende, zogen sogleich die Aufmerksamkeit auf sich. Die Menschen ringsum gestikulierten albern mit den Händen und lachten herzhaft über ihre gegenseitigen Späße. So ging es stundenlang und uns machte es nichts aus, denn wir waren es schließlich gewohnt in dieser Form, von Kindesbeinen an, diskriminiert zu werden.
Auch nicht als der Geschäftsführer auf dem Klo zu mir, mit übertriebenem Mundbild und Händefuchteln, gegenüber äußerte:
"Was wollt ihr 2 Tabstummen den hier?"
( Anmerkung: "Taubstumm" ist ein altertümlicher Begriff und gilt als schlimmstes Schimpfwort in der Gebärdensprachgemeinschaft. Der Vergleich einen Farbigen "Nigger" zu rufen kommt dem gleich!
Die Erklärung dafür ist, dass wir zwar taub sind, aber nicht "stumm"! Wir können sprechen. Zwar nicht in der deutschen Lautsprache - Jedoch in der, vor kurzem erst staatlich anerkannten, Gebärdensprache!)
Die Antwort auf dessen Frage, die ich eindeutig von den Lippen lesen konnte, gab ich trotzdem lächelnd und gebärdete: "Bier trinken!"
Dann kam Mister X. Ebenso einer von den „Stammkunden“! Mister X kam auf uns zu und sagte ( ebenso gut von den Lippen lesbar!): "Bei Hitler wäre das kein Problem gewesen! Da wärt ihr schon längst abgeschlachtet!" Und er zog an uns vorbei.
Betroffen, aber beherrscht, tranken wir weiter und es kamen noch vier Freunde hinzu. Hin und wieder gab es Unterbrechungen, in denen Mister X das Glas in unsere Richtung hob und uns "unverständliches Gebrabbel" und Blicke zuwurf. Den Höhepunkt erreichte diese Situation, als Mister X "versuchte unsere Gebärdensprache" zu imitieren. Er fuchtelte mit beiden Armen/ Händen in der Luft herum. Die Handformen beider Hände jedoch zeigte "den Stinkefinger".
Wir ließen ihn stehen und feierten bis in die Nacht. Mister X scheinbar ebenso. Die entscheidende Szene vollzog sich etwa so:
Das Lokal wurde immer voller. Viele Menschen mussten dicht Haut an Haut stehen, weil es nicht genug Sitzplätze gab. Mister X kam vom Klo und versuchte sich seinen Weg durch die Menschen zu bahnen. Er geriet unglücklicherweise an meinen Freund, mit dem ich gekommen war. Beide lieferten sich sofort ein heftiges "Wortgefecht" ( wenn man dies so nennen kann! Mein Freund versuchte jedoch im Streit die Lautsprache zu betätigen!)
Ehe jemand Eingreifen konnte, schlug Mister X meinen Freund mit der Faust ins Gesicht und fiel zu Boden. Er stand sofort auf und beide gerieten wieder aneinander. Ich schreitete ein und drückte beide( mit beiden Handflächen auf die jeweiligen Brust) auseinander. Nun schlug Mister X mich. Ich fiel zu Boden. Als ich wieder auf den Beinen war ging der Geschäftsführer und seine Mitarbeiter dazwischen. Er schlichtete den Streit, ging zu Mister X, hörte sich seine Geschichte an. Es kam uns wie ein Gespräch unter Bekannten vor. Dann kam der Geschäftsführer zu uns. Er schrie uns an und rief: "Raus! Aber schnell!" - Wir versuchten vergeblich mit ihm ins Gespräch zu kommen, schließlich waren wir die die den ganzen Abend "gehänselt" und am Ende auch noch geschlagen wurden. Doch der Geschäftsführer verdrehte nur die Augen und wiederholte immer wieder sein: "Raus!" - Er machte die Geste fürs Telefon und sagte "Polizei" - Wir nickten, denn wir hofften dieses Missverständnis mit deren Hilfe zu beseitigen! Gesagt getan. Zwei uniformierte Polizisten kamen ins Lokal. Sprachen mit dem Geschäftsführer und Mister X. Sie hörten den beiden lange und eindringlich zu. Mister X verließ das Lokal. Die beiden Polizisten kamen auf uns zu und sagten: "Kommt mit!" - Ich versuchte mit dem leitenden Polizisten zu reden und versuchte ihm folgendes zu sagen: "Wieso hören sie deren Geschichte an und nicht unsere? Ich verlange das sie mir erst einmal zuhören" - Doch der Polizist erwies sich als "visuell unbegabt", seine "visuelle Wahrnehmung" reichte nicht aus um überhaupt ein Bruchteil von dem zu verstehen was ich im zu sagen versuchte. Er drängte immer wieder aufs mitkommen. Ich versuchte also zu sprechen, da ich als 9-Jähriger Spätertaubt besitze ich noch 1/3 der verbalen Kommunikationsmittel. Ich bat darum erst einmal unserer Geschichte zu zu hören oder einen Gebärdensprachdolmetscher zu holen.
Anmerkung: Laut Sozialgesetzbuch 9 haben Gehörlose den sofortigen Anspruch auf eine Kommunikationshilfe/ Gebärdensprachdolmetscher!
Der Polizist griff zum Funkgerät. Angestellte hielten uns in der Ecke fest. Alle unsere Freunde durften das Lokal verlassen bis auf uns beiden. Wir bestellten Bier. Gereizt aber geschäftstüchtig erlaubte der Geschäftsführer dies. Wir tranken unser letztes Bier und die Kellnerin kam mit der Rechnung! Wir bezahlten alle unsere Schulden und tranken ruhig. Was dann geschah stellte die Situation auf den Kopf: Ca. 8 bewaffnete Polizisten betraten das Lokal. Nahmen blitzschnell erst unsere Biere, dann unsere Stehtische weg. Wir standen an der Wand. Die 8 Polizisten vor uns. Ich, stark zitternd vor Aufregung, versuchte wieder zu sprechen: "Die haben uns den ganzen Abend beleidigt und zum Schluss geschlagen! Überlegt doch mal! Keiner will unsere Geschichte hören..." Weiter kam ich nicht! Ein Polizist holte einen Elektro-Schocker heraus - Dann bekam ich Tränengas in die Augen gesprüht und wurde mit Gewalt zu Boden geworfen. Mir wurden die Handschellen angelegt.
Die nächsten Stunden waren grausam. Ich heulte und flehte mir bitte das Trängas aus den Augen zu waschen! Immer und immer wieder! Ich bekam riesen Panik! Ich bin taub! Werde ich jetzt auch blind??? - Ich kam in eine Aufnüchterungszelle - Dort schrie ich Minute für Minute und bat um Augenlicht! Ich war für Stunden völlig von der Außenwelt abgekapselt. Nichts war mehr, nur das tiefe Schwarz! Ein Nichts! Es blieb alles so, bis ich fast vor Erschöpfung eingeschlafen war. Endlich kam jemand und ich durfte mir die Augen auswaschen. Musste mich ausziehen und warten. Später wurde ich dann zur Blutabnahme gebeten. Hatte bstimmt einen sehr hohen Promillegehalt im Blut. Da ich die freien Wochen vor dem 7.12. gerne täglich Alkohol konsumiert habe. Jedoch erinnere ich mich an alles. An jedes kleinste Detail. Und wurde dann frei gelassen!
Meine Fragen:
a) Was erwartet mich bei er Anhörung/ Gerichtsverhandlung?
b) Wie Welche Gefahren bestehen/ Welche nicht?
c) Worauf muss ich besonders achten?
d) Wie kann ich Gegenargumentieren bzw. mich verteidigen?
e) Brauche ich einen Rechtsanwalt?
Wer kann mir helfen?
GEHÖRLOSE 3FACH BESCHULDIGT! Brauche dringend Hilfe. Danke.
Notfall oder generelle Fragen?
Notfall oder generelle Fragen?
Die Polizisten könnten mit ihrem Vorgehen ein Dienstvergehen begangen haben.
Eine Dienstaufsichtsbeschwerde (zu richten an den jew. Dienstvorgesetzten, m.E. Polizeipräsident) bzw. eine Strafanzeige könnten hier evtl. weiterhelfen.
Keine Haftung -> hab selbst auch nicht viel Ahnung.
Wenn das alle so stimmt:
Unbedingt einen Verteidiger einschalten.
Mr. X anzeigen wegen Körperverletzung.
Ebenso die Polizeibeamten wegen Körperverletzung im Amt. Diese haben übrigens gegen Nr. 21 Abs. 2 der RiStBV (Richtlininen für das Bußgeld- und Strafverfahren) verstoßen, weil sie offenbar zu keinem Zeitpunkt einen Gebärdendolmetscher eingeschaltet haben (=Dienstaufsichtsbeschwerde).
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Hallo!
ich habe den Fall gerade gelesen und finde das echt krass, was euch da passiert ist. Da ich Jurastudent bin, wollte ich fragen, ob du mich über den weiteren verlauf der Geschichte etwas auf dem laufenden halten kannst?
Das wäre echt nett...
Ansonsten wünsche ich schonmal viel Glück für alles weitere. Nur nicht entmutigen lassen!
Chris
schon argh was man so lesen muss, es gibt doch bestimmt "szene-zeitschriften" darin würde ich den fall publik machen u. darauf hinweisen das lokal zu meiden.
Auf jeden Fall erstmal gar nichts zu der Sache sagen und SOFORT Kontakt mit einem Rechtsanwalt aufnehmen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß hier von Amts wegen ein Pflichtverteidiger bestellt werden muß, möglicherweise auch wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage.
Da sich die Polizei hier möglicherweise nicht richtig verhalten hat, solltest Du möglichst im Beisein eines Rechtsanwalts Deine Angaben zur Sache machen, da Du aufgrund der Behinderung per se im Nachteil bist und vermutlich wenig Möglichkeiten hättest, Deiner Sicht der Dinge ausreichend Nachdruck zu verleihen.
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"Gruß
Jens Wilke
Bewährungshelfer"
Hallo! Ich habe nun auch nach einigen Jahren Euren Fall gelesesen. Habt ihr diesen Alptraum überwunden? Wie ist das Ganze ausgegangen?
Seid ihr vielleicht bereit, über Eure Erfahrungen zu berichten? Ich mache gerade eine Fortbildung zur Schriftdolmetscherin. Und muss eine Abschlussarbeit schreiben. Mein Thema hat genau damit zu tun, ich schreibe über Probleme in der Kommunikation in solchen Situatonen, wie ihr es leider erlebt habt. Ich glaube, es ist sehr wichtig, darüber zu berichten. Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr antwortet. Viele Grüße aus Berlin!
Babuna
Hi,
es ist arg unwahrscheinlich, daß die TE nach fünf Jahren Ihren Beitrag liest, Babuna...
Gruß vom mümmel
Und jetzt?
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