Für den Fall der Fälle: Vorsorgevollmachten – Tücken und Tipps

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Zur Regelung der Nachfolge gehört auch die Vorsorge. Mit einer Vorsorgevollmacht lässt sich eine staatliche Betreuung vermeiden. Dieser Beitrag nennt einige typische Tücken und Tipps bei der Erteilung einer Vorsorgevollmacht.

Wenn Menschen in die heute häufige Lage kommen, dass sie selbst über eine lange Zeit hinweg wegen Unfall, Krankheit oder einfach aufgrund nachlassender geistiger Kräfte nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, so bestellt das Vormundschaftsgericht einen gesetzlichen Vertreter (Betreuer). Vielen Menschen ist es aber lieber, wenn eine vertrauenswürdige Person aus ihrem eigenen sozialen Umfeld ihre Vertretung übernimmt. Deshalb benennen sie in einer Vorsorgevollmacht eine Person, die sämtliche oder auch nur bestimmte Angelegenheiten für sie vornehmen soll.

Nun sind bei dem Verfassen einer Vollmacht einige rechtliche und praktische Aspekte zu beachten, damit die Vollmacht auch die gewünschte Wirkung entfaltet. Einer dieser Aspekte betrifft die Frage, ob Vollmachten unter bestimmten Bedingungen erteilt werden können: (zu) häufig tauchen in der Praxis Vorsorgevollmachten auf, die konkret die Situation benennen, in der sie eines Tages angewendet werden sollen. Dort steht dann zum Beispiel: „diese Vollmacht ist in Verbindung mit einem ärztlichen Attest gültig, in dem festgestellt wird, dass der Vollmachtgeber entweder aufgrund einer psychischen Krankheit und/ oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann.“

Hinter einer solchen oder ähnlichen Formulierung steht der verständliche Wunsch nach Kontrolle. Es ist bereits schwierig, den Gedanken zu fassen, sich und sein gesamtes Vermögen vollständig in die Hände eines anderen zu begeben. Da möchte man wenigstens selbst bestimmen, ab welchem Zeitpunkt dies der Fall sein soll und eine Kontrollinstanz darüber entscheiden lassen, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist. Nur hat dies für die Personen und/ oder Institutionen, denen gegenüber die Vollmacht verwendet werden soll, zu viele Unwägbarkeiten und Risiken zur Folge. z.B. stellt sich die Frage, wie aktuell das ärztliche Attest denn sein muss, damit die Vollmacht auch wirklich wirksam ist. Oder angenommen, die Vollmacht sieht nicht die Vorlage eines ärztlichen Attests vor, sondern bestimmt einfach nur: „für den Fall, dass ich selbst nicht mehr handeln kann, soll statt meiner…“ – woher soll die Bank, von der ein Bevollmächtigter die Auszahlung einer beachtlichen Summe vom Konto des Vollmachtgebers verlangt, wissen, ob der Vollmachtgeber noch selbst handlungsfähig ist oder nicht? Die Bank wird das Risiko einer Auszahlung an den falschen und damit unberechtigten Empfänger nicht eingehen.

Es ist daher mittlerweile so, dass der Rechtsverkehr (dazu gehören vor allem, aber nicht nur die Banken) Vollmachten, die an Bedingungen geknüpft sind, generell nicht akzeptiert. Eine Vollmacht sollte also ohne jede Bedingung erteilt werden, z.B. mit folgender Formulierung: „Ich, …, erteile hiermit … Vollmacht, mich in allen (alternativ in bestimmten aufgezählten) Angelegenheiten zu vertreten.“

Eine solche unbedingt erteilte Vollmacht ermöglicht dem Bevollmächtigten, sofort in dem festgelegten Umfang für den Vollmachtgeber zu handeln. Das bedeutet natürlich, dass der Vollmachtgeber vollstes Vertrauen in seinen Bevollmächtigten haben muss. Ohne ein entsprechendes Vertrauen sollte er lieber keine Vorsorgevollmacht erteilen. Ein gewisses Maß an Vorsorge lässt sich aber auch hier treffen: Der Vollmachtgeber kann zusätzlich einen Kontrollbevollmächtigten benennen, dessen Zustimmung der Bevollmächtigte bei gewissen Handlungen bedarf. So kann z.B. bestimmt werden, dass bevollmächtigte Kinder das elterliche Wohnhaus nur mit Zustimmung des Kontrollbevollmächtigten verkaufen dürfen. Kontrollbevollmächtigter kann jede Privatperson aus dem Umfeld des Vollmachtgebers, aber auch ein Anwalt sein. Ein Anwalt kann auch von vornherein neben einem privaten Bevollmächtigten bevollmächtigt werden. Dies mindert das Missbrauchsrisiko, hilft aber auch schlicht den Bevollmächtigten in Fällen, in denen sie sich überfordert fühlen.

Ebenso wichtig wie die unbedingte Erteilung der Vollmacht nach außen hin ist eine – separat zu vereinbarende – vertragliche Regelung zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigter darüber, wann der Bevollmächtigte handeln soll und nach welchen exakten Wünschen und Vorstellungen des Vollmachtgebers, ferner über sonstige Modalitäten wie z.B. Beginn (an dieser Stelle ist dann die Situation zu beschreiben, in der der Bevollmächtigte anstelle des Vollmachtgebers handeln soll) und Ende (in der Regel über den Tod hinaus) der Bevollmächtigung.

Formell ist zu beachten, dass Vorsorgevollmachten in der Regel vom Rechtsverkehr nur dann akzeptiert werden, wenn sie notariell beglaubigt sind. Der Notar überzeugt sich nämlich bei der Beurkundung von der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers und so kann über die Gültigkeit der Vollmacht an sich gar nicht erst Streit entstehen.

Dieser Beitrag behandelt nur einige wichtige Aspekte bei der Vollmachterteilung und erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Allgemeingültigkeit. Auch hier gilt: die zahlreich im Umlauf befindlichen Muster und Vordrucke berücksichtigen nie den Einzelfall und sind daher mit Vorsicht zu genießen. Es schadet nicht, sich auf eigene Faust zu informieren und eine Vorsorgevollmacht zu entwerfen. Auf diese Weise lassen sich durchaus Zeit und Kosten sparen. Mindestens aber sollte ein Anwalt oder Notar Ihres Vertrauens Ihren Entwurf überprüfen und mit Ihren Vorstellungen abstimmen.

Bei Fragen stehe ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung. Kontakt: www.legitas.de/lauten

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