Freiwilliges Aufbauseminar zum Punkteabbau

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Bis zu 4 Punkte können bei einer freiwilligen Teilnahme an einem Aufbauseminar im Verkehrszentralregister gelöscht werden

Ordnungswidrigkeiten wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstöße oder Abstandsunterschreitungen führen auch oftmals zu einer Eintragung von Punkten in das Verkehrszentralregister. Zwar werden vorhandene Eintragungen in Flensburg nach der Tilgungsfrist wieder gelöscht, nicht selten verlängert sich die Tilgung jedoch aufgrund neuer Verstöße, so dass sich die Punkte letztendlich schnell summieren können.

Viele Autofahrer sind aus beruflichen Gründen auf Ihren Pkw angewiesen und befürchten, bei weiteren Eintragungen den Führerschein zu verlieren. Der Gesetzgeber räumt Pkw-Fahrern jedoch mit § 4 Abs. 4 StVG die Möglichkeit ein, selbst aktiv zum Punkteabbau beizutragen.

Unter welchen Voraussetzungen ist ein Punkteabbau möglich?

Möchten Verkehrsteilnehmer ihren Punktestand reduzieren, müssen diese nach § 4 Abs. 4 S. 1 StVG freiwillig an einem Aufbauseminar teilnehmen. Die Anordnung eines Aufbauseminars wegen eines Verstoßes in der Probezeit führt dagegen nicht zu einer Reduzierung der Punkte (VGH Bayern, VRS 108, 386).

Die Inanspruchnahme dieses Bonussystems ist nach § 4 Abs. 4 S. 3 StVG nur einmal innerhalb von 5 Jahren möglich (Burhoff / Gübner, Hdb OWi Rn 2060). Der Punkteabzug erfolgt maximal auf Null (§ 4 Abs. 4 S. 4 StVG), so dass ein Punkteabzug auf „Vorrat“ grundsätzlich nicht erreicht werden kann (Dronkovic in Hdb Fa Verkehrsrecht Kap. 34 Rn 211). Die Teilnahmebescheinigung muss zudem innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung des Seminars bei der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegt werden.

Für den Punkteabbau gilt das sog. „Tattagprinzip“ (BVerwG NZV 2009, 96). Danach sind für die Frage des Punkteabbaus auch die Verkehrsverstöße zu berücksichtigen, die im Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung für das Aufbauseminar bereits begangen waren, auch wenn diese erst später rechtskräftig und daraufhin ins Verkehrszentralregister eingetragen werden (Burhoff / Böttger, Hdb OWi Rn 2743).

Um wie viele Punkte kann der Punktestand reduziert werden?

Je früher der Autofahrer an einem freiwilligen Seminar teilnimmt, desto größer ist der hierdurch zu erzielende Punkteabzug (Dronkovic in Hdb Fa Verkehrsrecht Kap. 34 Rn 211).

Bei einem Punktestand bis zu 8 Punkten bewirkt die freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar eine Reduzierung um 4 Punkte. Enthält das Verkehrszentralregister Eintragungen von 9 bis 13 Punkten, so werden nach erfolgreichem Abschluss des Seminars noch 2 Punkte abgezogen (§ 4 Abs. 8 StVG).

Bei einem Punktestand von 14 bis 17 Punkten reicht dagegen ein einfaches Aufbauseminar nicht mehr aus, hier führt die freiwillige Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung gemäß § 4 Abs. 9 StVG jedoch zu einer Reduzierung von 2 Punkten.

Wie ist das Aufbauseminar ausgestaltet?

Ein Aufbauseminar wird in Gruppen von 6 bis 12 Teilnehmern durchgeführt und besteht aus einem Kurs mit 4 Sitzungen von jeweils 135 Minuten Dauer.  Diese werden in einem Zeitraum von 2 bis 4 Wochen durchgeführt, wobei an einem Tag nur jeweils eine Sitzung stattfinden darf. Zwischen der ersten und zweiten Sitzung ist eine Fahrprobe von mindestens 30 Minuten durchzuführen, die nach § 35 FeV in Gruppen von drei Teilnehmern erfolgen soll (Burhoff / Böttger, Hdb OWi Rn 2744).

Verkehrsteilnehmern, die beispielsweise wegen fehlender Sprachkenntnisse auf einen Dolmetscher angewiesen sind, kann bei einem entsprechenden Antrag auch gestattet werden, an einem Einzelseminar teilzunehmen (Burhoff / Gübner, Hdb OWi Rn 2062).

Die Aufbauseminare werden grundsätzlich von Fahrschulen durchgeführt, die im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis nach dem Fahrlehrergesetz sind.

Hat der Betroffene einen Verstoß unter Alkohol oder Drogen begangen, ist zum Punkteabbau jedoch nach § 4 Abs. 8 S. 4 StVG die Teilnahme an einem besonderen Aufbauseminar erforderlich. Ab einem Punktestand von 14 bis 17 muss der Betroffene für eine Reduzierung an einer verkehrspsychologischen Beratung teilnehmen, die regelmäßig von einem besonders qualifizierten Verkehrspsychologen im Rahmen eines Einzelgesprächs durchgeführt wird. Eine Fahrprobe im Rahmen der verkehrspsychologischen Beratung ist möglich, jedoch nicht zwingend erforderlich (Burhoff / Gübner, Hdb OWi Rn 2063).

Fazit:

Oftmals hilft die freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar, um im Verkehrszentralregister vorhandene Punkte abzubauen. Die Teilnahme an einem derartigen Seminar sollte jedoch nicht auf die leichte Schulter genommen werden, zumal ein Fernbleiben vom Kurs oder eine nicht vollständige Teilnahme nach §§ 34, 44 FeV grundsätzlich dazu führt, dass die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung durch den Seminarleiter verweigert wird.

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