Forderungsmanagement in der Praxis

Mehr zum Thema: Zivilrecht, Außenstände, Mahnung, Inkasso, Forderungsausfall
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Problemstellung

Von Rechtsanwalt Stefan Steininger

In vielen Unternehmen ist das Problem bekannt, wird jedoch nur halbherzig angegangen: die Zahlungsmoral der eigenen Kunden.

So kommt es vielfach vor, dass Forderungen häufig über mehrere Monate nicht nachverfolgt werden und sich so die Außenstände bei einzelnen Kunden schnell auf einen hohen Betrag summieren. Dies geschieht in der Regel deshalb, weil die Unternehmen ihren Kunden entsprechende Zahlungsfristen einräumen und somit quasi ein zinsloses Darlehen gewähren, ohne selbst wie ein professioneller Kreditgeber zu agieren.

Dabei ist das Problem der außenstehenden Forderungen nicht zu vernachlässigen. Ungeachtet des eigenen finanziellen Vorschusses und der sich daraus ergebenden Liquiditätsprobleme bedeutet jede ausstehende Forderung auch einen tatsächlichen finanziellen Verlust.

Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen:

Bei einem Umsatz von € 10.000,-- mit einer sich hieraus ergebenden Rendite von 10 % beträgt der Gewinn an diesem Umsatz € 1.000,--. Nimmt man einen Forderungsausfall von 5 % an, so beträgt der Gewinn nur noch € 500,--. Um den Gewinn dann trotz des Forderungsausfalls realisieren zu können, ist ein Mehrumsatz von € 5.000,-- - also 50 % - notwendig.

Hieran wird deutlich, wie schnell auch bei relativ geringen Forderungsausfällen eine gewinnrelevante Auswirkung erzielt wird und wie sich dies auf die Gewinn – Umsatz – Relation auswirkt.

Allein in der deutschen Bauindustrie verlieren ca. 1/3 der Unternehmen mehr als 1 % ihres Gesamtumsatzes durch Forderungsausfälle. Mehr als die Hälfte aller mittelständischen Unternehmen gaben in einer Studie an, dass sie Forderungsverluste hinnehmen mussten. Dabei lag bei gut 20 % der Unternehmen der Forderungsverlust in einer Größenordnung von mehr als 1 %.

Vorbereitende Maßnahmen

Eine Vielzahl von Unternehmen könnte Forderungsausfälle dadurch vermindern, dass bereits im Vorfeld, vor Auftragsannahme und Rechnungsstellung, einige wesentliche Punkte berücksichtigt werden. Hierdurch können auch im späteren Falle eines Falles bereits Vorkehrungen getroffen werden, die eine entsprechend zügige Bearbeitung ermöglichen.

Ein relativ sicherer Punkt in diesem Zusammenhang, der jedoch in der Vielzahl der Fälle kaum zu realisieren sein wird, ist die Kreditprüfung vor Einräumung eines Zahlungsziels. Hierbei kann auf verschiedene Informationsdienste zurückgegriffen werden. Derartige Informationen und Bonitätsauskünfte sind bereits ab ca. € 20,-- zu erhalten. Anhand der von den Serviceanbietern angebotenen Auswertung können Zahlungsziele entsprechend gesetzt werden oder Abschlagszahlungen verlangt werden.

Ein oft vergessener Punkt ist das richtige Erfassen von Kundendaten. Hierbei ist es wichtig, dass Ihre Kunden korrekt bezeichnet werden. Achten Sie darauf, dass bei GmbHs die Vertretungsverhältnisse bekannt sind und auch in Ihren Unterlagen vermerkt werden. Hierdurch verhindern Sie spätere Recherche, sollte es tatsächlich zur Einleitung eines Mahnverfahrens kommen. Überprüfen Sie die Adressdaten regelmäßig, auch bei Kunden, die Ihnen schon längere Zeit bekannt sind. Jeder seriöse Geschäftsmann wird für entsprechende Nachfragen und Überprüfungen auch Verständnis haben.

Vereinbaren Sie bei größeren Aufträgen Abschlagszahlungen.

Achten Sie auf eine ordnungsgemäße Rechnungsstellung. Überprüfen Sie dabei, ob Namen und Anschrift des Kunden korrekt wiedergegeben sind, versehen Sie die Rechnung mit einem Datum und einer Rechnungsnummer. Geben Sie einen Bezug zu der erbrachten Leistung an. Geben Sie ein konkretes Zahlungsziel unter Angabe eines Datums am. Zu guter letzt – auch dies wird häufig vergessen – geben Sie Ihre eigene Bankverbindung an. Sofern diese fehlt, produzieren Sie selbst – auch bei den zuverlässigsten Kunden – Zahlungsverzögerungen, die letztendlich auch Ihrem Unternehmen eine finanzielle Einbuße darstellen.

Organisation des Rechnungswesens

Seien Sie bei der Einräumung von Zahlungszielen zurückhaltend. Sie haben es nicht nötig, Ihre Leistungen mit überzogen großzügigen oder branchenunüblich langen Zahlungszielen zu verkaufen. Überlegen Sie sich vielmehr, ob Sie Ihrem Kunden nicht Anreize bieten können, möglichst rasch zu zahlen (Skonto).

Sorgen Sie dafür, dass Rechnungen zügig erstellt werden. Wenn Sie Ihre Leistung erbracht haben, zögern Sie nicht damit, Ihre Forderungen auch in Rechnung zu stellen. Achten Sie dabei auf Genauigkeit der Forderung.

Stellen Sie sicher, dass Zahlungstermine und Zahlungsbeträge genau überwacht werden. Stellen Sie eine regelmäßige Buchhaltung sicher. Bedenken Sie immer, dass Ihr Kunde von Ihnen auch eine pünktliche Lieferung erwartet, Sie können daher von Ihrem Kunden auch die Einhaltung der Zahlungsfristen verlagen.

Organisation des Mahnwesens

Nach dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen gerät ein Schuldner auch ohne Mahnung 30 Tage nach Rechnungserhalt in Verzug. Ab diesem Zeitpunkt wäre bereits eine gerichtliche Geltendmachung der Forderung möglich. Um den Zahlungsanspruch jedoch vernünftig zu realisieren sollte in der Regel eine Zahlungserinnerung/Mahnung verschickt werden.

Sicherheitshalber sollte zu diesem Zeitpunkt noch einmal überprüft werden, ob alle Formalitäten eingehalten wurden und die in Rechnung gestellten Leistungen auch tatsächlich ordnungsgemäß erbracht wurden.

Das weitere Vorgehen hängt von den persönlichen Strukturen im Unternehmen ab. Hier sollten entsprechend allgemein übliche Regeln aufgestellt werden.

Insbesondere kommt eine Klassifizierung von Kunden in Betracht. Bei Kategorie A werden z. B. insgesamt 3 Mahnungen in einem 14-tägigen Rhythmus verschickt, Kundengruppe B erhält eine Zahlungserinnerung und eine Mahnung und wird so insgesamt nur einmal gemahnt.

Sollten mehrere schriftliche Mahnungen erfolgen, so empfiehlt es sich, hierbei eine Regelmäßigkeit einzuhalten, mehr als 3 Mahnungen sind unter keinem Gesichtspunkt sinnvoll. Auf eine Durchnummerierung der Mahnungen sollte verzichtet werden.

Weiterer Zahlungsverzug

Auch bei einem gut und straff organisiertem Mahnwesen kommt es vor, dass Kunden nicht zahlen. Es stellt sich dann die Frage, wie weiter vorgegangen werden soll. Es bieten sich in diesem Zusammenhang den Unternehmen verschiedene Möglichkeiten.

Am sinnvollsten erscheint es, sich an einen kompetenten Partner zu wenden. Diese finden Sie im Inkasso, wie auch im anwaltlichen Bereich. In der Regel sind auch viele Anwälte in der Lage, ein straff organisiertes und kompetentes Mahn- und Inkassowesen zu betreiben.

Mit dem jeweiligen Partner ist abzustimmen, ob weitere Mahnungen, und wenn ja in welchem Umfang, erfolgen sollten. Mittels anwaltlicher Hilfe besteht dann auch die Möglichkeit, einen Mahnbescheid oder direkt ein gerichtliches Verfahren auf Zahlung einzuleiten.

In der Praxis zeigt sich, dass viele Unternehmen mit der Einschaltung eines Anwaltes oder Inkassobüros wegen der Kundenkontakte zögerlich sind und einen großen Zeitraum verstreichen lassen. Hiervon kann nur abgeraten werden.

Bedenken Sie stets, dass Sie Ihre Leistung erbracht haben. Auch der langjährige und beste Kunde nützt Ihnen nichts, wenn Sie weiterhin Leistungen erbringen, dieser jedoch keine Zahlungen leistet.

Im Übrigen zeigt sich in der Praxis, dass bei einem vernünftigen Vorgehen Geschäftsbeziehungen nicht unbedingt durch die Einleitung entsprechender Maßnahmen schwerwiegend belastet werden. Auch der vernünftige Geschäftspartner wird dafür Verständnis haben, dass Sie Ihre Forderung realisieren müssen. Häufig lassen sich im Rahmen solcher Verfahren dann auch andere Lösungen finden.

Hierbei kommt insbesondere die Ratenzahlungsvereinbarung in Betracht.

Bedenke Sie jedoch stets, dass im Ernstfalle eine Zwangsvollstreckung eingeleitet werden muss, für diese ist ein gerichtlicher Titel zwingend erforderlich. Es kann daher dienlich sein, im Wege des Mahnbescheides/Vollstreckungsbescheides diesen Titel zu erwirken und gleichzeitig eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Schuldner zu vereinbaren. So kommt es im Falle der Nichteinhaltung der Ratenzahlungsvereinbarung nicht zu einem weiteren zeitlichen Verzug.

Eigene Kosten

Ein eigenes Mahnwesen kostet auch Ihr Unternehmen Geld. Es handelt sich hierbei jedoch um eine zwingend notwendige Ausgabe, an der nicht gespart werden sollte. Durch effiziente und zügige Bearbeitung können viele Schuldner zur Zahlung bewegt werden. Bedenken Sie, dass nach etwa einem Jahr die Bereitschaft, eine solche Altrechnung zu begleichen, nur noch verschwindend gering sein dürfte.

Überlegen Sie, ob ein Outsourcing des Mahnwesens nicht sinnvoll sein kann. Viele Anwälte und Unternehmen bieten Ihnen die Übernahme des außergerichtlichen Mahnwesens zu vernünftigen Konditionen an. Lassen Sie sich im Zweifel ein konkretes Angebot unterbreiten.

Die Kosten, die nach Verzugseintritt für die Beibringung einer Forderung anfallen, sind als eigenständige Schadensposition vom Schuldner zu erstatten. Diese sollten und werden in der Regel ebenfalls beim Schuldner geltend gemacht und bei erfolgreicher Beitreibung auch von diesem beglichen.

Sicherung eigener Forderungen

Unternehmen können sich auch gegen ausbleibende Zahlungen versichern. Die Versicherungen zahlen, wenn Außenstände offen bleiben, weil der Kunde zahlungsunfähig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse abgelehnt wurde, das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet wurde, alle Gläubiger einer außergerichtlichen Liquidation im Vergleichswege zugestimmt haben die Zwangsvollstreckung nicht erfolgreich war.

Hierbei ist aufgrund der individuellen Gegebenheiten zu überprüfen, ob dies für ein Unternehmen sinnvoll sein kann. Insbesondere bei hohen Forderungen wäre hier eine ernstliche Abwägung von Kosten und Nutzen vorzunehmen.

Weiterhin besteht die Möglichkeit des Factoring. Hierbei werden Außenständen von Factoring Unternehmen aufgekauft, zu einem gewissen Prozentsatz der Hauptforderung. Damit übernimmt der Factor das Bonitäts- und Insolvenzrisiko des Kunden.

Zusammenfassung

Zum Ende möchte ich noch einmal die wichtigsten Punkte zum Thema Forderungsmanagement kurz zusammen fassen.

  1. Ordnungsgemäße Kundenerfassung und Bonitätsprüfung
  2. Überprüfung der Einräumung von Zahlungszielen
  3. Zügige Rechnungsstellung und Überwachung des Zahlungseingangs
  4. Gut organisiertes und straffes Mahnwesen
  5. Zügige Einleitung des gerichtlichen Verfahrens durch externe Hilfe


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