Firma wurde verkauft - Betriebsübergang? Abfindung?

8. März 2017 Thema abonnieren
 Von 
hahnhofer
Status:
Frischling
(13 Beiträge, 7x hilfreich)
Firma wurde verkauft - Betriebsübergang? Abfindung?

Hallo,

eine Freundin von mir arbeitet als Verkäuferin in einer deutschen Filiale eines schweizerischen Mode-Einzelhandelsunternehmen.
Alle Filialen wurden nun durch einen neuen, ital. Investor übernommen. Die Filialen in Deutschland möchte dieser jedoch nicht weiterführen. Daher wurden bzw. werden diese wiederum an insg. drei weitere Untenehmen weiterverkauft, welche sich die deutschen Filialen aufteilen und mit diesem Zukauf ihr eigenes Filialnetz vergrößern.
Einer Zustimmung des Vermieters der Immobilien vorausgesetzt, sollen die bisherigen Standorte weitergeführt werden, dann allerdings unter dem Namen und Konzept des jeweiligen Käufers. Auch die Mitarbeiter sollen übernommen werden, zu den bestehenden Konditionen.
Der Käufer, welcher für die Filiale, in welcher meine Freundin arbeitet, in Frage kommen würde, ist ein deutscher Discounter und Sonderpostenmarkt.

Den Mitarbeitern wurde eröffnet, dass es bald neue Verträge geben soll, welche dann binnen 10 Tagen zu unterzeichnen sind. Darin ist geregelt, dass zum Zeitpunkt X das Käuferunternehmen der AG ist, die weiteren Bedingungen sollen unverädert bleiben. Lediglich ein Passus wird eingefügt, dass bei Bedarf auch in eine andere Filiale versetzt werden kann.
Wird der Vertrag binnen dieser Frist nicht unterschieben, soll eine betriebsbedingte Kündigung mit der entsprechenden Kündigungsfrist erfolgen. Stimmt im Nachhinein der Vermieder der Immobilie nicht zu, sei der Vertrag nichtig (dann folgt sicherlich ebenfalls eine Kündigung).

Meine Fragen:
Handelt es sich dabei nicht um eine Betriebsübergang nach §613a? (Mitarbeiter, Standort bleibt gleich - Kundenkreis wohl eher nicht bzw. nur teilweise [Mode ≠ Sonderposten]). Dann wären ja eigentlich keine neuen Verträge notwendig? Auch dürften dann keine Kündigungen ausgesprochen werden?
Meine Freundin ist nun schon seit mehreren Jahrzehnten in der betreffenden Filiale beschäftigt. Der Gedanke,künftig in einem Sonderpostenmarkt zu arbeiten, missfällt ihr. Sie erwägt ohnehin einen Wechsel. Ist es dann nicht sinnvoller, von einer Unterschrift abzusehen, die Kündigung abzuwarten und dann auf eine entsprechende Abfindung zu klagen?
Ist der Schuldner dafür dann der neue Käufer der Filiale, das ehem. schweizer Unternehmen (wobei diese, inkl. dem deutschen Sitz, aufgelöst wird) - oder der ital. Investor?

Vielen Dank!

-- Editier von hahnhofer am 08.03.2017 13:06

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8 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Ohadle
Status:
Schüler
(211 Beiträge, 77x hilfreich)

Hallo

- ja, sieht nach Betriebsübergang aus
- wenn der neue AG gerne Verträge haben möchte, in der dann statt "Meier Oberbekleidung" - "Müller Sonderpostenmarkt" steht, warum nicht - der AN sollte halt prüfen, dass nichts für ihn nachteiliges hinzugefügt wurde.
- wenn die Filiale komplett geschlossen wird - können unter Einhaltung der Kündigungsfristen auch Kündigungen ausgesprochen werden
- Auf Abfindung klagen? Wieso sollte denn eine Abfindung zustehen. Wenn deine Bekannte nicht gerade im AV stehen hat "Verkäuferin für Kaschmir und Seiden Blusen" sondern wahrscheinlich nur "Verkäuferin" oder "Eizelhandelskauffrau",
kann es dem AG ja egal sein. Der AG möchte den Vertrag ja weiterführen und bietet deiner Bekannten das auch an.
Es missfällt mir im Sonderpostenmarkt zu arbeiten wird da keinen Richter überzeugen.

-- Editiert von Ohadle am 08.03.2017 13:48

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
hahnhofer
Status:
Frischling
(13 Beiträge, 7x hilfreich)

Hallo,
danke für die Antwort.
Also steht, sofern der neue Vertrag nicht in der genannten Frist von 10 Tagen unterschrieben wird, und es dann zu einer Kündigung mit entspr. Kündigungsfrist seitens des AG kommt, keine Abfindung zu - trotz Betriebsübergang?
Denn ich dachte, da wären grundsätzlich keine neuen Arbeitsverträge notwendig?

Im AV steht -soviel ich weiß - Textilfachverkäuferin.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Das ist zumindest kein glasklarer Betriebsübergang. Da kann man auch sehr gut vertreten, dass es sich gerade um keinen Betriebsübergang handelt.

Wenn man sich so die einzelnen Kriterien ansieht, aus denen man einen BÜ ableitet, sähe es so aus:

1. Art des Unternehmens - jeweils Einzelhandel. Auch wenn die angebotenen Waren voneinander abweichen wird man wohl noch zur Vergleichbarkeit ja sagen können.

2. Übergang der Aktiva - Übernehmen die Käufer überhaut Aktiva wie Betriebs- und Geschäftsausstattung?

3. Übergang der immateriellen Aktiva - wohl eher nein, da ja alles nach eigenem Konzept der Käufer und eigenem Namen fortgeführt wird.

4. Übernahme der AN - das muss man ja wohl auch mit einem Fragezeichen versehen, weil das noch gar nicht fest steht.

5. Übernahme der Kundschaft - nein, da anderes Warenangebot

6. Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach Übernahme - Wenn man bedenkt, dass es in der Rechtsprechung schon Fälle gab, in denen die Ähnlichkeit verneint wurde, bei denen bei einer Gaststätte ein Wechsel von "gut bürgerlicher deutscher Küche" zu "türkischer Küche" oder bei einer Schuhproduktion ein Wechsel von Massenware zu handwerklicher Musteranfertigung stattgefunden hat, dann dürfte wohl auch hier die Ähnlichkeit zu verneinen sein.

7. Unterbrechung der Betriebstätigkeit - wenn nahtlos weitergemacht wird, dann gibt es die nicht.

Bei diesen Kriterien hat man doch so einiges, was sozusagen mit "nein" beantwortet werden müsste. Mal ganz abgesehen davon, dass man auch noch feststellen müsste, ob die einzelne Filiale überhaupt ein Betrieb oder wohl eher Betriebsteil im Sinne von § 613a BGB momentan ist. Oder ob man nicht auf das gesamte Filialnetz abstellen müsste oder was auch immer.

Ich würde das ganze wohl eher nicht als Betriebsübergang sehen.

Wenn dann eine Kündigung wegen der Betriebseinstellung kommt, dann hat man als AN wenig bis gar keinen Chancen dagegen vorzugehen. Wenn es keinen Betriebsrat gibt, mit dem ein Sozialplan ausgehandelt werden müsste, sieht es auch mit möglichen Abfindungen schlecht aus. Auf Abfindung kann man nämlich nicht klagen. Wenn man eine Kündigungsschutzklage einreicht, dann ist die immer auf Weiterbeschäftigung gerichtet. Wobei man die Kündigungsschutzanträge gegen die kündigende Person, also den bisherigen AG, richten müsste, und evtl. Weiterbeschäftigungsansprüche gegen den Betriebserwerber.

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
hahnhofer
Status:
Frischling
(13 Beiträge, 7x hilfreich)

Danke für die Information.
Zu den Punkten:
2. Viel BuG wird es wohl nicht geben, aber Lagereinrichtung, Möbel im Pausenraum etc. werden wohl beibehalten
4. Alle AN sollen übernommen werden, sofern diese es wünschen.

Einen Betriebsrat gibt es nicht.
Wie sähe es denn aus, wenn der Vermieter der Immobilie nicht mit dem neuen Konzept einverstanden ist und es daher zu einer betriebsbedingten Kündigung kommt? Könnte dann auf Weiterbeschäftigung (z.B. in einer anderen Filiale, welche übernommen wird) geklagt werden?

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Ich habe ja bereits zuvor dargestellt, dass es bereits nicht einfach ist, bei der betreffenden Filiale einen Betriebsübergang zu bejahen und man das Problem hat festzustellen, was eigentlich der Betrieb im Sinne von § 613a BGB ist. Diese ganzen Probleme, die es diesbezüglich gibt, werden nicht einfacher, wenn die konkrete Filiale, in der der AN beschäftigt war, dicht gemacht wird und nur andere Filialen des Ex-AG von anderen Firmen betrieben werden.

Viel Aussicht auf Erfolg gebe ich einer solchen Klage nicht. Vielleicht bekommt man einen kleinen Betrag sozusagen als Lästigkeitsprämie, damit der AG nicht mehr zum Gericht muss, aber mehr wohl kaum.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
asd1971
Status:
Student
(2594 Beiträge, 994x hilfreich)

Zitat (von Eidechse):
Das ist zumindest kein glasklarer Betriebsübergang. Da kann man auch sehr gut vertreten, dass es sich gerade um keinen Betriebsübergang handelt.

Wenn man sich so die einzelnen Kriterien ansieht, aus denen man einen BÜ ableitet, sähe es so aus:

1. Art des Unternehmens - jeweils Einzelhandel. Auch wenn die angebotenen Waren voneinander abweichen wird man wohl noch zur Vergleichbarkeit ja sagen können.

2. Übergang der Aktiva - Übernehmen die Käufer überhaut Aktiva wie Betriebs- und Geschäftsausstattung?

3. Übergang der immateriellen Aktiva - wohl eher nein, da ja alles nach eigenem Konzept der Käufer und eigenem Namen fortgeführt wird.

4. Übernahme der AN - das muss man ja wohl auch mit einem Fragezeichen versehen, weil das noch gar nicht fest steht.

5. Übernahme der Kundschaft - nein, da anderes Warenangebot

6. Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach Übernahme - Wenn man bedenkt, dass es in der Rechtsprechung schon Fälle gab, in denen die Ähnlichkeit verneint wurde, bei denen bei einer Gaststätte ein Wechsel von "gut bürgerlicher deutscher Küche" zu "türkischer Küche" oder bei einer Schuhproduktion ein Wechsel von Massenware zu handwerklicher Musteranfertigung stattgefunden hat, dann dürfte wohl auch hier die Ähnlichkeit zu verneinen sein.

7. Unterbrechung der Betriebstätigkeit - wenn nahtlos weitergemacht wird, dann gibt es die nicht.

Bei diesen Kriterien hat man doch so einiges, was sozusagen mit "nein" beantwortet werden müsste. Mal ganz abgesehen davon, dass man auch noch feststellen müsste, ob die einzelne Filiale überhaupt ein Betrieb oder wohl eher Betriebsteil im Sinne von § 613a BGB momentan ist. Oder ob man nicht auf das gesamte Filialnetz abstellen müsste oder was auch immer.

Ich würde das ganze wohl eher nicht als Betriebsübergang sehen.

Wenn dann eine Kündigung wegen der Betriebseinstellung kommt, dann hat man als AN wenig bis gar keinen Chancen dagegen vorzugehen. Wenn es keinen Betriebsrat gibt, mit dem ein Sozialplan ausgehandelt werden müsste, sieht es auch mit möglichen Abfindungen schlecht aus. Auf Abfindung kann man nämlich nicht klagen. Wenn man eine Kündigungsschutzklage einreicht, dann ist die immer auf Weiterbeschäftigung gerichtet. Wobei man die Kündigungsschutzanträge gegen die kündigende Person, also den bisherigen AG, richten müsste, und evtl. Weiterbeschäftigungsansprüche gegen den Betriebserwerber.


Ich bin etwas irritiert. Der Käufer kann jederzeit das Angebot ändern. Gilt übrigens auch für den jetzigen Besitzer.

Daher sehe ich durchaus eine BÜ.

2x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Dass hier offensichtlich so unproblematisch ein BÜ gesehen wird, zeugt eher davon, dass man sich noch nicht intensiver mit diesem Thema auseinander gesetzt hat. Für das Vorliegen des BÜ ist der AN darlegungs- und beweisbelastet. Und das ist ganz schön schwer, wenn man nicht den leichten Standardfall hat, bei dem zB im Rahmen eines Asset Deals sämtliche Aktiva, Kunden und AN übergehen und an gleicher Stelle der Betrieb genauso fortgesetzt wird wie bisher.

Gerade in Fällen wie dem vorliegenden, ein Unternehmen mit mehreren Filialen wohlmöglich auch noch über ganz Deutschland oder mehrere Bundesländer verteilt, hat man doch schon Probleme, zu bestimmen was überhaupt der Betrieb iSv 613a BGB beim bisherigen AG ist. Wenn dann noch wie hier das Unternehmen auseinandergerissen wird und die einzelnen Filialen nicht an einen Übernehmer sondern an mehrere gehen, dann wird es gleich noch mal schwerer.

Selbst wenn man es irgendwie geschafft hat, genau die Betriebseigenschaft darzulegen, die man sozusagen benötigt, kommt dann die Hürde der Darlegung des BÜ. Ob ein BÜ bejaht wird ist letzten Endes eine Wertungsfrage. Bei der die oben genannten Kriterien eine Rolle spielen. Ein Kriterium ist die Ähnlichkeit der Tätigkeit und da gibt es nunmal Rechtsprechung, die die Ähnlichkeit und auch den BÜ in den von mir genannten Fällen verneint hat. Und auf die hypothetische Überlegung, dass der Übernehmer sein Angebot mal ändern könnte kommt es nicht an. Es geht um den konkreten Fall, so wie er sich im Zeitpunkt des vermeintlichen BÜ darstellt. Mal ganz abgesehen davon, dass in dem Fall hier es doch sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Unternehmen, das Sonderpostenmärkte betreibt auf einmal zum reinen Anbieter von Mode wird.

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38391 Beiträge, 13990x hilfreich)

Ich teile die Bedenken von @Eidechse. Hab mich darüber gewundert, dass alles so glasklar sein soll. Denn nur, weil ein Pausenraum sinnvollerweise dort bleibt, wo er jetzt ist, weil die Mitarbeiter ein Angebot bekommen haben, heisst das noch nicht, dass wir einen Betriebsübergang haben. Anders ausgedrückt: wenn aus einer Bäckerei ein Fischladen wird, haben wir keinen Betriebsübergang, nur weil die Einrichtung und das WC weiter genutzt werden. Da muss man ganz genau schauen. Und, das wird schwierig.

Welchen Vorteil hätte denn der Betriebsübergang für die Mitarbeiter? Ganz sicherlich für die gut, die übernommen werden wollen. Aber nicht für die, die nicht übernommen werden wollen. Da bleibt jetzt nur die Überlegung, ob da evtl. eine Sozialauswahl mit anderen Filialen zu treffen ist, wie weit die anderen Filialen entfernt sind, oder ob man die Schließung der Filiale als Totalschliessung werten muss. Wenn letzteres, dann wird eben gekündigt, und das wars. Dann allerdings ohne Sperre bei der Agentur für Arbeit. Wenn Betriebsübergang, und Angebot nicht angenommen, wahrscheinlich eine Sperre. Für eine Abfindung sehe ich wenig Raum.

wirdwerden

1x Hilfreiche Antwort

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