Filesharing: Aktuelle Tendenzen in der Rechtsprechung - Geringere Gegenstandswerte, Kostendeckelung auf 100, 00 €, und geringerer Lizenzschadensersatz

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Auch wenn es viele der abmahnenden Kanzleien im Bereich des Filesharings immer wieder verneinen, so ist derzeit eine gewisse Tendenz in der Rechtsprechung zu erkennen, wonach die regelmäßig geltend gemachten Beträge in urheberrechtlichen Abmahnungen durch die Rechtsprechung mehr und mehr reduziert werden.

Im Folgenden sollen daher einige Entscheidungen aus diesem bzw. letztem Jahr dargestellt werden, die diese Tendenz untermauern.

Jan B. Heidicker
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz
Beethovenstr. 3
59174 Kamen
Tel: 02307/17062
Web: http://www.kanzlei-heidicker.de
E-Mail:
Strafrecht, Vertragsrecht, allgemein, Zivilrecht, Urheberrecht

  I. Zum Gegenstandswert der Unterlassung

Der in den urheberechtlichen Abmahnungen regelmäßig angesetzte Gegenstandswert für die Unterlassung ist entscheidend für die Kostenerstattung der gegnerischen Anwälte. So kommt es naturgemäß regelmäßig dazu, dass die  angesetzten Gegenstandswerte in den Abmahnungen in vielen Fällen überhöht beziffert werden. So werden beispielsweise bei vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen an Musikalben oder Filmen von einigen Abmahnkanzleien Gegenstandswerte in Höhe von 50.000,00 € für angemessen gehalten, um sodann ein entsprechendes „Vergleichsangebot" zu suggerieren.

Richtigerweise verweisen die einschlägigen Kanzleien hierbei oft auf die Rechtsprechung aus dem Oberlandesgerichtsbezirk Köln.

Den entsprechend hohen Streitwerten scheint die Rechtsprechung jedoch mehr und mehr einen Riegel vorschieben zu wollen:

1.

(Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 16.07.2010, Az. : 115 C 77/10)

In diesem Zusammenhang hat das Amtsgericht Aachen in einem Filesharing-Fall zur Problematik des illegalen Angebotes eines aktuellen Musikalbums mit zwölf Titeln in diesem Jahr entschieden, dass entgegen des in der ursprünglichen Abmahnung festgesetzten Streitwertes in Höhe von 50.000,00 € ein solcher in Höhe von nur 3.000,00 € als angemessen anzusehen ist. Würde man diese entsprechende Entscheidung auf urheberrechtliche Abmahnungen an Musikalben anwenden, so könnten die abmahnenden Kanzleien im Hinblick auf die Kostenerstattung für deren  Inanspruchnahme nur einen Betrag in Höhe von 265,70 € fordern.

2.

(Urteil des Amtsgerichts Halle vom 24.11.2009, Az. : 95 C 3258/09)

In diesem Zusammenhang ist auch eine weitere Entscheidung des Amtsgerichts Halle aus dem Jahre 2009 zu nennen. Dort hatte das Amtsgericht Halle über einen angemessenen Streitwert für das illegale Angebot eines Filmes zu urteilen. Dort hatte das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe von 1.200,00 € für angemessen gehalten, was ebenfalls erheblich von dem ursprünglich in der Abmahnung bzw. in der Klage geltend gemachten Gegenstandswert abwich.

3.

(Urteil des BGH vom 12.05.2010 „Sommer unseres Lebens" (BGH vom 12.05.2010-I ZR 121/08))

Unabhängig von dem Vorgenannten ist hierbei noch nicht die Kostendeckelung des § 97 a II UrhG berücksichtigt. Auch die in diesem Jahr für Furore gesorgte und euphorisch erwartete Entscheidung des Bundesgerichtshofes hat hierbei leider keine eindeutige Klarheit gebracht. Gegenstand des Verfahrens hierbei war der Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung an einem einzigen Musiktitel. In der damaligen Pressemitteilung hatte der BGH bekannt gegeben, dass er die Vorschrift des § 97 a II UrhG, der seinerseits eine entsprechende Kostendeckelung für die Kostenerstattung der gegnerischen Anwälte auf 100, 00 € vorsieht, für anwendbar hält.

Der Bundesgerichtshof hatte sich sodann in den Entscheidungsgründen mit keinem Wort mehr zu dieser Thematik geäußert. Aus den Reihen der Abmahner wird diese Tatsache regelmäßig dahingehend interpretiert, dass die Vorschrift nicht anwendbar sei.

Hierbei wird jedoch regelmäßig übersehen, dass die entsprechende Frage für den vom BGH zu entscheidenden Fall nicht entscheidungserheblich war. Denn der seinerzeit gerügte Verstoß fand zu einem Zeitpunkt statt, zu dem die entsprechende Vorschrift noch nicht existent war, so dass der BGH in seiner Enzscheidung hierzu keine Stellung nehmen musste und darauf auch verzichtete.  

Nach unserer Ansicht hatte die damalige Pressemitteilung jedoch eindeutige Indizwirkung, was von den abmahnenden Kanzleien aus nachvollziehbaren Gründen regelmäßig verneint wird.  Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

II. Lizenzschadensersatz

Im Falle einer berechtigten Abmahnung kann der Rechteinhaber grundsätzlich vom Abgemahnten einen sogenannten Lizenzschadensersatz verlangen. Hierbei werden von den Abmahnenden Kanzleien regelmäßig Beträge, beispielsweise für Urheberrechtsverletzungen an einem Musiktitel, in Höhe von 150,00 € gefordert. Jedoch hat auch diesbezüglich eine neuere Entscheidung  des Landgerichts Hamburg für Furore gesorgt

(Urteil des LG Hamburg vom 08.10.2010, Az. : 308 O 710/09)

Dort hatte das Gericht im Hinblick auf den geltend gemachten Lizenzschadensersatz wegen Verletzung der Urheberrechte an einem Musiktitel einen solchen in Höhe von 15,00 € für angemessen gehalten. Hierbei wurde richtigerweise darauf abgestellt, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Diesbezüglich muss selbstverständlich eingeräumt werden, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Werk um ältere Titel handelte. Jedoch zeigt auch diese Entscheidung eine gewisse Tendenz in der Rechtsprechung, wonach auch die Beträge für den entsprechenden Lizenzschadensersatz oft zu hoch angesetzt werden.

So heißt es beispielsweise in einigen urheberrechtlichen Abmahnungen der einschlägigen Kanzleien, dass alleine der der Täterhaftung unterliegende Lizenzschadensersatz im fünfstelligen Bereich anzusetzen wäre. Dies ist bei einer Urheberrechtsverletzung an einem einzigen Werk nach diesseitiger Ansicht völlig illusorisch und in der Gerichtswirklichkeit auch nicht durchsetzbar.

III. Fazit

Auch wenn es sich bei den vorgenannten Entscheidungen nur um Einzelfallentscheidungen handelt, so sind daraus gewisse Tendenzen in der Rechtsprechung ableitbar. Fest steht jedenfalls, dass diese Entscheidungen die Verteidigungspositionen im Rahmen der Filesharing-Verteidigung erheblich verbessern, da sich die entsprechenden Abmahnkanzleien trotz der Möglichkeit der Auswahl des Gerichtes nicht mehr ganz so sicher sein können wie früher.

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