Ersatz von Anwaltskosten

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Vertragspflichtverletzung durch Geltendmachung einer unberechtigten Forderung

Oftmals fragen Mandanten, ob sie ihre Anwaltskosten von der Gegenseite ersetzt haben können, wenn sie ungerechtfertigt in Anspruch genommen wurden. Dies ist grundsätzlich möglich (BGH, 16.01.2009, Az. V ZR 133/08). Verlangt nämlich eine Vertragspartei etwas von der anderen Vertragspartei, das ihr aber vertraglich nicht geschuldet ist, so liegt eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB vor (BGH, 23.01.2008, Az. VIII ZR 246/06). Diese Pflicht zur Rücksichtnahme umfasst u.a. das Interesse des Schuldners, nur in dem im Vertrag vereinbarten Umfang in Anspruch genommen zu werden. Unter dem Stichwort der Waffengleichheit darf jede Partei erwarten, dass sich die jeweils andere Partei an die Grenzen des Vereinbarten hält (Haertlein, MDR 2009, 1, 2).

Als Beispielsfall sollen hier der Fall Euroweb Internet GmbH herhalten (BGH, 24.03.2011, Az. VII ZR 164/10). Der Schuldner wollte hier seine Rechtsanwaltskosten ersetzt haben, weil Euroweb Entgelte für Leistungen gefordert hat, die tatsächlich noch gar nicht erbracht wurden.

Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch sind jedoch hoch und wurden vom BGH abgelehnt. Gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB muss die Vertragspartei, die eine ungerechtfertigte Forderung geltend macht, fahrlässig gehandelt haben. Keine Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Gläubiger nicht erkennt, dass seine Forderung unberechtigt ist. Ob ihm die Forderung zusteht kann nur in einem Rechtsstreit geklärt werden. Es kann von ihm nicht verlangt werden, dass er das Ergebnis eines solchen Rechtsstreits voraussieht. Zudem besteht hierbei die Gefahr, dass er bei der Verfolgung seiner Rechte beeinträchtigt wird, da er sich oftmals Schadensersatzforderungen seiner Schuldner ausgesetzt sehen würde (Haertlein, MDR 2009, 1, 2).

Es reicht daher aus, dass der Gläubiger prüft, "ob die Vertragsstörung auf eine Ursache zurückzuführen ist, die dem eigenen Verantwortungsbereich zuzuordnen, der eigene Rechtsstandpunkt mithin plausibel ist" (vgl. BGH, 23.01.2008, Az. VIII ZR 246/06). Mit einfachen Worten: ausreichend ist eine reine Plausibilitätsprüfung der Forderung. Und hier dürfte der Anspruch meistens scheitern, denn selbst wenn die Forderung für den Schuldner unverständlich ist, der Gläubiger selbst wird in der Regel eine Begründung finden, warum er die Forderung für plausibel hält. Vertragsinhalt war hier die jährliche Vorauszahlung der monatlichen Raten und zwar unabhängig davon, welche Leistungen erbracht wurden. Deshalb ist die Übersendung der Rechnung allein noch keine Pflichtwidrigkeit, die geeignet ist einen Anwalt hinzuzuziehen (BGH, 24.03.2011, Az. VII ZR 164/10).