Erhöhung der Geldbuße bei gleichzeitigem Absehen vom Fahrverbot nach langem Zeitablauf

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Eine Erhöhung der Geldbuße wegen des Absehens vom Fahrverbot kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn es der Anordnung eines Fahrverbots wegen des langen Zeitablaufs zwischen der Tat und deren Ahndung (hier zweieinhalb Jahre) nicht mehr bedarf (OLG Hamm, Beschluss vom 02.07.2007, 3 Ss OWi 360/07)

1.Der Fall

Das Amtsgericht hatte die Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 150 € verurteilt sowie ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt.

Auf die Rechtsbeschwerde hin wurde das Urteil wegen des Fahrverbots aufgehoben. Daraufhin hat das Amtsgericht die Betroffen zu einer Geldbuße von 300 € verurteilt, dafür allerdings von der Anordnung eines Fahrverbots abgesehen. Begründet wurde dies mit der in der Rechtsprechung vertretenen Erwägung, dass aufgrund der überlangen über 2-jährigen Verfahrensdauer eine Abschreckungswirkung bei der seit dem Verstoß rechtstreuen Betroffenen durch eine spürbar erhöhte Geldbuße erreicht werden konnte. Hierzu verweise ich im Übrigen bereits auf meinen Artikel: „Kein Fahrverbot bei überlanger Verfahrensdauer".

Die erneute Rechtsbeschwerde allerdings, die nunmehr die erhöhte Geldbuße angriff, war bezüglich des Schuldspruchs erfolgreich. Zunächst sah das OLG kein Problem mir dem sog. Verschlechterungsverbot (=Verbot der Verschlechterungen der Ausgangsentscheidung durch das Rechtsmittel). So sah es vielmehr beim vorliegenden Fall das Verschlechterungsverbot als nicht betroffen an, weil sich aus einer Gesamtschau bei Absehen vom Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße eine Verbesserung der Position der Betroffenen ergäbe.

Weiterhin war das OLG der Auffassung, das ist die Kernaussage der Entscheidung, dass auch eine Erhöhung der Geldbuße nicht rechtens gewesen sei. So käme eine Erhöhung der Geldbuße wegen des Absehens von der Anordnung eines Fahrverbots aufgrund Zeitablaufs dann nicht mehr in Betracht, wenn die Denkzettel- und Warnfunktion des Fahrverbots entfallen sei. In diesem Fall nämlich habe auch eine Erhöhung der Geldbuße zur Erreichung dieses spezialpräventiven Zweckes zu unterbleiben. Wenn also der erzieherische Zweck des Fahrverbots entfallen sei, müsse dies auch für eine Erhöhung der Geldbuße Geltung haben.

2.Fazit

Diese weiterführende Entscheidung zur einschlägigen Thematik verdeutlicht wieder einmal, dass die obergerichtliche Rechtsprechung zum Thema Fahrverbot und lange Verfahrensdauer alles andere als einheitlich ist.

In meinem letzten Artikel zu diesem Thema (s.o.) hatte ich bereits die aktuelle Linie des OLG Karlsruhe zitiert, das im vergleichbaren Fall überhaupt kein Problem darin sah, dass Fahrverbot trotz überlangen Verfahrens durch eine deutliche erhöhte Geldbuße zu ersetzen. Ganz anders die vorliegende und insoweit fahrerfreundliche Entscheidung des OLG Hamm – die zu begrüßen ist. Es ist überzeugend da konsequent, bei überlanger Verfahrensdauer vom Strafzweck her (Denkzettel) nicht zwischen Fahrverbot und erhöhter Geldbuße zu differenzieren. Es bleibt zu hoffen, dass diese Entscheidung auch bei anderen Obergerichten Schule machen wird. Immerhin ist das OLG Celle auf derselben Linie. Auf jeden Fall sollte der Argumentationsspielraum im Einzelfall genutzt werden, um Fahrverbote wie auch erhöhte Geldbußen in der Zukunft vom Tisch zu bekommen. Jedenfalls bietet die vorliegende Entscheidung einige Argumente, die in der Sache zum Erfolg führen können und billigerweise auch sollten.

Burgwedel, den 29.10.2007
©Hans-Christoph Hellmann
Rechtsanwalt
RA Hellmann ist u. A. Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Verkehrsrecht und Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein. Darüber hinaus hat er den Fachanwaltslehrgang Versicherungsrecht erfolgreich absolviert.