Einschreiben, Fax oder E-Mail - Wie kündigt man Verträge richtig?

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Was man für eine rechtssichere Kündigung beachten sollte

Das Problem - Zeitpunkt oder Erhalt einer Kündigung wird bestritten

Bei laufenden Verträgen mit Mindestlaufzeiten und Kündigungsfristen entbrennt nicht selten Streit darüber, ob ein Vertragspartner (rechtzeitig) gekündigt hat. Mitunter wird der Erhalt einer Kündigung bestritten oder es wird eingewandt, dass diese nicht rechtzeitig erfolgt sei.

Für Vertragspartner stellt sich daher häufig die Frage, wie man Verträge rechtssicher kündigen kann.

Der Zugang der Kündigung

Bei einer Kündigung handelt es sich um eine so genannte einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Das bedeutet, der Empfänger muss die Kündigung weder annehmen noch irgendwie bestätigen. Maßgeblich ist allein, ob die Kündigung dem Empfänger zugegangen ist (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine schriftliche Kündigungsbestätigung des Empfängers ist also keine Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Kündigung, allerdings zu Beweissicherungszwecken empfehlenswert.

Zugegangen ist eine Willenserklärung, sobald sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit zu rechnen ist, er könne von ihr Kenntnis erlangen (z.B. BGH, Urteil vom 03.11.1976 – VIII ZR 140/75).

Die Möglichkeit der Kenntnisnahme ist dabei abstrakt zu beurteilen. Der Empfänger einer Kündigung kann sich zum Beispiel nicht damit herausreden, er sei zu dem Zeitpunkt, als diese eingegangen ist, wegen Krankheit oder Urlaub verhindert gewesen (BGH, Urteil vom 21.01.2004 – XII ZR 214/00).

Wann von einem Zugang auszugehen ist, stellt sich – je nach Art der Übermittlung – wie folgt dar:

Mündliche Kündigung, z.B. über Telefon

Solange für eine Kündigung keine bestimmte Form (z.B. Textform, Schriftform) vorgeschrieben ist, kann sie ohne Weiteres auch mündlich ausgesprochen werden, z.B. über Telefon. In solchen Fällen handelt es sich um eine Willenserklärung unter Anwesenden, die dann auch sofort wirksam wird.

Allerdings ist es unter Beweisaspekten nicht besonders empfehlenswert, eine Kündigung mündlich auszusprechen, zumindest nicht ohne schriftliche Bestätigung des Empfängers.

Einwurf in den Briefkasten

Zum Machtbereich des Empfängers gehört klassischerweise sein Briefkasten. Eine Kündigung kann also persönlich oder durch einen Boten eingeworfen werden. Dabei sollte jedoch nach Möglichkeit ein Zeuge hinzugezogen werden.

Bei fristgebundenen Kündigungen ist auch zu beachten, dass ein Zugang am gleichen Tag voraussetzt, dass die Kündigung während der üblichen Leerungszeiten eingeworfen wird.

Wird zum Beispiel ein Schriftstück in den Briefkasten eines Bürobetriebs am Nachmittag des 31. Dezember eingeworfen, in dem branchenüblich Silvester nachmittags – auch wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt – nicht mehr gearbeitet wird, so geht das Schriftstück erst am nächsten Werktag zu (BGH, Urteil vom 05.12.2007 – XII ZR 148/05).

Bei einer Kündigung gegenüber einer so genannten juristischen Person (z.B. einer GmbH) ist es ebenso möglich, das Kündigungsschreiben in den Privatbriefkasten des berechtigten Vertreters (z.B. GmbH-Geschäftsführer) einzuwerfen (BGH, Beschluss vom 31.07.2003 – III ZR 353/02)

Einwurfeinschreiben

Beim Einwurfeinschreiben wird vom Postboten dokumentiert, dass eine Sendung in den Briefkasten oder das Postfach des Empfängers eingeworfen wurde. Mit dem entsprechenden Beleg kann also nachgewiesen werden, dass und zu welcher Zeit eine Sendung in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist. Dies kann insbesondere dann hilfreich sein, wenn es um den Nachweis einer fristgerechten Kündigung geht.

Bei Einwurf-Einschreiben ist allerdings problematisch, dass die Gerichte den Einlieferungs- und Auslieferungsbelegen unterschiedliche Beweiskraft zumessen. So wird von manchen Gerichten vertreten, dass auch bei Vorlage entsprechender Dokumentationen wie Einlieferungs- und Auslieferungsbelegen kein Anscheinsbeweis für den Zugang der Sendung beim Empfänger besteht. Denn ein Verlust von Postsendungen während des Zustellzugangs sei nach der Lebenserfahrung ebenso wenig auszuschließen wie das Einstecken von Postsendungen in den falschen Briefkasten durch den Postzusteller (z.B. LG Potsdam, Urteil vom 27.07.2000 – 11 S 233/99 oder AG Kempen, Urteil vom 22.08.2006 – 11 C 432/05).

Demgegenüber vertreten andere Gerichte die Auffassung, dass bei nachgewiesener Absendung eines Einwurf-Einschreibens ein Anscheinsbeweis für dessen Zugang herzuleiten ist, da sowohl aus dem Einlieferungs- als auch aus dem Auslieferungsbeleg eine starke zusätzliche Indizwirkung für den tatsächlich erfolgten Zugang der Sendung herzuleiten sei  (z.B. AG Erfurt, Urteil vom 20.06.2007 – 5 C 1734/06 oder AG Paderborn, Urteil vom 03.08.2000 – 51 C 76/00).

Das Einwurfeinschreiben ist also wegen der uneinheitlichen Rechtsprechung mit Vorsicht zu genießen.

Einschreiben mit Rückschein

Beim Einschreiben mit Rückschein erhält der Absender zusätzlich zum Einlieferungsnachweis eine Empfangsbestätigung, die vom Empfänger bzw. Empfangsberechtigten unterschrieben wird. Aus diesem Grund ist es eine weit verbreitete Meinung, dass ein Einschreiben mit Rückschein die sicherste Variante darstellt.

Sicher ist allerdings nur, dass ein Einschreiben mit Rückschein mehr als ein normales Einwurfeinschreiben kostet. Aus rechtlicher Sicht birgt eine Kündigung per Einschreiben mit Rückschein sogar zusätzliche Risiken:

Trifft nämlich der Postbote keinen Empfänger oder Empfangsberechtigten an, so nimmt er das Kündigungsschreiben wieder mit und hinterlässt im Briefkasten einen Benachrichtigungsschein. Damit ist das Kündigungsschreiben selbst aber noch nicht zugegangen. Der Benachrichtigungsschein unterrichtet den Empfänger lediglich, dass für ihn eine Einschreibesendung bei der Post zur Abholung bereit liegt. Er enthält aber keinen Hinweis auf den Absender des Einschreibebriefs und lässt den Empfänger im Ungewissen darüber, welche Angelegenheit die Einschreibesendung zum Gegenstand hat. Aus diesem Grunde ist der Zugang des Benachrichtigungsscheins kein Ersatz für den Zugang des Einschreibebriefs selbst (BGH, Urteil vom 26.11.1997 – VIII ZR 22/97).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht auch keine generelle Pflicht, Empfangsvorkehrungen für Erklärungen zu treffen (BGH, Urteil vom 03.11.1976 - VIII ZR 140/75). Der Empfänger eines Einschreibens mit Rückschein könnte daher auch ohne Weiteres das Einschreiben nicht abholen, damit wäre es auch nicht zugegangen.

Nur in Ausnahmefällen "fingieren" die Gerichte einen Zugang, nämlich wenn der Empfänger den Zugang bewusst vereitelt oder verzögert oder wenn er mit dem Eingang rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechnen muss und nicht dafür sorgt, dass diese ihn erreichen.

Übersendung per Telefax

Kündigungen, die per Telefax übermittelt werden, gehen grundsätzlich mit Abschluss des Druckvorganges am Empfangsgerät des Adressaten zu. Allerdings ist der Zugang erst dann vollendet, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist. Daher ist auch bei einer Übermittlung per Telefax auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich der Empfänger nach den Gepflogenheiten der Verkehrsanschauung Kenntnis vom Inhalt der Willenserklärung verschaffen konnte (BGH, Urteil vom 21.01.2004 – XII ZR 214/00). Geht ein Fax zum Beispiel erst nach den üblichen Geschäftszeiten in einem Unternehmen ein, ist von einem Zugang erst am nächsten Geschäftstag zu den üblichen Geschäftszeiten auszugehen.

Problematisch gestaltet sich der Nachweis, ob das Fax am Empfängergerät störungsfrei ausgedruckt wurde.

1994 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein "OK"-Vermerk im Sendebericht nicht ohne Weiteres einen Anscheinsbeweis begründe, dass die Datenübertragung nicht an technischen Problemen gescheitert und das Telefax zugegangen sei (BGH, Urteil vom 07.12.1994 – VIII ZR 153/93).

Vier Jahre später trat das OLG München dieser Ansicht teilweise entgegen. Zusammen mit einer eidesstattlichen Versicherung des Absenders spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Daten einer per Fax übermittelten Nachricht, deren Übertragung im Sendeprotokoll mit dem "OK-Vermerk" bestätigt ist, an den Empfänger übermittelt wurden und ihm zugegangen sind (OLG München, Beschluss vom 08.10.1998 – 15 W 2631/98).

Eine einheitliche Rechtsprechung gibt es insoweit noch nicht. Während einige Gerichte einen Anscheinsbeweis weiterhin ablehnen, vertrauen andere Gerichte mittlerweilen immer mehr in den Fortschritt der Technik und erkennen dem "OK-Vermerk" einen Beweis des ersten Anscheins zu (z.B. AG Schleiden, Urteil vom 01.09.2008 – 10 C 85/08).

Übersendung per E-Mail

Eine in Form einer E-Mail abgegebene Willenserklärung geht zu, wenn sie in die Mailbox des Empfängers gelangt (OLG Köln, Urteil vom 05.12.2006 – 3 U 167/05). Allerdings begründet nach der Rechtsprechung die Tatsache, dass der Absender den Ausgang beweisen kann, noch keinen Anscheinsbeweis für den Eingang in der Mailbox des Empfängers (vgl. OLG Köln, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.03.2009 – 7 U 28/08).

Problem: Kündigung nur per Einschreiben?

Mitunter ist in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder individuellen Verträgen geregelt, dass eine Kündigung nur per eingeschriebenen Brief erfolgen kann. In solchen Fällen ist allerdings lediglich die Schriftform verpflichtend, die Kündigung kann auch ohne Einschreiben, z.B. per Telefax, erfolgen (BGH, Urteil vom 21.01.2004 – XII ZR 214/00).

Problem: Was stand in dem Schreiben?

Bei allen Übermittlungsarten darf ein Beweisproblem nicht aus den Augen gelassen werden: Der Zugang einer Sendung allein beweist noch lange nicht, welche genaue Erklärung darin enthalten war. Der Empfänger eines Briefumschlags könnte z.B. behaupten, im Umschlag sei nichts enthalten gewesen oder ein Faxempfänger behauptet, es sei lediglich ein weißes Blatt herausgekommen, weil die Vorlage anscheinen verkehrt herum eingelegt wurde.

Es ist also ebenso wichtig, den genauen Inhalt der Sendung nachweisen zu können. Hierzu bietet es sich zum Beispiel an, das Schreiben von einem Zeugen lesen zu lassen, dieser steckt es dann in einen Umschlag und gibt es bei der Postfiliale als Einschreiben auf. Auf einer Kopie des Schreibens kann sich der Zeuge hierzu Notizen machen.

Als Zeuge bietet sich auch ein Rechtsanwalt an, indem dieser für den Mandanten die Kündigung verfasst. Dieser kann dann anhand der Dokumentation in der Handakte den Versendevorgang und den genauen Inhalt des Schreibens belegen.

Fazit

Sämtliche gängigen Übermittlungswege bergen Beweisrisiken, wenn der Empfänger den Erhalt einer Kündigung bestreitet. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich immer, mehrere Übermittlungsarten zu kombinieren (z.B. Fax vorab) und einen Zeugen für den Inhalt des Schreibens hinzuzuziehen.

Leserkommentare
von Rechtsanwalt Jürgen Vasel am 07.03.2013 18:07:28# 1
Nachzutragen ist die teuerste, aber auch sicherste Möglichkeit: die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher.
    
von Rechtsanwalt Sebastian Hofauer am 07.03.2013 18:20:50# 2
Ein guter Hinweis, sehr geehrter Herr Kollege. Wobei dies sicherlich immer eine Frage der Relation zur wirtschaftlichen Bedeutung des Vertrages ist. Bei einfacheren Verträgen ist wohl das Lesen, Eintüten des Kündigungsschreibens und die anschließende Aufgabe als Einschreiben durch einen Zeugen eine sichere und günstige Alternative.
    
von juralotse am 07.03.2013 20:30:34# 3
Sehr gehrte Herren,

um die "Haarspaltereien" auf die Spitze zu treiben. Gesetzt den Fall, es wird ein Einschreiben mit Rückschein aufgegeben und ich erhalte den Rückschein mit "einem" (Firmen)stempel und "einer" UInterschrift zurück.Könnte der (beabsichtigte) Empfänger argumentieren, der Rückschein sei "irgendwo" und von "irgendwem" unterzeichnet worden, weder handele es sich um seinen Firmenstempel, noch sei eine Person mit Namen des Unterzeichners postbevollmächtigt?
    
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