Ehepartner aus (erbschafts-)steuerlichen Gründen enterben?

18. Dezember 2017 Thema abonnieren
 Von 
Neptunis
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)
Ehepartner aus (erbschafts-)steuerlichen Gründen enterben?

Mich interessiert Eure Einschätzung für folgenden, fiktiven Fall:

Vater (V), 95 Jahre alt und Mutter (M), 87 Jahre alt sind hochbetagt. Die beiden haben zwei Kinder, einen Sohn (S) und eine Tochter (T) sowie 3 Enkelkinder (E1, E2 und E3).

V + M haben Gütertrennung. Beide sind vermögend und beide (sowohl gemeinsam als auch jeder für sich) sind durch Immobilienvermögen durch die Mietzahlungen mehr als ausreichend abgesichert. Beide haben noch kein Testament gemacht, und sind sich nun bewusst, dass das Leben bald vorbei ist.

V + M wollen ihre jeweiligen Freibeträge bestmöglich ausnutzen, und daher per (kurzfristig aufzusetzendem) Testament jeweils S + T als Vollerben einsetzen, und den Enkelkindern E1, E2 und E3 ein Vermächtnis vermachen. Die physische Aufteilung des Vermögens ist relativ einfach. Sowohl V als auch M bleiben innerhalb der Freibeträge, wenn alle drei Enkelkinder einbezogen werden.

Der jeweilige Ehepartner von V und M soll enterbt werden, da die Versorgung des überlebenden Ehepartners gesichert ist, aber ein Verschieben von Vermögen zwischen den Ehepartnern dazu führt, dass Erbschaftssteuer bezahlt werden muss.

Frage: reicht es aus, testamentarisch folgendes festzulegen:

"Vermächtnis für E1 + E2 + E3 = jeweils Summe X. Vollerben = S + T wie folgt: S erbt Immobilie 1 und T erbt Immobilie 2. Ehepartner (also V oder M) wird nicht Erbe und soll auch nichts erhalten"

Dass es einen Pflichtteilsanspruch für den Ehepartner gibt, ist allen Beteiligten bekannt. Im Erbfall würden V oder M auf ihren Pflichtteil verzichten. Ein Pflichtteilsverzicht vor Eintritt des Erbfalls soll NICHT erfolgen (Hintergrund: beide möchten sich den erforderlichen Weg zum Notar sparen, diesen Wunsch muss man akzeptieren).

Hat diese Konstruktion einen Haken oder wurde irgendwas übersehen?

Es ist bekannt, dass der überlebende Ehepartner durchaus seinen Pflichtteil einfordern kann. Dieses "Risiko" wird in Kauf genommen.

Danke für die Hilfe!







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8 Antworten
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#1
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47640 Beiträge, 16840x hilfreich)

Zitat:
Hat diese Konstruktion einen Haken oder wurde irgendwas übersehen?


Ja, wer soll den Rest (Bankguthaben, Hausrat, Auto, Schmuck usw.) bekommen?

Es ist sind zwar die Begriffe "Vollerben" und "erbt" verwendet worden, tatsächlich wurde aber kein Erbe eingesetzt, sondern T und S haben auch jeweils nur ein Vermächtnis erhalten. So etwas führt zu erheblichen Interpretationsmöglichkeiten.

Den Wunsch, nicht zum Notar gehen zu wollen, sollten die beiden noch einmal überdenken. Die dabei entstehenden Kosten sparen die Kinder im Erbfall wieder ein, da kein Erbschein erforderlich ist.

Ansonsten sollte man sich zunächst einmal genau mit den Begrifflichkeiten im Erbrecht auseinandersetzen.

Was ist ein Vermächtnis?
Was ist eine Erbeinsetzung?
Was ist ein Vorausvermächtnis?
Was ist eine Teilungsanordnung?

Diese Begriffe werden von Laien häufig falsch verwendet und führen dann zu erheblichen Problemen bei der Auslegung des Testamentes.

Im konkreten Fall ist der Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis offenbar auch nicht klar.

2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
salkavalka
Status:
Lehrling
(1591 Beiträge, 976x hilfreich)

Gerade wenn es um hohe Werte und Immobilien geht, würde ich bei der Sachlage einen Notar konsultieren. Der kommt auch ins Haus, wenn es nur der Weg dorthin ist, der stört. Kostet dann halt etwas mehr.
Haben denn beide Eltern je zwei Häuser? Denn sonst würde ein Kind schon "erben", während das andere noch warten muss.

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Neptunis
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)

Zitat (von hh):
(...) sollte man sich zunächst einmal genau mit den Begrifflichkeiten im Erbrecht auseinandersetzen.

Was ist ein Vermächtnis?
Was ist eine Erbeinsetzung?
Was ist ein Vorausvermächtnis?
Was ist eine Teilungsanordnung?

Danke für den Hinweis, das hatte ich zwar alles schon "irgendwie" gelesen, aber noch nicht verstanden.

Zitat (von hh):
Es ist sind zwar die Begriffe "Vollerben" und "erbt" verwendet worden, tatsächlich wurde aber kein Erbe eingesetzt, sondern T und S haben auch jeweils nur ein Vermächtnis erhalten. So etwas führt zu erheblichen Interpretationsmöglichkeiten.

In meinem fiktiven Fall sollen die Immobilien 1 und 2 tatsächlich so verteilt werden, dass S. die Immobilie 1 und T. die Immobilie 2 erhält.

Wertmäßig unterscheiden sich die Immobilien kaum, um allerdings keinen Streitpunkt bezüglich Wertausgleich zu schaffen scheint es sinnvoll, die Immobilien nicht als Teilungsanordnung sondern als "Vorausvermächtnis und ohne Anrechnung auf die Erbteile von S und T" zuzuordnen...?

Zitat (von hh):
Ja, wer soll den Rest (Bankguthaben, Hausrat, Auto, Schmuck usw.) bekommen?

Das Bankguthaben geht an die Enkel, Schmuck, Wertgegenstände und Auto gibt es nicht. Der Hausrat ist für alle Erben eher uninteressant, jeder pickt sich wohl was raus und der Rest landet auf dem Sperrmüll.

Gewollt ist:

- die Enkel aus der Erbengemeinschaft raushalten, das sollen nur S + T werden

- die Immobilien so aufzuteilen, dass S + T jeder ein Objekt bekommt (statt beide Objekte hälftig zu teilen)

- die Freibeträge auszunutzen (somit Einbindung der Enkel in Form eines Vermächtnisses)

- zu vermeiden, dass ein Ehepartner irgendetwas vom anderen erbt (Stichwort Pflichtteil), da dessen Vermögen dann so groß wird dass die Freibeträge beim (Weiter-)Vererben an S, T und E1 bis E3 überschritten werden


Man stelle sich in meinem fiktiven Fall ein sehr betagtes Ehepaar vor, das zusammen im Altersheim lebt und in Sachen Testament / Vererbung / Nachlass nie (!) etwas konkretes unternommen haben, außer mündlich zu äußern "S bekommt Immobilie 1 und T bekommt Immobilie 2 und den Rest teilt ihr euch irgendwie auf..."


-- Editiert von Neptunis am 18.12.2017 21:01

-- Editiert von Neptunis am 18.12.2017 21:03

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47640 Beiträge, 16840x hilfreich)

Zitat:
Wertmäßig unterscheiden sich die Immobilien kaum, um allerdings keinen Streitpunkt bezüglich Wertausgleich zu schaffen scheint es sinnvoll, die Immobilien nicht als Teilungsanordnung sondern als "Vorausvermächtnis und ohne Anrechnung auf die Erbteile von S und T" zuzuordnen...?


Wenn kein Wertausgleich stattfinden soll, ist das Vorausvermächtnis das richtige Mittel.

Zitat:
Das Bankguthaben geht an die Enkel, Schmuck, Wertgegenstände und Auto gibt es nicht. Der Hausrat ist für alle Erben eher uninteressant, jeder pickt sich wohl was raus und der Rest landet auf dem Sperrmüll.


Du hast mich nicht verstanden. Es muss (!) alles verteilt werden, egal welchen Wert es hat. Es muss (!) festgelegt werden, wer Rechtsnachfolger wird.

Eine Erbeneinsetzung auf einzelne Gegenstände, wie z.B. Immobilien ist nicht möglich. Eine Erbeneinsetzung muss (!) immer auf einen Bruchteil des Nachlasses erfolgen, wobei alle Erbeinsetzungen zusammen 100% ergeben sollten. Ein Erbschein wird zwingend nur auf Bruchteile ausgestellt. Vermächtnisse werden im Erbschein nicht erwähnt.

Mit dem von Dir gemachten Formulierungsvorschlag müsste zunächst festgestellt werden, wer Erbe ist. Da kann man noch sagen, dass das S und T sein sollen. Dann muss aber auch festgelegt werden, mit welchen Bruchteilen S und T erben sollen und damit man das machen können, müssen die Immobilienwerte bestimmt werden. Es würde also genau das passieren, was man eigentlich nicht will.

Formulierungsvorschläge hier im Forum sind nicht zulässig, da es sich dann um unzulässige Rechtsberatung handeln würde.

Zitat:
"S bekommt Immobilie 1 und T bekommt Immobilie 2 und den Rest teilt ihr euch irgendwie auf..."


Das habe ich schon verstanden. Leider akzeptiert das Nachlassgericht bei der Ausstellung des zwingend erforderlichen Erbscheins kein "irgendwie". Und diesen Willen rechtssicher zu formulieren ist nicht ganz trivial. Ich bleibe daher dabei, die Einschaltung eines Notars dringend zu empfehlen.

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Neptunis
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)

Danke, das hilft, die Gedanken zu klären. Bevor ich mich bei einem "Spezialisten" nach dessen Meinung erkundige, möchte ich mich so gut wie möglich "schlau" machen.

Dann wären das hier die passenderen Formulierungen...?

Vermächtnis für E1 + E2 + E3 = jeweils Summe X.

Vorausvermächtnis ohne Anrechnung auf die Erbteile von S und T: S erhält Immobilie 1 und T erhält Immobilie 2

Erben = S + T zu jeweils 1/2

Ehepartner (also V oder M) wird nicht Erbe und soll auch nichts erhalten



Meine Kernfrage zielte darauf ab, ob das mit dem "enterbten Ehegatten" in dieser Form möglich ist, d.h. dass der Nachlass wie oben geschrieben verteilt werden kann, wenn der überlebende Ehegatte den Pflichtteil nicht einfordert. Oder schaltet sich das Nachlassgericht "von selbst" ein und spricht dem überlebenden Ehegatten den Pflichtteil zu?

Da sich in der fiktiven Familie bisher nur eine Person aktiv um eine Nachlassregelung kümmert, wäre es da nicht sinnvoll diese Person (obwohl selbst Erbe!) mit folgendem Satz auch zum Testamentsvollstrecker zu bestimmen?

"Zum Testamentsvollstrecker bestimme ich meinen Sohn S. Er soll die Auseinandersetzung unter den Miterben bewirken, und für die Erfüllung der Vermächtnisse und Auflagen sorgen."

Über die Problematik Testamentsvollstrecker = (Mit-)Erbe habe ich bereits viel gelesen. Aber S. ist der einzige, der den Überblick hat. Das gemeinsame Ziel ist Steuervermeidung und eine gerechte Verteilung im Sinne von V + M. Warum sollte Sohn S dann nicht auch den Erbfall abwickeln?

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47640 Beiträge, 16840x hilfreich)

Das hört sich schon deutlich besser an.

Zitat:
Oder schaltet sich das Nachlassgericht "von selbst" ein und spricht dem überlebenden Ehegatten den Pflichtteil zu?


Das Nachlassgericht weist lediglich auf den Pflichtteilsanspruch hin, sorgt aber nicht für dessen Einforderung.

Zitat:
Da sich in der fiktiven Familie bisher nur eine Person aktiv um eine Nachlassregelung kümmert, wäre es da nicht sinnvoll diese Person (obwohl selbst Erbe!) mit folgendem Satz auch zum Testamentsvollstrecker zu bestimmen?


Es lauert in der angedachten Konstellation mindestens theoretisch eine Falle für den Testamentsvollstrecker. Um hier nicht individuelle Rechtsberatung zu begehen, möchte ich das nicht im Detail ausführen.


-- Editiert von hh am 19.12.2017 22:43

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Neptunis
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)

Ich rede ja von einem fiktiven, von mir selbst konstruierten Fall.

Dann gehe ich zunächst mal davon aus, dass (bis auf die Formulierung mit dem Testamentsvollstrecker) eine brauchbare Grundlage für ein Testament geschaffen ist. Da mich der Fall sehr interessiert, werde ich das nun einem Spezialisten vorlegen (Termin für Mitte Januar ist schon gemacht), der kann mir die Details bestimmt genau erklären.

Zitat (von hh):
Es lauert in der angedachten Konstellation mindestens theoretisch eine Falle für den Testamentsvollstrecker.

Gibt's diesbezüglich vielleicht irgendwo im Netz einen passenden Artikel?

Allgemeine Frage hierzu: "braucht" man überhaupt einen Testamentsvollstrecker? In meinem fiktiven Fall geht es ja darum, dass "die großen Brocken" sinnvoll verteilt werden. Die Kleinigkeiten wie Hausrat und anderes sollen zwar auch hier "theoretisch vorhanden sein" (daher war ja auch der Hinweis von hh betreffend die Unterschiede Vermächtnis und Erbe, und dass über das Erbe ursprünglich gar nichts konkretes drinstand, höchst sinnvoll)!

-- Editiert von Neptunis am 20.12.2017 10:22

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47640 Beiträge, 16840x hilfreich)

Zitat:
Gibt's diesbezüglich vielleicht irgendwo im Netz einen passenden Artikel?


Nein, damit wollte ich auch nicht aussagen, dass auf einen Testamentsvollstrecker grundsätzlich Fallen lauern. In diesem konkreten Fall kann das aber sein, jedenfalls wenn es dumm läuft. Aber einfach mal nach "Haftung Testamentsvollstrecker" suchen, vielleicht kommt man selbst drauf, welcher spezielle Punkt in diesem Fall problematisch sein kann.

Zitat:
"braucht" man überhaupt einen Testamentsvollstrecker?


Nein, es ist sogar eher ungewöhnlich, dass ein Testamentsvollstrecker eingesetzt wird. Üblicherweise verwalten die Erben den Nachlass gemeinsam.

Zitat:
In meinem fiktiven Fall geht es ja darum, dass "die großen Brocken" sinnvoll verteilt werden.


Wenn V und/oder M verstorben sind, dann ist ohnehin ein notarieller Erbauseinandersetzungsvertrag zwischen S und T erforderlich, auch nachdem zuvor ein Erbschein beantragt wurde. Ein Testamentsvollstrecker ist in erster Linie dann erforderlich, wenn der Erblasser sicher stellen will, dass die testamentarischen Bestimmungen genau so umgesetzt werden, wie sie festgelegt wurden. Dazu muss man wissen, dass ohne Testamentsvollstrecker die Erben den Nachlass auch anders als vom Erblasser gewünscht aufteilen können, wenn sich die Erben über die geänderte Aufteilung einig sind.

Wenn sich S und T also später z.B. einig darüber sind, dass S doch lieber die Immobilie 2 haben möchte und T die Immobilie 1 bekommt, dann können sie das trotz anders lautendem Testament einfach so vereinbaren, wenn es keinen Testamentsvollstrecker gibt.

-- Editiert von hh am 20.12.2017 12:50

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