Ebay: Traum oder Albtraum? – Teil 1: Vertragsschluss

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Täglich wechseln tausende und abertausende Artikel über das Internetauktionshaus eBay den Besitzer. Für viele private wie gewerbliche Käufer lockt ein großes Schnäppchen, Verkäufer freuen sich über den einfachen Vertriebsweg und die Chance, für ihre Waren etwas mehr Geld zu erlösen als auf dem privaten Flohmarkt nebenan. Doch auch bei einer Tätigkeit über eBay kann es zu einem bösen Erwachen kommen, wenn die maßgeblichen rechtlichen Vorschriften nicht beachtet werden. Der Traum vom einfachen Handel kann schnell zerplatzen. Damit dies nicht geschieht, versucht der vorliegende Ratgeber einen Überblick über die rechtlichen Voraussetzungen bei eBay zu geben. Teil 1 beschäftigt sich hierbei mit dem Vertragsschluss bei einer eBay-Auktion. Der Ratgeber wird in regelmäßigen Abständen erweitert.

Grundlagen

Maximilian A. Müller
Partner
seit 2007
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rathausplatz 1
76829 Landau
Tel: 06341 - 91 777 7
Web: http://www.seither.info
E-Mail:
Aufenthaltsrecht, Internetrecht, Miet- und Pachtrecht, Wohnungseigentumsrecht

Ein Vertrag entsteht durch Angebot und Annahme. Die Annahme muss sich hierbei auf das Angebot beziehen und mit diesem identisch sein. Dieser Grundsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt auch bei einer Auktion im Rahmen von eBay. Das Angebot wird hierbei unterbreitet von dem Verkäufer, der seinen Artikel beschreibt. Gegenstand seines Angebotes ist dabei die gesamte Artikelbeschreibung, einschließlich Bilder. Farbe, Zustand oder Beschädigungen. Jegliche Beschreibung, die der Verkäufer tätigt, ist Bestandteil des Angebotes. Die Annahme des Angebots wird erklärt durch den erfolgreichen Bieter.

Nach anfänglichen Zweifeln ist mittlerweile bereits seit längerem geklärt, dass durch dieses Verhalten der beteiligten Akteure ein verbindlicher Kaufvertrag zustande kommt (z.B. : OLG Oldenburg, Urteil vom 28.07.2005). Der Verkäufer hat sich damit verpflichtet, den angebotenen Artikel für den gebotenen Betrag zu verkaufen und muss sich hierbei strikt an seine Beschreibung halten. Weicht er von dieser ab, macht er sich möglicherweise schadensersatzpflichtig (mehr hierzu in Teil 2 des Ratgebers).

Besonderheit?! - Die abgebrochene Auktion

Ebay ermöglicht es nach seinen Grundsätzen und seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Auktion vorzeitig abzubrechen. Doch anders als vielleicht erwartet werden könnte, führt auch dies zu einem gültigen und bindenden Vertragsschluss mit demjenigen Bieter, der zur Zeit des Abbruchs das höchste Gebot abgegeben hatte. Wer also z.B. seinen PKW bei eBay anbietet, die Auktion jedoch nach einem Tag wieder abbricht, weil sein Nachbar ein attraktives Angebot unterbreitet hat, muss grundsätzlich die eBay Auktion erfüllen. Auch wenn das höchste abgegebene Gebot noch bei 2,50 € lag…

Diese Rechtssprechung wurde unter anderem von OLG Oldenburg in dem oben bereits zitierten Urteil bestätigt.

Die Lösung? – Anfechtung des Kaufvertrages

Sich von einem bestehenden Vertrag zu lösen, ist nicht einfach. Eine Möglichkeit bietet die Anfechtung der eigenen Willenserklärung gemäß § 119 ff BGB. Voraussetzungen hierfür ist, dass sich der Verkäufer bei Abgabe seiner Erklärung, das heißt konkret bei Erstellung seiner Artikelbeschreibung, in einem Irrtum befand. Dies kann der Fall sein, wenn er sich vertippte oder verschrieb, aber auch wenn er sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft seiner Sache irrte. Wenn also unser PKW Verkäufer in obigem Beispiel plötzlich merkt, dass sein PKW bereits bei Erstellung des Angebots nicht mehr fahrtauglich war, kann er möglicherweise die Anfechtung erklären. Dass tatsächlich ein Irrtum vorlag, muss jedoch der Verkäufer im Streitfalle beweisen.

Diese Anfechtung muss der Verkäufer jedoch unverzüglich (= ohne schuldhaftes Zögern) erklären und diese Erklärung auch dem Käufer zukommen lassen. Alleine der vorzeitige Abbruch einer Auktion reicht hierfür nicht aus. Eine Mail an eBay ebenso wenig. Jedem Verkäufer ist daher zu empfehlen, unmittelbar nach dem Abbruch einer Auktion den Höchstbietenden zu informieren und die Anfechtung zu erklären.

Die Konsequenzen! – Lieferpflicht und Schadensersatz

Ein verbindlicher Vertrag verpflichtet beide Seiten dazu, den Vertrag entsprechend den Vereinbarungen zu erfüllen. Der Verkäufer muss daher die Ware liefern, der Käufer ist zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Diese Verpflichtungen können auch im Wege einer gerichtlichen Klage geltend gemacht werden, wenn auf einem anderen Wege eine Einigung nicht erzielt werden kann.

Ist der Verkäufer nicht mehr zur Herausgabe und Übereignung des angebotenen Artikels in der Lage, z.B. weil er es bereits an einen Dritten verkauft hat oder der Artikel in der Zwischenzeit beschädigt wurde, so kann der Käufer Schadensersatz verlangen, wenn der Verkäufer zumindest fahrlässig handelte und deshalb seiner Pflicht nicht nachgekommen kann. Dies dürfte der Regelfall sein, im Übrigen liegt es auch an dem Verkäufer, zu beweisen, dass er gerade nicht fahrlässig handelte. Dies dürfte im Einzelfall schwer fallen.

Die Höhe des Schadensersatzes ist relativ leicht zu berechnen und bestimmt sich im Wesentlichen aus der Differenz zwischen dem gebotenen Kaufpreis und dem Wert des versprochenen Artikels. Ist das Fahrzeug unseres obigen Autoverkäufers also noch etwa 10.000 € wert, während das Höchstgebot lediglich 2.000,00 € betrug, so kann der Käufer die Differenz und damit 8.000,00 € Schadensersatz verlangen. Ein gutes Geschäft, zumindest für den Käufer…

Der Praxistipp

Prüfen Sie vor der Abgabe von Geboten aber auch vor dem Einstellen eines Artikels ausführlich, ob Sie sich wirklich vertraglich binden wollen. Als Verkäufer denken Sie an die Möglichkeit einer Anfechtung, falls Sie während der Auktion merken sollten, dass Sie einem Irrtum unterlegen waren. Für beide Seiten gilt: Eine Auktion ist grundsätzlich bindend, so dass hieraus auch Schadensersatzpflichten entstehen können, die durchaus enorme Höhen annehmen können.


Der Autor ist Sozius der Rechtanwaltskanzlei Dr. Seither in Landau in der Pfalz und bei der Rechtsanwaltskammer Zweibrücken als Rechtsanwalt zugelassen. Er ist insbesondere im Wohnungseigentums- sowie im Mietrecht tätig und beschäftigt sich darüber hinaus mit Fragen rund um das Internetauktionsrecht und berät Sie gerne bei Ihren Streitigkeiten bei eBay-Auktionen.

RA Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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Der vorstehende Artikel erhebt nicht den Anspruch, eine abschließende rechtliche Beratung darzustellen. Fragen, Lob, Kritik und sonstige Anregungen zu dem Artikel sind gerne gesehen.
Leserkommentare
von seppel82 am 04.05.2015 09:45:35# 1
Sehr geehrter Herr RA Dr. Müller,

ich habe eine genaue Frage zur "Beendigung" des Angebotes.
Ist dies der Zeitpunkt zum dem das Angebot ausgelaufen wäre und könnte man von einer Unterbrechung sprechen, wenn ich das Angebot kurzzeitig entferne und ein neues Angebot einstelle, was vor dem vorherigen Angebot oder genau zu dem Zeitpunkt enden würde?
Natürlich müsste ich den aktuell Höchstbietenden darüber informieren.
Vielen Dank
seppel82