Doch kein später Einkauf möglich?

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"Für eine Ladenschlussreform gibt es derzeit keinen Handlungsbedarf." So stellte Wirtschaftsminister Werner Müller die Auffassung der Regierung dar. Das Thema sei momentan nicht vordringlich und müsse daher hinter Renten- und Gesundheitsreform zurückstehen.

Vor allem Bundeskanzler Schröder stellte sich in den letzten Tagen eindeutig gegen eine Liberalisierung der Öffnungszeiten. Am Rande der Gespräche mit den Gewerkschaften über die Rentenreform signalisierte er, die Regierung wolle sich gegenwärtig nicht in Sachen Ladenschluss engagieren. Unterstützung erhielt der Kanzler dabei aus Bayern und dem Saarland. Beide Länder hatten sich kürzlich gegen eine Änderung der bestehenden Regelungen ausgesprochen. Dennoch kritisierten auch sie Schröders politischen Stil: Zunächst fordere die Regierung die Länder zu Änderungsvorschlägen auf, dann weise Schröder auf einmal jeglichen Handlungsbedarf zurück. "So geht man nicht miteinander um", sagte die bayerische Sozialministerin Barbara Stamm (CSU).
Der Deutsche Gewerkschaftsbund dementierte einen Zusammenhang zwischen den Rentengesprächen und dem Ladenschluss. Von anderen Parteien war Schröder unterstellt worden, den späteren Ladenschluss zu opfern, wenn sich die Gewerkschaften bei den Gesprächen über die Rentenreform kompromissbereit zeigen.

Die FDP pocht weiterhin auf eine völlige Abschaffung des Ladenschlussgesetzes. Der FDP-Vize Brüderle warf in diesem Zusammenhang Wirtschaftsminister Müller Phantasielosigkeit und politische Gestaltungsschwäche vor. Obwohl Müller persönlich für längere Öffnungszeiten plädiere, nehme er Rücksicht auf die Gewerkschaften und verweigere sich einer Modernisierung.

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller bezog für die Gewerkschaften Partei: Längere Einkaufsmöglichkeiten führten erstens nicht zu mehr Arbeitsplätzen, wie die letzte Reform gezeigt habe. Zweitens gefährdeten sie das soziale Gefüge, da lediglich große Unternehmen begünstigt würden. Damit stellte sich der Saarländer gegen die Mehrheit der CDU-geführten Länder, die eine Gesetzesänderung über den Bundesrat durchsetzen wollen.

Nach Informationen der WELT wollen einige Bundesländer am 29. September eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat einbringen, die eine liberalere Gestaltung der Öffnungszeiten vorsieht. Es gelte als sicher, dass sich zumindest der Wirtschaftsausschuss für den Ladenschluss um 22 Uhr an Wochentagen einsetzen werde. Damit die Initiative den Bundesrat passieren kann, sind 35 Stimmen notwendig. 30 Stimmen dafür stünden fest, so die Befürworter der Gesetzesnovelle. Das Verhalten der Länder Hamburg (3 Stimmen), Bremen (3 Stimmen), Schleswig-Holstein (4 Stimmen) und Niedersachen (6 Stimmen) sei noch unsicher, sie könnten dann den entscheidenden Ausschlag geben.

Kritik am plötzlichen Rückzug der Regierung kam von Münchener Ifo-Institut: Nach den Worten des Ifo-Präsidenten Hans-Werner Sinn mache Bundeskanzler Schröder einen Rückzieher vor den Gewerkschaften und stelle damit das Interesse von drei Millionen Verkäufern über das Interesse von 70 Millionen Käufern. Es passe einfach nicht mehr in die heutige Zeit, dass "um 20 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt" würden.

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