Dienstherr muss Beihilfe für nicht verschreibungspflichtige Medikamente zahlen

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Dienstherr muss Beihilfe für nicht verschreibungspflichtige Medikamente zahlen

Das Berliner Verwaltungsgericht hat nunmehr über acht Klagen von Berliner Landesbeamten entschieden, die eine höhere Zuzahlung ihres Dienstherrn zu ihren Krankheitskosten (Beihilfe) begehrt hatten.

Drei der Kläger begehrten Beihilfe für Kosten, die ihnen beim Bezug von medizinisch notwendigen, nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten entstanden waren. Das Landesverwaltungsamt Berlin lehnte die Anträge mit der Begründung ab, dass aufgrund einer Änderung der Verwaltungsvorschriften über die Beihilfegewährung an Beamte zum 01.08.2004 die Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente generell nicht mehr erstattungsfähig sind. Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhoben die betroffenen Beamten Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin.

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Das Verwaltungsgericht hat den Klagen mit der Begründung stattgegeben, dass der Dienstherr mit dem generellen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente von der Erstattungsfähigkeit (Beihilfefähigkeit) das Beihilfesystem für Beamte strukturell geändert. Eine derart weitreichende Änderung könne nicht, wie geschehen, durch Verwaltungs-vorschrift, sondern nur durch förmliches Gesetz oder Rechtsverordnung erfolgen.

In dem Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente von der Beihilfefähigkeit liegt zudem ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ein sachlich rechtfertigender Grund dafür, bei verschreibungspflichtigen Medikamenten Beihilfefähigkeit vorzusehen, bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten dagegen nicht, sei nicht ersichtlich.

Als verschreibungspflichtig werde ein Medikament in der Regel dann eingestuft, wenn es auch bei bestimmungsgemäßer Anwendung Gesundheitsgefahren für den Anwender mit sich bringe. Mithin seien nach der von den Klägern angegriffenen Änderung der Beihilfevorschriften der Sache nach nur noch „gefährliche" Medikamente beihilfefähig; „ungefährliche" dagegen nicht. Die geringere Gefährlichkeit eines Medikaments könne für sich genommen einen Ausschluss von der Beihilfefähigkeit aber nicht rechtfertigen.

Schließlich liegt in dem generellen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente von der Beihilfefähigkeit auch ein Verstoß des Dienstherrn gegen seine ihm aus Art. 33 Abs. 5 GG obliegende Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten vor. Danach dürfe der Dienstherr seinen Beamten im Bereich der Vorsorge gegen Krankheitskosten keine unkalkulierbar hohen Risiken aufbürden. Genau dies sei aber mit dem völligen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Beihilfefähigkeit geschehen. Im Extremfall könnten danach hohe Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente das Gehalt des Beamten vollständig aufzehren.

Urteile der 28. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts vom 11. September 2007 - VG 28 A 49.06, VG 28 A117.06.

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