Diebstahl am Arbeitsplatz, Kündigung ohne Wenn und Aber?

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Grundsätzlich muss ein Arbeitnehmer, der am Arbeitsplatz stiehlt, mit der (u.U. fristlosen) Kündigung seines Arbeitsvertrages rechnen. Auch der Diebstahl geringwertiger Sachen kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt. Die Kündigung ist nämlich das letzte Mittel. Sie ist daher nur gerechtfertigt, wenn es keine andere weniger einschneidende Möglichkeit mehr gibt, den Konflikt zu bereinigen. Daher muss immer der Einzelfall betrachtet werden.

Rechtfertigungsgrund für eine Kündigung wegen Diebstahls ist in erster Linie die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Daher kommt es bei der Beurteilung der Kündigung darauf an, ob der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, dass die Wegnahme einer Sache vom Arbeitgeber missbilligt werden würde. Dies kann z.B. bei ausgemusterten Einrichtungsgegenständen des Arbeitgebers zweifelhaft sein, wenn er diese in der betrieblichen Praxis häufig an seine Arbeitnehmer verschenkt, ohne dass dem ein bestimmtes Regelungsmuster zugrunde liegt. Nimmt dann ein Arbeitnehmer ausgemusterte Gegenstände eigenmächtig mit, so könnte es an dem Unrechtsbewusstsein des Arbeitnehmers fehlen. In einem solchen Fall ist es möglich, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ungerechtfertigt ist. Eine Abmahnung hätte hier ausgereicht, um den Konflikt zu bereinigen (z.B. LAG Schleswig-Holstein 3 Sa 324/09).

Umgekehrt sind an Arbeitnehmer in besonderen Vertrauenspostionen erhöhte Anforderungen an die Korrektheit zu stellen. Insbesondere bei Arbeitsstellen mit Geldbezug (z.B. Kassierer, Bankangestellter) oder in Leitungsfunktionen kommt der Vertrauenswürdigkeit des Arbeitnehmers eine hohe Bedeutung zu. Daher kann hier schon die Wegnahme ganz geringwertiger Sachen einen so schwerwiegenden Vertrauensverlust begründen, dass eine fristlose Kündigung auch ohne eine Abmahnung zulässig wäre. Arbeitnehmer, die sich in einer solchen Vertrauensstellung befinden, sollten auch außerdienstlich keinen Zweifel an ihrer Vertrauenswürdigkeit aufkommen lassen. Der Kassierer, der außerdienstlich wegen eines Diebstahls oder einer Untreue auffällt, muss ebenfalls mit einer Kündigung rechnen.

Auch der Diebstahlsverdacht kann für eine Kündigung ausreichen, wenn sich der Verdacht auf Tatsachen stützt, die eine Täterschaft des Arbeitnehmers dringend nahelegen. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anhören, bevor er kündigt.

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