Die überschuldete Erbschaft – Was nun?

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Wie viel Zeit steht mir zur Verfügung? Wo muss ich die Erklärung einreichen?

Eine Erbschaft bringt nicht immer nur Vorteile, sondern auch Verantwortung mit sich. Denn zusammen mit dem Vermögen gehen auch die Schulden des Erblassers auf die Erben über (§ 1967 BGB). Dabei bedarf es für die Annahme einer Erbschaft nach dem deutschen Recht nicht einmal einer Erklärung seitens des Erben. Sollten Sie Erbe sein, dann geht die Erbschaft „automatisch" auf Sie über. Wenn Sie eine Überschuldung des Nachlasses vermuten, sollten Sie daher über die Ausschlagung der Erbschaft (§ 1942 BGB) nachdenken.

Im Fall der Ausschlagung dürfen Sie zwar keine zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände behalten, Sie haften aber auch nicht für die Schulden des Erblassers. Schlagen Sie die Erbschaft aus, dann sind die nachgeordneten Erben an der Reihe (§ 1953 BGB). Wenn diese die Erbschaft ebenfalls ausschlagen, wird der Fiskus („der Staat") zum Erben.

Die Erklärung über die Ausschlagung der Erbschaft müssen Sie recht zügig innerhalb einer 6-Wochen-Frist bei dem Nachlassgericht abgeben (i. d. R. das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte). Hatte der Erblasser seinen einzigen Wohnsitz im Ausland oder befand sich der Erbe bei Beginn der Frist im Ausland, dann verlängert sich die Frist auf sechs Monate.

Wann beginnt die Frist?

Die Frist beginnt mit Kenntnis von der Erbschaft: Sie müssen aus sicheren Quellen von dem Tod des Erblassers erfahren haben. Auch den Grund, weshalb Sie möglicherweise zu seinen Erben zählen (Testament, Erbvertrag, Verwandtschaft etc.), müssen Sie kennen. Ihnen muss die familienrechtliche Beziehung (Ehe, Lebenspartnerschaft, Verwandtschaft)klar sein, die die Erbfolge begründet. Waren andere Personen vorrangig als Erben eingesetzt, beginnt die Frist erst dann zu laufen, wenn Sie erfahren, dass diese die Erbschaft ausgeschlagen haben bzw. bereits verstorben sind. Hat der Erblasser ein Testament hinterlassen, beginnt die Frist zu laufen, wenn Sie von der Testamentseröffnung erfahren.

Wie sieht so eine Ausschlagungserklärung aus?

In der schriftlichen Erklärung müssen Sie eindeutig bekunden, nicht ein Erbe sein zu wollen. Die Ausschlagung können Sie weder unter einer Bedingung (z. B. nur für den Fall der Überschuldung des Nachlasses) noch für einen Teil des Nachlasses erklären. Sie können nur die komplette Erbschaft ausschlagen.

Die Ausschlagungserklärung bedarf einer notariellen Beurkundung. Ein einfacher bzw. anwaltlicher Brief reicht also nicht aus. Sie müssen somit die Erklärung von einem Notar beurkunden lassen, bevor Sie diese an das Nachlassgericht absenden.

Falls Sie der Post misstrauen und sich den Weg zum Nachlassgericht leisten können, können Sie die Erklärung auch dort vor dem zuständigen Rechtspfleger zu gerichtlichem Protokoll aufnehmen lassen. Bei dieser Vorgehensweise haben Sie den Vorteil, dass die Erklärung mit der Beendigung der Niederschrift als zugegangen gilt.

Die Kosten sind in beiden Fällen gleich und hängen vom Wert des Nachlasses ab (Wert der Vermögensmasse abzüglich Schulden). Bis zur Höhe von 1.000 € werden 2,50 € fällig. Durch den Eingang der Erklärung bei dem Nachlassgericht kommen weitere 2,50 € hinzu.

Vergessen Sie nicht, Ihre Ausweispapiere zu dem Beurkundungs- bzw. Gerichtstermin mitzunehmen!

Was ist vor der Ausschlagung noch zu beachten?

Es empfiehlt sich, vor der Ausschlagung in einer notariell beglaubigten Erklärung festzuhalten, welche Vermögensgegenstände (Sachen und Forderungen) nach Ihrer Kenntnis zum Nachlass gehören und welchen Wert diese haben. Die Bescheinigung werden Sie für den Fall brauchen, sollte der Verdacht auf Überschuldung sich als falsch herausstellen (unbekannte Vermögensgegenstände tauchen plötzlich auf, der Wert der einzelnen Nachlassgegenstände ist in der Tat viel höher als erwartet etc.). In einem solchen Fall werden Sie in der Lage sein, die Ausschlagungserklärung mittels einer Anfechtung beseitigen zu können.

Sie dürfen keine Gegenstände aus dem Nachlass verkaufen und keine Forderungen des Erblassers abtreten. Machen Sie es trotzdem, wird aus Ihrem Verhalten möglicherweise geschlossen, dass Sie die Erbschaft annehmen wollen. Danach können Sie diese nicht mehr ausschlagen.

Ausschlagungsfrist ist bereits abgelaufen. Kann ich noch etwas tun?

Haben Sie die Ausschlagungsfrist verstreichen lassen und ist der Nachlass tatsächlich überschuldet, stehen Sie den „sich freuenden" Gläubigern nicht schutzlos gegenüber. Es besteht die Möglichkeit, die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten auf die Höhe des Nachlasswertes zu beschränken. Dafür müssen Sie die Anordnung einer gerichtlichen Nachlassverwaltung bzw. die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen (§ 1975 BGB). Lassen Sie sich in einem solchen Fall von einem Rechtsanwalt beraten.

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