Die Untersuchungshaft

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1. Anordnung nur durch einen Richter

Die Untersuchungshaft (U-Haft) ist wohl die mit Abstand schwerwiegendste Zwangsmaßnahme, die in einem Strafverfahren seitens des Staates verhängt werden kann. Sie ist ein massiver Eingriff in das Freiheitsrecht des Bürgers, der mangels gerichtlichen Schuldspruches im Rechtsstaat immer als unschuldig zu gelten hat. Daher ist es von herausragender Bedeutung immer wieder sich vor Augen zu führen, dass die Untersuchungshaft keine Strafe darstellen soll und darf, sondern einzig dem Zweck zu dienen bestimmt ist, die Fortführung und Effizienz des Strafverfahrens zu gewährleisten. In der Praxis wird die Untersuchungshaft von den Betroffenen jedoch als belastender und schlimmer empfunden als die Haft im Strafvollzug.

Ihre Rechtsgrundlage findet die Untersuchungshaft in den §§ 112 ff. StPO. Auf die Voraussetzungen der Verhängung von Untersuchungshaft soll im Folgenden kurz eingegangen werden.

In den Medien wird immer wieder davon berichtet, dass die "Staatsanwaltschaft U-Haft verhängt bzw. Haftbefehl erlassen habe". Dies ist schlicht falsch. Die Staatsanwaltschaft hat nicht die Kompetenz einen Haftbefehl zu erlassen. Als gravierender Eingriff in Freiheitsgrundrechte, kann in einem Rechtsstaat nur ein Richter den Haftbefehl erlassen. Die Staatsanwaltschaft kann als Strafverfolgungsbehörde lediglich den Erlass eines Haftbefehls beantragen. Zugegebenermaßen folgen die Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Haftbefehls relativ bereitwillig, ohne tiefergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage. Richtig ist auch, dass eine vorläufige Festnahme im Vorfeld des Haftbefehl durch die Staatsanwaltschaft bzw. die Polizei angeordnet werden kann. Der Beschuldigte ist aber dann unverzüglich einem Haftrichter vorzuführen, der über die Fortdauer der Haft entscheidet.

2. Dringender Tatverdacht

Gegen den Beschuldigten muss sog. dringender Tatverdacht vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn eine spätere Verurteilung aufgrund der nachweisbaren Sachlage wahrscheinlicher ist, als ein Freispruch. Dies wird, insbesondere von der Strafverfolgungsbehörde, schnell angenommen und bejaht.

3. Haftgrund

Für die Verhängung von Untersuchungshaft ist ferner erforderlich, dass ein Haftgrund besteht. Diese zählt das Gesetz abschließend auf. Als Haftgründe kommen einzig in Betracht: Flucht, Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr. Ein Haftgrund wird entgegen dem Wortlaut des § 112 Abs. 3 StPO auch bei den dort genannten Delikten gefordert, auch wenn in diesem Bereich geringere Anforderungen gestellt werden. Der § 112a StPO lässt als präventiv Maßnahme eine Haft auch bei Wiederholungsgefahr zu.

Der mit Abstand am häufigsten angenommene Haftgrund ist die Fluchtgefahr. Allzu gerne wird von den Gerichten die hohe Strafdrohung als Indiz für eine Fluchtgefahr gewertet. Ferner wird oft auf die Staatsangehörigkeit und darauf abgestellt, ob der Beschuldigte einen festen Wohnsitz hat.

4. Verhältnismäßigkeit

Wie jede andere staatliche Maßnahme auch, muss die Verhängung von Untersuchungshaft verhältnismäßig sein. Eine Unverhältnismäßigkeit kann sich im Einzelfall aus dem Bagatellcharakter des vorgeworfenen Delikts oder daraus ergeben, dass andere, mildere Mittel geeignet sind, die Durchführung des Verfahrens zu sichern (wie zB Meldepflichten, Kaution).

Die Untersuchungshaft wird in der Praxis leider viel zu oft verhängt. Es gibt viele Fälle, in denen eine Fluchtgefahr nahezu ausgeschlossen werden kann, und trotzdem an einer Unterbringung in Untersuchungshaft festgehalten wird. Hinzu kommt, dass der Haftrichter oft ohne weitergehende Prüfung lediglich einen vorgelegten Haftbefehl unterschreibt und erlässt.

Gegen die Anordnung der Untersuchungshaft kann Haftbeschwerde eingelegt oder Haftprüfung gem. §117 StPO beantragt werden. Es kann auch versucht werden eine Außervollzugsetzung gem. §116 StPO zu erreichen.

Lassen Sie sich dazu von Ihrem Verteidiger beraten. Seit dem 1.1.2010 ist zwingend vorgeschrieben, dass jedem Untersuchungshaftgefangenen ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden muss (§140 Abs. 1 Nr. 4 StPO).

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