Die Rolle des Vorgesetzten beim Burnout der Mitarbeiter: Wird der Spieß jetzt umgedreht?

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Welche rechtlichen Folgen hat die Evaluation von Vorgesetzten?

Spiegel-Online berichtet am 29.7.2011, dass eine beim Konzern Volkswagen durchgeführte Untersuchung ergeben habe, dass Vorgesetzte den Krankenstand ihrer Mitarbeiter „mitnehmen“, wenn sie von einer Abteilung in die andere versetzt werden. Spiegel-Online berichtet auch, dass der Fahrzeughersteller MAN bei seinen Mitarbeitern weltweit Fragebögen ausfüllen lässt, in denen deren Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz und mit dem Chef im Rahmen einer Evaluation erfragt wird. Spiegel-Online zitiert den Personalvorstand des Unternehmens: „Wir müssen offen darüber sprechen, ob die Vorgesetzten Teil der Lösung oder Teil des Problems sind.“

Es stellt sich die Frage, ob sich durch die Evaluation von Vorgesetzten nicht Möglichkeiten des Mobbings am Vorgesetzten eröffnen? In den Vereinigten Staaten, in denen Pionierarbeit zum Thema Evaluation und Qualitätsmanagement geleistet wird, wird berichtet, dass die Evaluation auch kontraproduktive Folgen haben kann. Der Evaluierte kann systematisch gemobbt und so aus dem Job gedrängt werden. Um dieses zu vermeiden, kommt es vor, dass der Evaluierte den Evaluierenden alles Recht machen will. Bei der Evaluation von Vorgesetzten sollte genau darauf geachtet werden, dass das nächste Burnout-Opfer nicht der Chef selbst ist.

Zudem stellt sich die Frage, inwieweit arbeitsvertragliches Fehlverhalten aus derartigen Befragungen abgeleitet werden kann. Kann ein leitender Angestellter allein wegen eines negativen Evaluationsergebnisses abgemahnt und im Widerholungsfall fristlos gekündigt werden? Rechtsprechung hierzu existiert bislang soweit ersichtlich noch nicht. Da nur eigenes Handeln ein arbeitsvertragliches Fehlverhalten darstellen kann, wird man dies wohl verneinen müssen. Das Fehlverhalten, auf das die Antworten in der Befragung hinweisen, müssten zweifelsfrei nachgewiesen werden. Nur dann könnte ein arbeitsvertragliches Fehlverhalten in Frage kommen.

Ein weiteres Problem ist: Muss die Umfrage in die Personalakte? Hat der Evaluierte ein Einsichtsrecht in die Umfrageergebnisse? Auch dies ist bislang ungeklärt. Aufgrund seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird man ein Einsichtsrecht wohl bejahen müssen. Falls ein negatives Umfrageergebnis in die Personalakte gelangt, wird ein Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte wohl ebenfalls zu bejahen sein, wenn die Antworten falsche Tatsachen verbreiten oder unsachlich sind.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer: Sollten Mitarbeiter Sie aufgrund unsachlicher oder nicht zutreffender Kriterien negativ evaluieren, ist es ratsam, dieses Problem in vom Arbeitgeber moderierten Mitarbeitergesprächen anzusprechen.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber: Eine Evaluation sollte professionell durchgeführt werden. Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten – die durchaus grundsätzlich gut sind – haben gezeigt, dass sich die Evaluierenden durch den Evaluierten durch Nettigkeiten „bestechen“ lassen können. Evaluation macht vor allem dort einen Sinn, wo eine Kultur der Offenheit und Transparenz herrscht.

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