Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung gem. § 371 AO

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Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung gem. § 371 AO

Die Selbstanzeige gem. § 371 Abgabenordnung (AO) ist im deutschen Recht die einmalige Möglichkeit, trotz einer bereits vollendeten Steuerhinterziehung straffrei zu bleiben

Nicht erst der Steuerstrafprozess vom Uli Hoeneß hat deutlich gezeigt, dass eine Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat ist, die im schlimmsten Fall mit Freiheitsstrafe geahndet wird. Das Interesse der Betroffenen an der Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige im Rahmen einer Nacherklärung sämtlicher Einkünfte ist in letzter Zeit so groß wie nie zuvor, da der Druck des Staates durch Ankauf von Daten der potentiellen Steuersünder immer immer größer wird. Es reicht nicht mehr aus, auf das Bankengeheimnis zu vertrauen.

Ausländische Banken drängen Ihre Kunden, Konten offenzulegen

Im Gegenteil viele Banken drängen – auch aufgrund des erstarkten Drucks der deutschen Politik - ihre ausländischen Kunden nahezu, Konten und Depots gegenüber der Finanzverwaltung offen zu legen. Teilweise drohen die Banken gar mit der Kündigung des Kontos, was in vielen Fällen fatale Folgen hat. Denn ein Transfer nach Deutschland ist ohne Meldung bei den Finanzbehörden nahezu ausgeschlossen und der Bargeldtransfer über die Grenze birgt viele Gefahren und kostet darüber hinaus Zeit und Nerven.

Sascha  Kugler
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Unversteuertes Vermögen kann nacherklärt werden

Hat sich der Betroffene entschlossen, den Weg zurück in die Legalität zu nehmen, ist Angriff die beste Verteidigung. Sofern noch keine Ermittlungen laufen, haben Sie als Betroffener die Möglichkeit, Ihr bislang im Ausland unversteuertes Vermögen im Rahmen einer Selbstanzeige nachzuerklären. Die Selbstanzeige nach § 371 Abgabenordnung (AO) ist im deutschen Recht die einmalige Möglichkeit, trotz einer bereits vollendeten Steuerhinterziehung einem unangenehmen Strafverfahren mit ungewissem Ausgang straffrei zu entgehen.

Nachteil ist natürlich, dass das den Finanzbehörden bisher unbekannte Vermögen nunmehr im Nachhinein versteuert werden muss. Allerdings mit dem entscheidenden Vorteil, dass keine strafrechtlichen Sanktionen drohen.

Der möglicherweise später doch erwischte Steuersünder hat ein Strafverfahren zu befürchten, das möglicherweise mit einer Haftstrafe endet. Mit Sicherheit wird aber neben der ebenfalls dann fälligen Steuernachzahlung noch eine beträchtliche Geldbuße verhängt, die in vielen Fällen das doppelte der eigentlichen Steuerschuld beträgt.

Selbstanzeige sollte unbedingt vollständig sein

Der Angriff im Rahmen einer Selbstanzeige sollte jedoch zwingend gut vorbereitet und überlegt sein. Keinesfalls sollte die Selbstanzeige überstürzt und unvollständig erfolgen.

Zwar kann die Selbstanzeige formfrei abgegeben werden. Damit die Selbstanzeige aber auch die gewünschte strafbefreiende Wirkung entfaltet, müssen bestimmte inhaltliche Voraussetzungen erfüllt werden.

Es dürfen unter anderem keine Ausschluss- und/oder Sperrgründe vorliegen und der Betroffene muss die Möglichkeit haben die hinterzogenen Steuern fristgerecht nachzuzahlen. Fehler bei der Selbstanzeige führen trotz der freiwilligen Selbstanzeige zu einer Bestrafung, vgl. Verurteilung des Uli Hoeness. Dies ist vor allem dann bedauerlich, wenn das Finanzamt - wie in den meisten Fällen - überhaupt erst durch die Selbstanzeige von der Steuerhinterziehung Kenntnis erhalten hat.

Vor Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige sind drei Dinge zu beachten

1. Inhaltliche Voraussetzung einer Selbstanzeige gem. § 371 Abs. 1 AO

Die inhaltlichen Voraussetzungen für die Selbstanzeige nach § 371 AO wurden durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz erheblich geändert und verschärft. Zuvor genügte es, bei der Finanzbehörde unrichtige oder unvollständige Angaben in der Selbstanzeige im Laufe des Verfahrens zu berichtigen, zu ergänzen oder unterlassene Angaben nachzuholen. Nunmehr sind die Anforderungen an die strafbefreiende Selbstanzeige jedoch erheblich gestiegen. Die Angaben in der Selbstanzeige sind nur strafbefreiend, wenn sie vollständig sind und alle unverjährten Steuerstraftaten umfassend und endgültig dokumentieren.

2. Kein Ausschluss der Selbstanzeige gem. § 371 Abs. 2 AO

Vor Abgabe einer Selbstanzeige ist zu prüfen, ob nicht bereits einer der in § 371 Abs. 2 AO benannten Sperrgründe vorliegen. Danach ist eine strafbefreiende Selbstanzeige insbesondere dann ausgeschlossen, wenn

- eine Prüfungsanordnung gem. § 196 AO ergangen ist.

- die Einleitung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens gegenüber dem Betroffenen bekannt gegeben worden ist.

- ein Amtsträger der Finanzbehörde zur Prüfung beim Betroffenen erschienen ist.

- die Tat bereits ganz oder teilweise entdeckt wurde und mit der Entdeckung gerechnet werden musste.

Die ersten drei Sperrgründe für eine strafbefreiende Selbstanzeige sind schnell zu prüfen und auszuschließen. Der vierte Sperrgrund der Tatendeckung ist in den meisten Fällen jedoch nur schwer einzuordnen, was ebenfalls der Fall Hoeneß gezeigt hat.

Eine weitere Besonderheit liegt vor, wenn die Steuerhinterziehung einen Betrag von 50.000 € pro Tat übersteigt, in diesem Fall ist die Selbstanzeige ebenfalls gesperrt. Allerdings besteht auch dann die Möglichkeit eine Strafverfolgung zu verhindern, wenn der Betroffene innerhalb einer seitens der Behörde bestimmten Frist die hinterzogenen Steuern nachzahlt und darüber einen Geldbetrag in Höhe von 5 % des Hinterziehungsbetrages zahlt.

3. Nachzahlung der Steuer gem. § 371 Abs. 3 AO

Das Ergebnis einer Straffreiheit durch eine Selbstanzeige setzt gem. § 371 Abs. 3 AO abschließend voraus, dass der Betroffene die hinterzogenen Steuern in voller Höhe innerhalb einer vom Finanzamt gesetzten Frist nachzahlt. In diesem Fall ist zu beachten, dass die seitens des Finanzamtes gesetzte Frist in den meisten Fällen sehr kurz bemessen wird. Ist der Betroffene nicht in der Lage die Steuerschuld innerhalb der gesetzten Frist zu zahlen, wird die Selbstanzeige ins Leere laufen und nicht zur Straffreiheit führen. Es ist somit vor Abgabe der Selbstanzeige zwingend zu prüfen, ob die Steuerschuld zeitnah zurückgezahlt werden kann.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Selbstanzeige nur dann zur Straffreiheit führt, wenn sie vollständig, freiwillig und rechtzeitig erfolgt ist. Die Voraussetzungen dafür sind eng und komplex. Sie sind für einen Laien kaum in strafbefreiender Form zu erstellen, denn sie setzt neben dem Fachwissen im Steuerrecht insbesondere der Besteuerung von Kapitalanlagen auch steuerstrafrechtliches Wissen und Erfahrung voraus. Es ist daher dringend zu raten, einen Experten der sich auf dieses Thema spezialisiert hat, zu Rate zu ziehen.

Im Übrigen sollte der Betroffene nicht seinen Steuerberater mit der Erstellung der Selbstanzeige konsultieren. Sollte dieser nämlich im Rahmen der Prüfung feststellen, dass die Selbstanzeige nicht mehr möglich ist oder eine fehlerhafte Steuererklärung abgeben haben, so kann er den Betroffenen nicht mehr weiter beraten und betreuen, weil er sich dann aufgrund der erlangten Kenntnis der Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar machen würde.

Wer bei der Selbstanzeige Fehler macht, hat sich nicht nur selbst verraten, sondern wird vielmehr erst aufgrund seiner falschen Selbstanzeige strafrechtlich belangt werden und hat neben den Steuernachzahlungen mit einer empfindlichen Geldbuße zu rechnen.

Sascha Kugler
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