Die Insolvenzantragspflicht des GmbH-Geschäftsführers – oder:

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Wann muss ein GmbH-Geschäftsführer einen Insolvenzantrag stellen?

Autor: Rechtsanwalt Uwe Willmann, Nürnberg

Die gesetzlich normierte Pflicht des Geschäftsführers einer GmbH zur Insolvenzantragstellung ist häufig nicht bekannt. Oder die entsprechende Pflicht ist bekannt und wird in der Krise des Unternehmens von der Geschäftsführung schlichtweg verdrängt. Dabei hat die Verletzung dieser Antragspflicht gravierende persönliche Folgen für den betroffenen Geschäftsführer. Beispielsweise droht die persönliche zivilrechtliche Inanspruchnahme durch Gläubiger oder die Gesellschaft selbst. Noch gravierender aber ist: Die Verletzung dieser Verpflichtung wird nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbH-Gesetz strafrechtlich mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe sanktioniert. Damit drohen dem Geschäftsführer einer GmbH in der Krise durchaus harte strafrechtliche Konsequenzen. Eine strafrechtliche Verurteilung hat u.U. erhebliche Folgen im privaten Umfeld, z.B. der Familie des betroffenen Geschäftsführers. Die eigene weitere zukünftige berufliche Entwicklung und damit auch die finanzielle Absicherung der Familie ist durch eine rechtskräftige Verurteilung erheblich gefährdet.

Die strafrechtliche Relevanz eines entsprechenden Pflichtenverstoßes wird durch die rechtzeitige Antragstellung vermieden. Wann also ist der GmbH-Geschäftsführer verpflichtet, einen Insolvenzantrag für die von ihm geführte Gesellschaft zu stellen?

Uwe Willmann
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Die Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers einer GmbH ist in § 64 GmbH-Gesetz verbindlich geregelt. Demnach muss der GmbH-Geschäftsführer bei dem zuständigen Amtsgericht - Insolvenzgericht - die Eröffnung des Insolvenzverfahren ohne schuldhaftes Zögern beantragen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Die Gesellschaft ist zahlungsunfähig und/oder
  • die GmbH ist überschuldet .

Wann liegt Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung einer Gesellschaft vor?

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Hierzu ist zunächst ein Finanzstatus erforderlich. Es werden das verfügbare Potenzial an Finanzmitteln einerseits und die Verbindlichkeiten andererseits gegenübergestellt. Berücksichtigt werden hierbei auch der Liquiditätsgrad der Finanzmittel und die Fälligkeit der Verbindlichkeiten. Dann wird unter Einbeziehung der zukünftigen Geschäftstätigkeit und etwaiger hieraus zu erwartender Zahlungseingänge ein Finanzplan entwickelt. Zeigt der Finanzplan, dass gegenwärtig fällige Verpflichtungen über einen Monat hinaus nicht bedient werden können, ist Zahlungsunfähigkeit gegeben.

Zahlungsunfähigkeit liegt regelmäßig dann vor, wenn die Gesellschaft ihre Zahlungen völlig eingestellt hat. Häufige in der tagtäglichen Beratungspraxis vorzufindende Indizien, die auf eine Zahlungsunfähigkeit hindeuten, sind z.B. :

Offene, ältere Lieferantenrechnungen; Häufung eingehender Mahnschreiben; Mahnbescheidsverfahren; Rückstände bei fälligen Löhnen und Gehältern sowie Sozialversicherungsbeiträgen; rückständige Mieten und Leasingraten; Umsatzsteuerverbindlichkeiten; über das jeweilige Limit hinaus überzogene Bankkonten; Hingabe ungedeckter Schecks; Bekanntwerden von Wechselprotesten etc. .

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Vermögen und Schulden des Unternehmens sind stichtagsbezogen gegenüberzustellen. Die Bewertung erfolgt unter Berücksichtigung einer vorab zu ermittelnden Fortbestehensprognose. Grundlage hierfür ist das Unternehmenskonzept und die Finanzplanung.

Oftmals übersehen wird, dass nach dem Gesetz der Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern den Insolvenzantrag zu stellen hat. Das bedeutet, dass der Geschäftsführer bei Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung, unverzüglich, spätestens aber innerhalb einer Frist von drei Wochen Insolvenz anmelden muss.

Häufig wird in der Praxis die rechtzeitige Antragstellung versäumt. Die Geschäftsführung mag sich die Schieflage und in der Regel bereits seit längerem erkennbare Krise des Unternehmens nicht endgültig eingestehen. Die Entscheidung zur Insolvenzantragstellung wird nicht getroffen. Oft obwohl z.B. der Gerichtsvollzieher bereits im Gläubigerauftrag zu vollstrecken versucht hat. Die oben genannten strafrechtlichen - und ggf. auch zivilrechtlichen - Konsequenzen treffen den oder die Geschäftsführer dann i.d.R. völlig unvorbereitet. Dies gilt umso mehr, als das Insolvenzverfahren auch durch einen so genannten Fremdantrag eines Gläubigers eingeleitet werden kann.

Jedem Geschäftsführer ist deshalb dringend anzuraten, sich im Zweifelsfalle über die ihm durch das Gesetz auferlegte Insolvenzantragspflicht mit Hilfe eines im Insolvenzrecht fachkundigen Rechtsanwaltes seines Vertrauens klar zu werden. Das gilt auch dann, wenn – oft im Nachgang zu Insolvenzantragsverfahren – evt. bereits ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den oder die Geschäftsführer eingeleitet ist.

Damit können erhebliche persönliche, sowohl straf- als auch zivilrechtliche Nachteile vermieden werden. Darüber hinaus bietet die Einleitung eines geordneten, rechtzeitigen Insolvenzverfahrens durchaus auch Chancen, bis hin zur Sanierung des Unternehmens.


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