Die DRK-Schwesternschaft - Rechtsstellung von Rot-Kreuz-Schwestern

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I. Rot-Kreuz-Schwestern sind keine Arbeitnehmer

Obwohl durch die ständige Rechtsprechung immer wieder bestätigt, sind Mitglieder der DRK-Schwesternschaft nicht selten überrascht, wenn sie erfahren, dass sie keine Arbeitnehmerinnen sind und ihnen somit z.B. kein Kündigungsschutz bei Verlust des Arbeitsplatzes zusteht oder die DRK-Schwesternschaft gesetzlich nicht verpflichtet werden kann, die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes (MSchG) zu beachten.

II. BAG Rechtssprechung: Vereinsrechtliche Arbeitspflicht

Die Rot-Kreuz-Schwestern begründen bei Eintritt in die Schwesternschaft nicht etwa ein Arbeitsverhältnis, sondern unterschreiben die Vereinssatzung der Schwesternschaft und unterwerfen sich damit lediglich vereinrechtlich dieser Satzung . Rechtsgrundlage für die Arbeitspflicht ist kein Arbeitsvertrag, sondern die Mitgliedschaft im Verein der Schwesternschaft. Sie leisten mit ihrer „Arbeit“ ihren Beitrag zur Erfüllung des Vereinszwecks. Der Vereinszweck nach § 1 der Satzung ist mildtätig und gemeinnützig und wird erfüllt durch die Bereitstellung der Schwestern für den Dienst am Nächsten, insbesondere zur Pflege der Kranken, Wöchnerinnen und Säuglingen, in der Gemeindepflege, im amtlichen Sanitätsdienst, in der Gesundheitsfürsorge und zur Hilfeleistung in außerordentlichen Notständen ( § 2). Das BAG in seiner ersten Entscheidung zur Arbeitnehmerstellung von Rot-Kreuz-Schwestern aus dem Jahr 1956 (BAG 18.02.1956, BAGE 2, 289 ff.) argumentierte sogar, dass DRK-Schwestern ihren Beruf nicht ausüben, um daraus ein zum Bestreiten des Lebensunterhaltes erforderliches Einkommen zu verdienen, sondern sie erhielten von der Schwesternschaft lediglich alles notwendige zum Leben, um ihre karitative Arbeit verrichten zu können. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1975 (BAG 03.06.1975, BAGE 27, 163 ff.) konzentrierte sich das BAG auf die vereinsrechtliche Arbeitspflicht, die zwingende arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen nicht umgehen dürfe. Da die DRK-Schwestern aber entsprechende Mitgliedsrechte hätten, könnten sie die Arbeitsorganisation der Schwesternschaft beeinflussen (Abwahl der Oberin, Entlastung des Vorstandes, etc.). Eine Verletzung zwingender Schutzvorschriften sei deshalb nicht gegeben, ebenso wenig wie eine Arbeitnehmereigenschaft. Seine Haltung zur Arbeitnehmereigenschaft von Rot-Kreuz-Schwestern hat das BAG bis heute nicht geändert.

III. Konfliktsituation

Nun ist dies zunächst nicht weiter problematisch. Rot-Kreuz-Schwestern bekommen ein übliches „Gehalt“ gezahlt (in Anlehnung an einen jeweils geltenden Tarifvertrag), arbeiten häufig in einer DRK-Einrichtung (Krankenhaus, Pflegeheim, o.ä.), haben feste Dienstpläne, arbeiten im Schichtdienst, Urlaubspläne werden erstellt, etc.. Solange dieses Verhältnis reibungslos funktioniert, gibt es (gefühlt) keinen Unterschied zu anderen Krankenschwestern, die nicht Mitglied in der DRK-Schwesternschaft sind.

Doch was, wenn Probleme auftreten, wie es sie in anderen Arbeitsverhältnissen gibt? Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes oder -bereiches, Verlust des Arbeitsplatzes, „Abmahnung“, „Gehalts“-Kürzung, Wiedereinstieg nach Elternzeit, Teilzeitwunsch, Nichteinhaltung von Ruhezeiten etc.

Die Arbeitsgerichte sind für diese eigentlich arbeitsrechtlichen Streitigkeiten in diesem Fall nicht zuständig, da Rot-Kreuz-Schwestern keine Arbeitnehmerinnen sind. Sie sind Vereinsmitglieder.

IV. DRK-Schiedsgericht

Grundsätzlich sind für vereinsrechtliche Streitigkeiten die ordentlichen Gerichte zuständig. Dort würden diese Streitigkeiten verbindlich geklärt werden. Die Schwesternschaft sieht für die Klärung dieser und aller anderen Streitigkeiten im Zusammenhang von Rotkreuz-Aufgaben in ihrer Satzung ein Schiedsgericht vor. Das Verfahren ist im Einzelnen in der DRK-Schiedsordnung niedergelegt.

Erst wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist, ist grundsätzlich eine gerichtliche Überprüfung möglich. Für die Rot-Kreuz-Schwestern bedeutet dies im Streitfall einen nicht zu unterschätzenden Einschnitt in ihren „arbeitsrechtlichen“ Rechtsschutz. Eine Aufhebung des Schiedsspruches ist nach § 1059 ZPO nur unter den dort genannten Voraussetzungen möglich. Gegen einen Schiedsspruch kann nur der Antrag auf gerichtliche Aufhebung nach den Absätzen 2 und 3 des § 1059 ZPO gestellt werden. Hierbei kommen nur in Betracht eine ungültige Schiedsvereinbarung, eine verfahrenfehlerhafte Behinderung des Antragstellers, die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts und ein sonst unzulässiges Verfahren (z.B. bei der Bildung des Schiedsgerichts).

V. Abschlussbemerkung  

Wo das Arbeitsrecht allgemein als Schutzrecht der Arbeitnehmer gilt mit zahlreichen Schutznormen und Ansprüchen, sind Rot-Kreuz-Schwestern weitestgehend auf die Regelung der Satzung des DRK und auf die Rechtslage zur vereinsrechtlich begründeten Arbeitspflicht beschränkt. Dies macht den Umgang mit entsprechenden Problem- bzw. Streitsituationen schwierig für die Rot-Kreuz-Schwestern, da sie keine arbeitsgerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen können.

Die Haltung des BAG wurde in der Rechtsliteratur kritisiert (Reichelt, Die arbeitsrechtliche Stellung der Rote-Kreuz-Schwestern, 2000). Eine Änderung der Rechtsprechung in nächster Zeit ist nicht zu erwarten.

Um nicht unnötig die eigene Position gegenüber der DRK-Schwesternschaft bei Konflikten zu schwächen, ist es stets sinnvoll, sich von einem Rechtsanwalt bezüglich möglicher Schritte und bestehender Rechte beraten zu lassen .