Die Berufung in Strafsachen

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Im folgenden Artikel befasst sich Rechtsanwalt Türker mit der Berufung in Strafsachen. Es wird aufgezeigt, was es unbedingt nach einer Verhandlung in erster Instanz zu beachten gilt.

Die Berufung gehört zum Alltagsgeschäft des Strafverteidigers. Jährlich werden 50.000 bis 60.000 Berufungen in Strafsachen eingelegt. 8 von 10 Berufungen werden vom Angeklagten eingelegt. Statistische gesehen enden ca. 45% der Berufungen mit einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis als in der ersten Instanz vor dem Amtsgericht. Der Grund dafür liegt vielfach darin, dass die Amtsgericht wesentlich mehr Fälle im Jahr bearbeiten müssen als die Berufungskammern der Landgerichte. Vor den Landgericht wird der Fall daher in der Regel gründlicher behandelt. Die gesetzlichen Förmlichkeiten des Verfahrens finden größere Beachtung.

1. Berufungsfähig Entscheidungen

Berufung kann gegen alle Urteile der Amtsgerichte, also gegen alle Urteile des Strafrichters, des Schöffengerichts, des Jugendrichters und des Jugendschöffengerichts, eingelegt werden. Die Berufung bedarf nicht der Annahme durch des Gericht, wenn der Angeklagte zu einer Geldstrafe von mehr als fünfzehn Tagessätzen verurteilt worden ist (Annahmeberufung).

Gegen Entscheidungen der Landgerichte und der Oberlandesgerichte kann keine Berufung eingelegt werden.

2. Wo geht die Berufung hin?

Die Berufung geht immer in eine Berufungskammer des zuständigen Landgerichts. Dies ist im Regelfall die sog. "kleine Strafkammer", die mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt ist.

3. Welche Frist gilt es zu beachten?

Die Berufung ist binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils bei dem Amtsgericht, dessen Urteil angefochten wird, einzulegen. Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 387 Abs. 1, § 411 Abs. 2 und § 434 Abs. 1 Satz 1 StPO die Verkündung in Anwesenheit des mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidigers stattgefunden hat.

4. Welche Form ist zu beachten?

Die Berufung ist zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich einzulegen. Ein Fax erfüllt diese Anforderung, sofern sichergestellt ist, dass sie beim Gericht zugegangen ist.

5. Muss die Berufung begründet werden?

Nein. Es besteht keine Begründungspflicht; Ihnen erwachsen keine Nachteile, wenn Sie auf eine Begründung verzichten. Eine Begründung ist eher unüblich und wird nicht erwartet.

6. Was unterscheidet die Berufung von der Revision?

In der Berufungshauptverhandlung wird die Sache erneut verhandelt. Die Berufung ist eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz. Die gesamte Beweisaufnahme wird wiederholt und kann erweitert werden.

In der Revision beschränkt sich das Gericht auf eine schlichte Rechtskontrolle. Eine neue Tatsachenfeststellung findet nicht statt.

Hinweis: Es ist empfehlenswert, Rechtsmittel einzulegen, ohne dieses näher als Berufung oder Revision zu bezeichnen. Dies ist zulässig. Hintergrund ist, dass erst wenn die Entscheidungsgründe vorliegen, entschieden werden sollte, ob Berufung oder Revision das sinnvollere Rechtsmittel ist.

7. Sollte ich einen Anwalt beauftragen?

Kurioserweise ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes bei einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht nicht zwingend. Sie können das Berufungsverfahren auch alleine durchziehen.

Empfehlenswert ist dies nicht. Die Berufungshauptverhandlung ist eine ungewohnte Situation für Sie. Sie stehen einem Gericht mit drei Richtern und einem Staatsanwalt gegenüber. Alleine sind Sie dieser Situation nicht gewachsen. Daher sollten Sie in jedem Fall einen Strafverteidiger hinzuziehen.

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