Die Abfindung im Arbeitsrecht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

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Wann müssen Abfindungen gezahlt werden?

Grundsatz

Bei Arbeitnehmern herrscht vielfach die Vorstellung, dass bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber - insbesondere bei einer betriebsbedingten Kündigung - regelmäßig eine Abfindung zu zahlen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Wenn ein Arbeitgeber eine rechtmäßige Kündigung ausspricht, braucht er grundsätzlich keine Abfindung zu zahlen. Dennoch werden in der Praxis im Zusammenhang mit Kündigungen häufig Abfindungen gezahlt. Als Faustformel ist ein Faktor von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr allgemein anerkannt. Es kann aber auch ein wesentlich höherer Faktor zum Tragen kommen.

Die Kündigung mit Abfindungszahlung gemäß § 1a KSchG

Gesetzlich geregelt ist die Höhe der Abfindung bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber gemäß § 1a KSchG. Zum Entstehen des Abfindungsanspruchs muss der Arbeitgeber in der Kündigung darauf hinweisen, dass er die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse stützt und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist von drei Wochen eine Abfindung beanspruchen kann. Die Höhe der Abfindung beträgt gemäß § 1a Absatz 2 KSchG ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Zeiträume von mehr als sechs Monaten sind dabei auf ein volles Jahr aufzurunden.

Hat der Arbeitgeber die oben genannten Hinweise in dem Kündigungsschreiben gegeben, will jedoch eine geringere Abfindung als ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr zahlen, muss er unmissverständlich erklären, dass sein Angebot kein solches nach § 1a KSchG sein soll. Andernfalls hat der Arbeitnehmer auch Anspruch auf Zahlung der fehlenden Differenz zu einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 2 AZR 807/06 -). Sowohl die Erhebung einer Kündigungsschutzklage als auch ein Antrag auf nachträgliche Klagezulassung schließen den Abfindungsanspruch aus. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage oder den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung wieder zurücknimmt (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 2 AZR 971/06 -).

 Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass der Anspruch auf die Abfindung nach § 1a KSchG jedoch erst mit Ablauf der Kündigungsfrist entsteht (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Mai 2007 - 2 AZR 45/06 -). Das hat u. a. dann Folgen, wenn der Arbeitnehmer während des Laufs der Kündigungsfrist verstirbt. Da der Anspruch während des Laufs der Kündigungsfrist noch nicht entstanden ist, besteht in diesem Fall für die Erben kein Anspruch auf die Abfindung. Dagegen können Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs oder im Rahmen einer außergerichtlichen Vereinbarung den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs bzw. der Vereinbarung festlegen, sodass der Abfindungsanspruch vererblich ist.

Die Abfindung gemäß § 10 KSchG im Kündigungsschutzprozess

Falls die Prozessparteien während eines Kündigungsschutzprozesses so in Streit geraten sollten, dass eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar bzw. nicht mehr möglich erscheint, kann das Arbeitsverhältnis durch das Arbeitsgericht gemäß § 9 KSchG durch Urteil gegen Zahlung einer Abfindung gemäß § 10 KSchG durch den Arbeitgeber beendet werden.

Die Voraussetzungen sind eine unwirksame Kündigung des Arbeitgebers sowie ein Auflösungsantrag durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber. Das Arbeitsgericht prüft bei einem Auflösungsantrag des Arbeitnehmers, ob diesem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Bei einem Auflösungsantrag des Arbeitgebers prüft das Arbeitsgericht, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mehr zu erwarten ist.

Im Falle der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses legt das Gericht eine Abfindung bis zur Höhe von 12 Bruttomonatsgehältern fest, wobei die Gerichte meistens bei der Festlegung von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr ausgehen.

Die Sozialplanabfindung

Der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung kann sich für Arbeitnehmer auch aus einem Interessenausgleich mit Sozialplannach §§ 112, 112a BetrVG ergeben, der anlässlich einer Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG - z. B. einer Betriebsstilllegung - zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ausgehandelt wird.

Beginnt ein Arbeitgeber mit einer Betriebsänderung, ohne mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich abgeschlossen oder den Abschluss eines Interessenausgleiches ausreichend versucht zu haben, haben die betroffenen Arbeitnehmer Anspruch auf einen sog. Nachteilsausgleich gemäß § 113 Absatz 3 BetrVG. Dieser Nachteilsausgleich hat im Hinblick auf den Arbeitnehmer Abfindungscharakter und im Hinblick auf den Arbeitgeber Sanktionscharakter. Mit diesem Nachteilsausgleich sind Ansprüche aus einem später doch noch vereinbarten Sozialplan jedenfalls dann zu verrechnen, wenn der Arbeitgeber vor Beginn der Betriebsänderung den in der Europäischen Massenentlassungsrichtlinie (Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen) normierten Konsultationspflichten gegenüber der Arbeitnehmervertretung genügt hat (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Mai 2007 - 8 AZR 693/06 -).

Steuerliche Behandlung der Abfindung

In steuerlicher Hinsicht ist bei der Zahlung der Abfindung in mehreren Raten darauf zu achten, dass der gesamte Abfindungsbetrag dem Arbeitnehmer im selben Kalenderjahr zufließt. Bei Zufluss in zwei verschiedenen Kalenderjahren ist eine steuerlich günstige Abrechnung der Abfindung gemäß § 34 EStG nach der sog. "Fünftelregelung" nicht möglich.

Die Abfindung bei Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen

Selbstverständlich können im Rahmen von Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen Abfindungszahlungen vereinbart werden.

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