Die 7 größten Irrtümer rund ums Thema Erben

Mehr zum Thema: Erbrecht, Testament, Erbe
3,22 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
9

 1) Ich brauche kein Testament

Wirklich?

Gibt es kein Testament, so greift die gesetzliche Erbfolge. Man muss sich also überlegen, ob das, was das Gesetz vorsieht, auch dem eigenen Willen entspricht.

 Jedoch sollte man, auch wenn man die gesetzliche Erbfolge wünscht, dennoch erwägen, ein Testament aufzusetzen, um seinen Angehörigen die Ungewissheit zu ersparen, ob nicht doch noch in irgendeiner Schublade ein gegenteiliges Testament wartet.

 

In folgenden Konstellationen sollte  ein Testament gemacht werden:

  1. Ehepaar ohne Kinder
  2. nichteheliche Kinder sind vorhanden
  3. nichtehelicher Lebensgefährte/Verlobter ist vorhanden
  4. Alleinstehende ohne Kinder
  5. Kinder aus erster Ehe sind vorhanden
  6. Stief- oder Pflegekinder sind vorhanden
  7. Mehrheit von Erben: einer Zersplitterung des Vermögens soll vorgebeugt werden, das Vermögen soll nach Gegenständen oder Vermögensgruppen aufgeteilt werden
  8. auf Erhalt des Vermögens in der Familie wird Wert gelegt
  9. Ehe mit Kindern: die Stellung des Ehegatten soll abgesichert werden

10.  zum künftigen Nachlaß gehört ein Unternehmen

 2) Ich habe meine Familie vollständig enterbt!

Leider nein.

 Bei der Gestaltung seines Testamentes ist man verhältnismäßig frei.

In Deutschland kann man zu Lebzeiten über sein Vermögen verfügen, wie man möchte. Der Gesetzgeber hat dafür gesorgt, dass man es auch nach seinem Tode kann.

 Deshalb ist es möglich, seinen besonders liebgewonnen Nachbarn oder Briefträger zum Alleinerbe seines Millionenvermögens zu machen.

 Das bedeutet jedoch nicht, dass die lästige Sippschaft völlig leer ausgeht.

Der Gesetzgeber hat die Freiheit, die er so großzügig gewährt hat, im gleichen Atemzug auch wieder beschnitten, und bestimmten Verwandten des Erblassers den sogenannten Pflichtteil zugebilligt, wenn sie durch ein Testament enterbt wurden (§ 2303 Abs.1 Satz 1 BGB)

 Dieser Pflichtteil besteht aus der Hälfte dessen, was man nach der gesetzlichen Erbfolge erhalten hätte (§ 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB)

Pflichtteilsberechtigt sind vor allem die Kinder des Erblassers ( eheliche wie uneheliche, siehe unten), aber auch der Ehepartner und unter Umständen die Eltern. ( § 2303 BGB)

3) Ein Testament kann jederzeit geändert werden

Grundsätzlich ist das richtig.

Man kann jederzeit seinen( letzten)  Willen ändern, und das bisherige Testament durch ein anderes außer Kraft setzen. Das jüngere Dokument geht dann dem älteren vor und macht es unwirksam.

Die berühmte Ausnahme von der Regel:

Zb wenn ein Ehepaar ein gemeinschaftliches Testament erstellt hat ( § 2265 BGB). Dies kann geschehen, in dem einer der Ehegatten ein Testament aufsetzt, und der andere Ehegatte sich durch  seine Unterschrift diesem Willen anschließt.

 Von einem solchen Testament kann man sich nur zu Lebzeiten des anderen Ehegatten unter erleichterten Voraussetzungen lösen.

 Ist der andere bereits verstorben, so kann man dennoch widerrufen, allerdings muss man hierzu auf das, was einem durch dieses Testament zugewendet wurde, restlos verzichten.

 4) Eine notarielle Urkunde zählt mehr als ein selbstgeschriebenes Testament

Viele denken, sie könnten ihren letzten Willen nur mit Hilfe eines Notars und einer komplizierten, mehrseitigen Urkunde durchsetzen.

Dies stimmt so nicht.

Das Gesetz eröffnet mehrere Möglichkeiten, um die Angelegenheiten nach seinem Tod zu regeln.

 Eine davon ist das sog. “eigenhändige Testament”, das man ohne weitere juristische Hilfe anfertigen kann.

Allerdings ist hierbei folgendes zwingend zu beachten:

 a) Das Testament muss selbst geschrieben sein.

Hier kommt es nicht auf die Schönheit des Dokumentes an, man kann sein Testament auch auf eine Serviette oder einen Kassenzettel schreiben. Entscheidend ist nur, dass der letzte Wille persönlich und handschriftlich niedergelegt wurde.

So mancher, der ein besonders leserliches Testament hinterlassen wollte und es deshalb fein säuberlich auf dem PC geschrieben hat, dürfte seinen “Erben” somit keinen guten Dienst erwiesen haben, denn dieses Testament ist absolut unwirksam.

b) Das Testament muss unterschrieben sein

Die Unterschrift sollte sich auf dem Dokument selbst befinden, unter dem eigentlichen Text und nicht darüber oder zB auf dem Briefumschlag.

 PraxisTip: Geben Sie das Testament beim Amtsgericht Ihrer Wahl in amtliche Verwahrung. So wird sichergestellt, dass es im Falle Ihres Ablebens auch eröffnet und vollzogen wird.

Oder: Lassen Sie das Dokument einer aussenstehenden Person Ihres Vertrauens zukommen.

Auch wenn Sie das Testament aus den Händen geben, haben Sie dennoch jederzeit die Möglichkeit, Veränderungen oder Aufhebungen durchzuführen.

 

5) Ich kann einzelne Gegenstände vererben

Irrtum!

Der normale Sprachgebrauch unterscheidet nicht zwischen “vererben” und “vermachen”, der Jurist hingegen schon.

 “Vererben” bedeutet in der Juristerei, dass jemand komplett oder zu bestimmten Bruchteilen in die Position des Erblassers eintritt. Dh er wird zum Eigentümer der Dinge, die dem Erblasser gehörten.

 “Vermachen” hingegen bedeutet, dass man jemandem zwar einzelne Gegenstände zuwenden will, ihn aber nicht gleich zum Erben machen möchte. Er soll nur Anspruch auf diesen bestimmten Gegenstand haben, nicht mehr und nicht weniger. Diesen Anspruch muss er gegen die Erben geltend machen, der Gegenstand, der ihm vermacht wurde, gehört ihm nicht schon zum Zeitpunkt des Erbfalls.

Der Erbe dagegen ist verpflichtet, den vermachten Gegenstand herauszugeben, oder, kann  er dies nicht, Schadensersatz zu leisten.

 

6) Ich bin nicht Erbe geworden, ich habe die Erbschaft doch gar nicht angenommen!

Nach dem deutschen Recht ist es nicht nötig, eine Erbschaft ausdrücklich anzunehmen. In der Sekunde, in der der Erblasser stirbt, tritt der Erbe automatisch in seine Fußstapfen, egal, ob er davon weiß oder dies überhaupt möchte.

 Allerdings hat man 6 Wochen lang, ab dem Zeitpunkt, an dem man von seinem Erbe erfahren hat, die Möglichkeit, das Erbe noch auszuschlagen. Die Frist beginnt im Falle der Bestimmung durch Testament durch die Eröffnung des Testamentes vor dem Nachlassgericht. Hierzu muss man eine entsprechende Erklärung vor dem zuständigen Nachlassgericht abgeben.

Diese wirkt dann, als wäre man niemals Erbe geworden, so dass man nicht von etwaigen unliebsamen Verpflichtungen in Form von Schulden getroffen wird.

 7) Nur eheliche Kinder erben!

Falsch.

Lange Zeit war dies tatsächlich umstritten. Dabei ging es vor allem um die Erbfolge nach dem Vater, die Kinder der Mutter erbten in jedem Fall, gleich in welchen rechtlichen Verhältnissen sie geboren wurden.

Seit 1998 gibt es  nun auch endlich eine gesetzliche Gleichstellung von ehelichen und nicht-ehelichen Kindern.

Somit erbt der mit der Geliebten gezeugte Sohn genauso wie die fünf Kinder, die man mit seiner Ehefrau hat.