Der Räumungsprozess - Teil 4 (Kosten)

Mehr zum Thema: Mietrecht, Pachtrecht, Zwangsräumung, Räumungsprozess, Gegenstandswert, Streitwert, Anwaltskosten, Gerichtskosten, Kosten
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Kündigung und Zwangsräumung einer Wohnung - wieviel es kostet und wer es bezahlen muss

Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Kündigung und Räumung einer Wohnung anfallen, hängen ab vom Gegenstandswert und vom Verhalten der Parteien im Verlauf des Geschehens. Aktualisierung (Stand: 01.05.2013)

Gegenstandswert

Der Gegenstandswert in Wohnraummietsachen ergibt sich aus der Jahres-Netto-Kaltmiete, wenn die Betriebskosten separat vorausgezahlt und abgerechnet werden.

Jürgen Vasel
Partner
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Rechtsanwalt
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Beispiel 1:

Miete:500,00 €
Betriebskostenvorauszahlung:80,00 €
Heizkostenvorauszahlung:120,00 €
Gegenstandswert:
Jahres-Netto-Kaltmiete:500,00 € * 12 = 6.000,00 €

Wenn die Betriebskosten pauschal zusammen mit der Miete entrichtet und nicht abgerechnet werden, gilt als Gegenstandswert die so genannte Jahres-Brutto-Kaltmiete.

Beispiel 2:

         
Miete einschl. Betriebskosten:580,00 €
Heizkostenvorauszahlung:120,00 €
Gegenstandswert:
Jahres-Brutto-Kaltmiete:580,00 € * 12 = 6.960,00 €

Nach dem Gegenstandswert berechnen sich die Gerichtskosten und die Anwaltskosten.

Kündigung

Wenn der Vermieter – wie im 1. Teil dieses Ratgebers dringend empfohlen – die Kündigung von einem Rechtsanwalt erstellen lässt, entstehen in Beispiel 1 folgende Kosten:

Gegenstandswert: 6.000,00 €

1,30 Geschäftsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 2300 VV/RVG460,20 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV/RVG20,00 €
Zwischensumme480,20 €
Mehrwertsteuer, 19 %, Nr. 7008 VV/RVG91,24 €
Gesamtsumme571,44 €

In Beispiel 2 würden sich die Gesamtkosten einer Kündigung auf 650,34 € belaufen. (Die Gebühren errechnen sich nicht prozentual zum Gegenstandswert, sondern nach Gebührenstufen.)

Der Mieter, der einen Anwalt beauftragt, die Kündigung zurückzuweisen, muss an diesen grundsätzlich die gleichen Gebühren entrichten.

Räumungsprozess

Zwar ist anwaltliche Vertretung in Räumungsprozessen vor dem Amtsgericht nicht vorgeschrieben, jedoch dringend zu empfehlen.

In Beispiel 1 entstehen für den Vermieter zunächst Kosten wie folgt:

Streitwert: 6.000,00 €

 
1,30 Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV/RVG460,20 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV/RVG20,00 €
Zwischensumme480,20 €
Mehrwertsteuer, 19 %, Nr. 7008 VV/RVG91,24 €
Gerichtskostenvorschuss495,00 €
Summe1.066,44 €

In Beispiel 2 würden sich diese Kosten auf 1.202,34 € belaufen.

Die weiteren Kosten hängen davon ab, wie der Mieter reagiert, ob Zeugen zu vernehmen oder Sachverständigengutachten einzuholen sind usw.

Am kostengünstigsten: Erledigung des Rechtsstreites

Für den Vermieter am kostengünstigten ist, wenn der Mieter unter dem Eindruck der Räumungsklage die Wohnung räumt und anerkennt, die Kosten tragen zu müssen.

In diesem Fall wird der Vermieter den Rechtsstreit für erledigt erklären, 2/3 des Gerichtskostenvorschusses erhält er vom Gericht zurück, den Rest der Gerichtskosten und die Anwaltskosten muss ihm der Mieter erstatten.

Versäumnisurteil

Das Versäumnisurteil (siehe oben Teil 2 dieses Ratgebers) ist bereits wesentlich teurer. In Beispiel 1 kommen zu den Kosten von 1.066,44 € weitere Anwaltskosten in Höhe von 210,63 € hinzu. Die Kosten sind letztendlich komplett vom Mieter zu tragen.

Vergleich

Ein Vergleich lässt weitere Kosten entstehen. Wenn in dem Vergleich vereinbart wird, die Kosten „gegeneinander aufzuheben" (das bedeutet, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt und die Gerichtskosten hälftig geteilt werden), entstehen dem Vermieter in Beispiel 1 ingesamt folgende Kosten:

Streitwert: 6.000,00 €

                   
1,30 Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV/RVG460,20 €
1,20 Terminsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3104 VV/RVG424,80 €
1,00 Einigungsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 1003 VV/RVG354,00 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV/RVG20,00 €
Zwischensumme1.259,00 €
Mehrwertsteuer, 19 %, Nr. 7008 VV/RVG   239,21 €
Gerichtskosten82,50 €
Summe1.580,71 €

Den eingezahlten Gerichtskostenvorschuss erhält auch in diesem Fall der Vermieter zu 2/3 vom Gericht zurück, in Höhe von 82,50 € vom Mieter.

Streitiger Prozess und Urteil

Wenn der Prozess streitig geführt wird, entstehen dem Vermieter in Beispiel 1 insgesamt folgende Kosten:

Streitwert: 6.000,00 €

1,30 Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV/RVG460,20 €
1,20 Terminsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3104 VV/RVG424,80 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV/RVG20,00 €
Zwischensumme905,00 €
Mehrwertsteuer, 19 %, Nr. 7008 VV/RVG171,95 €
Gerichtskosten495,00 €
Summe1.571,95 €

Hinzu kommen die Kosten einer Beweisaufnahme (Zeugengelder, Sachverständigenkosten, usw.). Wenn die Beweisaufnahme besonders umfangreich ist und mindestens drei Termine umfasst, entsteht eine zusätzliche 0,30-Anwaltsgebühr. In Beispiel 1 wären dies 126,38 €.

Wenn der Mieter sich anwaltlich vertreten lässt (ebenfalls dringend zu empfehlen), entstehen für ihn dieselben Kosten wie für den Vermieter.

Zwangsvollstreckung (Zwangsräumung)

In der Zwangsvollstreckung entstehen Anwaltskosten, Gerichtsvollzieherkosten und weitere Kosten für die Türöffnung, den Möbeltransport, die Entrümpelung u. ä. Die Anwaltskosten für den Räumungsauftrag in Beispiel 1 betragen 150,18 €. Die Kosten des Gerichtsvollziehers setzen sich aus einer Gebühr gem. Nr. 240 KV/GvKostG in Höhe von 98,00 € und weiteren Beträgen (Wegegeld, evtl. Zeitzuschlag, usw.) zusammen (insgesamt ca. 150 €). Zu den weiteren Kosten siehe oben unter „Räumungsvollstreckung".

Kostenlast

Die Kosten einer Kündigung muss der Mieter dann tragen, wenn er den Kündigungsgrund verschuldet hat (z. B. durch Zahlungsverzug, erhebliche Störungen des Hausfriedens usw.). In diesem Fall kann er auch verpflichtet sein, den so genannten Kündigungsfolgeschaden zu ersetzen (Mietausfall). Die Kosten einer sonstigen Kündigung (z. B. wegen Eigenbedarf) muss der Vermieter selbst tragen.

Hinweis: Wenn der Vermieter unberechtigt kündigt, muss er die Kosten des Anwalts ersetzen, der im Auftrag des Mieters die Kündigung zurückweist, darüber hinaus eventuelle weitere Schäden des Mieters.

Im Räumungsprozess gilt – wie allgemein im Zivilprozessrecht -, dass der Unterlegene die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen muss (dies sind nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die Anwaltskosten, die insgesamt, also für beide Parteien, entstanden sind, außerdem noch weitere Kosten wie z. B. Zeugengelder, Sachverständigenkosten).

In der Zwangsvollstreckung sind alle Kosten grundsätzlich vom Schuldner zu tragen, hier also vom Mieter.

Allerdings muss zunächst immer der Kläger bzw. Gläubiger einen Kostenvorschuss leisten, damit die Klage zugestellt wird bzw. die Zwangsvollstreckungsmaßnahme durchgeführt wird. Auch wenn der Mieter verurteilt wurde, die Kosten zu tragen, bleibt der Vermieter auf den Kosten „sitzen", wenn beim Mieter nicht gepfändet werden kann.

Abschließend ist auf die Möglichkeit der Beratungshilfe und der Prozesskostenhilfe hinzuweisen, die es einkommensschwachen Bürgern ermöglicht, sich anwaltlich beraten und sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht vertreten zu lassen. Die Einzelheiten können hier nicht dargestellt werden. Jeder seriöse Anwalt berät Sie gern, ob bei Ihnen die Voraussetzungen vorliegen.

Rechtsanwalt Jürgen Vasel
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