Der Ablauf des Bußgeldverfahrens

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Geldbuße, Fahrverbot und Punkte

Jeder kennt diese Situation: Einmal kurz nicht aufgepasst, schon ist es passiert: es blitzt! Man war zu schnell, die Ampel „dunkelgelb“ oder man hatte seinen Vordermann so gern, dass man seine Stoßstange betrachten wollte und deswegen den Abstand nicht einhielt. 

Und schon ist er da. Der Bußgeldbescheid. Geldbuße, Fahrverbot und Punkte. Das ist eine ganz schöne Last. Doch nicht so schnell. Laut aktueller Umfragen sind über die Hälfte aller Bußgeldbescheide rechtswidrig.

Der Einspruch lohnt sich also. Sogar bei Alkohol am Steuer, obwohl man auf diesen sowieso verzichten sollte. Wie dies genau abläuft, soll hier in Kurzform dargestellt werden. Allerdings gilt die Anmerkung: die Angaben umfassen den groben Fahrplan und jeder Einzelfall ist besonders. Scheuen sie sich nicht, einen Anwalt aufzusuchen. Der Weg kann sich lohnen.

Das Bußgeldverfahren läuft wie folgt:

Der Betroffene wird zunächst von der Behörde angehört. 

Dadurch wird die 3-monatige Verjährungsfrist einmalig unterbrochen, egal ob man den Anhörungsbogen tatsächlich erhält oder nicht! Die Ausrede, man habe nichts bekommen, zählt somit nicht. 

Bei der Anhörung darf man sich erstmalig zur vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit äußern. Hier kann man eine Begründung abgeben, warum man mit dem  Bußgeldbescheid nicht einverstanden ist. Hierbei muss man bedenken, dass auch die erste Befragung in einer Polizeikontrolle eine solche Anhörung darstellt. Insgesamt sollte man es lieber lassen, sich in diesem Moment zu äußern.

Eine weitere Anhörung per Post unterbricht die Verjährungsfrist nicht ein zweites Mal. Es ist aber zu bedenken, dass nach der Anhörung eine Verjährungsfrist von 6 Monaten gilt und die Behörde in dieser Zeit nicht tätig werden darf.  Immer wenn die Behörde tätig wird, wird auch diese Verjährungsfrist unterbrochen.

Bleibt die Behörde bei ihren Vorwurf, ergeht nach der Anhörung ein Bußgeldbescheid, in welchem die anfangs erwähnten Strafen festgesetzt werden. 

Hiergegen kann man dann innerhalb einer Einspruchsfrist von 2 Wochen Einspruch einlegen.  Sodann prüft die Bußgeldstelle noch einmal, ob der Bußgeldbescheid rechtmäßig ist. Ist dies  aus Sicht der Behörde der Fall, wird die Akte zur Staatsanwaltschaft weitergereicht und von dieser an das zuständige Amtsgericht weitergereicht.

Dieses legt dann einen Termin für die Hauptverhandlung fest, in welcher der Betroffene seine Einwände gegen den Bußgeldbescheid geltend machen kann. Dies kann er auch ohne Rechtsanwalt tun. Es wird aber darauf hingewiesen, dass ein Rechtsbeistand hier nicht schaden kann und manchmal sogar verhindert, dass man sich um Kopf und Kragen redet.

Das Gericht überprüft dann das gesamte Verfahren noch einmal und es ergeht eine Entscheidung per Urteil oder Beschluss. In  dieser Abschlussentscheidung wird dann die endgültige Strafe festgelegt.

Insgesamt muss vor allem die zeitliche Komponente beachtet werden. Aufgrund der Überlastung der Gerichte und Bußgeldstellen, kann sich so ein Verfahren schon einmal auf eine Länge von 9-12 Monaten ziehen.  Ist sodann sogar noch ein Gutachten zur Feststellung der Fahrereigenschaft notwendig oder andere zur Beweisführung notwendigen Maßnahmen erforderlich, kann das Verfahren schon mal bis zu 2 Jahren dauern. In so einem Fall wird ein angeordnetes Fahrverbot nicht mehr zu vertreten sein und auch nicht mehr angeordnet werden, wenn der Betroffene/Beschuldigte sich in diesen 2 Jahren keine Verkehrsverstöße mehr zu Schulden kommen lassen hat. Auch kann man Glück haben und durch ein langes Verfahren über das Ende der Probezeit hinauskommen. Dies könnte die glückliche Folge mit sich bringen, dass man nicht zu einem Aufbauseminar muss.

Es gilt die aber stets zu bedenken: Man sollte sich nicht als Sieger über die deutsche Justiz fühlen, sondern aus dem Verfahren die entsprechenden Lehren ziehen und danach noch aufmerksamer am Steuer sein.

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