Das richtige Verhalten als Beschuldigter einer Straftat

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Recht zum Schweigen und auf Wahl eines Verteidigers

"Ich bin unschuldig, da brauch ich doch keinen Anwalt!" - Das ist der Gedanke vieler Menschen, die zu Unrecht Beschuldigte einer Straftat sind. Und selbst wenn man sich doch nicht so ganz unschuldig fühlt, schreckt man vor dem Gang zum Anwalt zurück, "weil das teuer ist und eh nix bringt". Beides ist in der Regel falsch. Als Beschuldigter einer Straftat hat man zum einen das Recht zu schweigen und zum anderen das Recht sich von einem Verteidiger seiner Wahl beraten und vertreten zu lassen. Von beiden Rechten sollte man Gebrauch machen. Die meisten Beschuldigten schweigen aber gerade nicht, weil sie die Sache so schnell wie möglich klären wollen und sie häufig denken, es würde sich negativ für sie auswirken, wenn sie dies nicht täten. Tatsächlich ist aber gerade das Gegenteil der Fall. Gerade bei spontanen Vernehmungen ist es ratsam zu schweigen und erst einmal nicht auszusagen.

Als juristischer Laie ist es oft überhaupt nicht möglich zu wissen, ob man sich mit einem bestimmten Verhalten strafbar gemacht hat, oder nicht. Dies ist, insbesondere, aber nicht nur, im Wirtschaftsstrafrecht, selbst für Juristen oft schwer zu beurteilen. Umgekehrt kann es aber auch sein, dass man selber glaubt sich strafbar gemacht zu haben, in Wahrheit aber gar keine Straftat begangen hat. Die Notwendigkeit dies beurteilen zu können, ist der erste Grund einen Anwalt einzuschalten und erst einmal keine Aussagen zu machen.

Der nächste Grund ist, dass man in der Hektik und Aufregung Formulierungen wählt, die nicht ganz zutreffend sind. Sagt man später in einer Vernehmung etwas anderes, kann hierdurch die Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen werden. Zudem können vordergründig entlastend erscheinende Tatsachen sich hinterher als belastend herausstellen. Hinzu kommt, dass man möglicherweise auch Ausführungen zu Tatsachen macht, die mit dem eigentlich aktuell relevanten Geschehen nichts zu tun haben und man sich hierdurch hinsichtlich anderer Straftaten verdächtig macht. So hat einer meiner Mandanten, der wegen einer vermeintlichen Drogenfahrt verhört wurde, bei der anschließenden Vernehmung auch ausgesagt, dass er Drogen angekauft hatte. Deswegen wurde nicht nur ein Verfahren wegen der Fahrt, sondern auch wegen des Ankaufs (Handel und Besitz von Betäubungsmitteln) eingeleitet. Die Verfahren wurden später zwar allesamt eingestellt, trotzdem war dies unnötig und hätte bei entsprechendem Schweigen vermieden werden können.

Aufbau einer Verteidigungsstrategie nach Akteneinsicht

Hat man zunächst keine Aussage gemacht und einen Anwalt beauftragt, so wird dieser Akteneinsicht beantragen und erst einmal abklären wie die Ausgangslage ist. In der Folge entscheidet der Anwalt dann zusammen mit dem Mandanten wie am besten vorzugehen ist. Wichtig dabei ist es, dass hierfür ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Kommt der Mandant etwa erst kurz vor der bereits terminierten Hauptverhandlung zum Anwalt, ist kaum noch etwas zu retten. Vielmehr ist bereits im Ermittlungsverfahren früh genug rechtlicher Rat einzuholen. Aufgrund der Akteneinsicht kann der Anwalt die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung beurteilen und dementsprechend die Verteidigungsstrategie festlegen. Kommt der Anwalt hierbei zu dem Ergebnis, dass dem Mandant die Tat wohl nicht nachzuweisen ist, wird er gegenüber Staatsanwaltschaft und/oder Gericht eine dementsprechende Einlassung abgeben und die notwendigen Beweisanträge vorbringen. Im gegenteiligen Fall muss der Verteidiger versuchen den Schaden so gering wie möglich zu halten und versuchen eine Einstellung oder eine nur geringe Strafe „herauszuholen“, etwa auch durch einen Täter-Opfer-Ausgleich. Dies kann aber nur dann funktionieren, wenn der Mandant bis dahin gegenüber den Ermittlungsbehörden geschwiegen hat und auch nicht versucht hat das (vermeintliche) Opfer von sich aus zu kontaktieren oder gar zu bedrängen.

Keine Einwilligung, aber auch keine aktive Gegenwehr bei persönlichen Beweiserhebungen

Ein weiterer „beliebter“ Fehler von Beschuldigten ist es in Beweiserhebungen, die in Ihre Rechte eingreifen, z.B. Blutentnahmen, einzuwilligen. Dies ist fatal, denn sollte sich hinterher herausstellen, dass die Beweiserhebung rechtswidrig war, etwa weil ein Richter die Beweiserhebung hätte anordnen müssen, dies aber nicht geschehen ist, wird dieser Fehler durch die Einwilligung des Beschuldigten geheilt. Der Verfahrensfehler kann im Verfahren damit nicht mehr geltend gemacht werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass man auch bei einem Widerspruch nicht gegen solche Maßnahmen wehren darf, da dies in den meisten Fällen als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, und somit als Straftat, zu werten wäre. Vielmehr muss man dies über sich ergehen lassen, man sollte dabei aber der jeweiligen Maßnahme ausdrücklich widersprechen. Auch sollte man sich von der Polizei nicht „bequatschen“ lassen in die Beweiserhebung einzuwilligen („Müssen wir denn wirklich den Richter extra hierfür stören? Wir bekommen die Blutprobe doch so oder so.“).

Die Kosten des Anwalts

Das Einschalten eines Anwalts sollte auch nicht wegen der Furcht vor vermeintlich hohen Kosten vermieden werden. Die Höhe der Kosten einer Rechtsberatung wird oft überschätzt. Eine Erstberatung ist in vielen Fällen schon für eine Gebühr von etwa 50 € oder sogar weniger möglich und nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) darf diese gegenüber Privatpersonen nie mehr als 190 € betragen. Wie viel der einzelne Anwalt hierfür nimmt, sollte vor dem Gespräch jedoch erfragt werden. Diese Erstberatung dient allerdings nur zu einer ersten Einschätzung und Beratung des Anwalts. Soll er auch hierüber hinaus für den Mandanten tätig werden, fallen die üblichen Verfahrensgebühren an, die schnell um 500 € und aufwärts, zzgl. Mehrwertsteuer, liegen. Ein seriöser Anwalt wird aber in der Erstberatung immer auch eine Einschätzung dafür abgegeben, ob und wieweit eine weitere Tätigkeit seinerseits sinnvoll ist, oder nicht. Hierbei wird er die Schwierigkeit der Sache, die finanziellen Möglichkeiten des Mandanten und die Schwere der Folgen bei einer Verurteilung abwägen, sodass die Kosten für den Mandanten in jedem Fall fair ausbalanciert sein werden. Auch ist es möglich bei finanziell schwach gestellten Mandanten mit dem Anwalt eine geringere Vergütung zu vereinbaren, soweit dies mit dem RVG vereinbar ist. Liegen im Übrigen die Voraussetzungen einer notwendigen Verteidigung (Pflichtverteidigung) vor, so werden die Kosten komplett von der Staatskasse übernommen und der Mandant muss gar nichts zahlen (es sei denn, er hat mit dem Anwalt im Vorfeld eine Vergütungsvereinbarung getroffen, die die Pflichtverteidigergebühren übersteigen).

Zusammenfassende Ratschläge

Zusammenfassend sollten Sie als Beschuldigter die folgenden Punkte beachten:

  1. Machen Sie keine Aussagen gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft oder anderen Ermittlungsbehörden, ohne vorher Rücksprache mit einem Anwalt genommen zu haben.
  2. Widersprechen Sie Beweiserhebungen, bei denen in Ihre Rechte eingegriffen werden, wie ärztlichen Untersuchungen und Blutentnahmen, Durchsuchungen von Ihrer Wohnung oder Ihren Geschäftsräumen, etc. und willigen Sie keinesfalls hierin ein. Wehren Sie sich hiergegen aber nicht aktiv!
  3. Gehen Sie so schnell wie möglich zu einem Anwalt und lassen Sie sich beraten.
  4. Nehmen Sie nicht eigenmächtig Kontakt mit dem (vermeintlichen) Opfer auf.